Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
jeden Ersten und kann die Töppe ooch gießen, wie det schon wieder aussieht, lauter Sand. Sone dumme Triene, faules Aas, kann nur Geld schlucken. Der muß ick aber die Würmer aus die Neese ziehen. Noch einen Schnabus. Det hab ick von dem gelernt. Vielleicht nehm ick das Luder mit, warte mal, det kann dir blühen, wennste durchaus willst. Denkt vielleicht, ich fürcht mir vor ihm. So siehste aus, Karlchen. Der kann kommen. Geld braucht der nicht, der Karl, det muß er mir nicht vormachen, da ist die Mieze und dann is der Lausejunge ooch noch da, der brammsige Herbert, der olle Bock, da sitzt er schon mittenmang im Saustall. Wo sind die Stiebel, dem tret ick die Beene kaput. Komm man ran, an meine Brust, Herzeken. Immer ran, dichte ran, Jungeken, an die Bußbank, bei mir ist ne Bußbank, kannste büßen.
Und er latscht in seiner Stube rum, tupft mit dem Finger auf die Blumentöpfe, kost zwei Mark und die gießt nicht. Uff die Bußbank, mein Junge, det is mal schön, daß du kommst. Nach der Heilsarmee, da krieg ick den ooch hin, der soll man nach der Dresdener Straße, da muß er auf die Bußbank, das Schwein mit seine großen Glubschoogen, der Ludewig, das Vieh, dat is ja ein Vieh, da sitzt et vorn, det Vieh, und betet, und ick kuck zu, is zum Schieflachen.
Und warum soll er nicht auf die Bußbank, der Franz Biberkopf? Ist die Bußbank kein Platz, wo er hingehört? Wer sagt das?
Was läßt sich gegen die Heilsarmee sagen, wie kommt Reinhold dazu, ausgerechnet dieser Reinhold, sich mausig zu machen über die Heilsarmee, wo der Kerl doch selber mal, was sag ich mal, öfter, wenigstens fünfmal nach der Dresdener Straße gelaufen ist, und in was fürm Zustand, und sie haben ihm geholfen. Also, da hing ihm die Zunge aus dem Hals, und die haben ihn repariert, natürlich nicht, damit er solch Strolch ist.
Halleluja halleluja, Franz hat es erlebt, den Gesang, den Ruf. Das Messer kam an seine Kehle, Franz, halleluja. Er bietet seinen Hals an, er will sein Leben suchen, sein Blut. Mein Blut, mein Inneres, so kommt es endlich heraus, das war eine lange Reise, bis es kam, Gott, war das schwer, da ist es, da hab ick dir, warum wollt ich nicht auf die Bußbank, wär ick nur früher gekommen, ach, ich bin ja da, ich bin angelangt.
Warum soll Franz nicht auf die Bußbank, wann wird der selige Augenblick kommen, wo er sich hinschmeißt vor seinem schrecklichen Tod und den Mund aufmacht und singen darf mit vielen andern hinter ihm:
Komm, Sünder, zu Jesu, o, zögere doch nicht, wach auf, du Gebundener, wach auf, komm ans Licht, ein völliges Heil kannst du haben, noch heut, o glaub, und das Licht zieht dann ein und die Freud. Chor: Denn der siegreiche Heiland, der bricht jedes Band, der siegreiche Heiland, der bricht jedes Band und führt zum Siege mit mächtiger Hand, und führt zum Siege mit mächtiger Hand. Musik! Blasen, schmettern, dschingdaradada: Der bricht jedes Band und führt zum Siege mit mächtiger Hand. Trara, Trari, trara! Schrumm! Dschingdaradada!
Franz gibt nicht nach, dem läßt es keine Ruhe, der fragt nach Gott und die Welt nicht, als wenn der Mensch besoffen ist. In Reinholds Stube schleicht er sich mit den andern Pumsbrüdern, die ihn nicht haben wollen. Aber Franz haut um sich und zeigt ihnen die eine Faust, die ihm geblieben ist, und schreit: »Wenn ihr mir nich gloobt und fürn Betrüger hält und ick will euch verpfeifen, dann laßt es doch bleiben. Brauch ick euch, wenn ick wat machen will? Kann ick ooch zu Herbert gehen und wo ick will.« »Na mach doch.« »Mach doch! Hast du nötig, du Affe, mir »mach doch« zu sagen. Kuck dir mein Arm an, du, da hat mir der da, der Reinhold, ausm Auto transportiert, aber mitm Schwung. Det hab ick ausgehalten, und jetzt bin ick hier, und dann hast du nicht zu sagen »mach doch«. Wenn ick zu euch komme und sage: ick mach mit, dann müßt ihr wissen, wer Franz Biberkopf ist. Betrogen hat er noch keen Menschen, da kannste rumfragen wo du willst. Ick pfeif drauf, wat gewesen ist, der Arm ist hin, euch kenn ich, hier tret ich an, und det ist der Grund, und jetzt weeßt du vielleicht.« Der kleine Klempner versteht noch immer nicht. »Denn möcht ick bloß wissen, warum du jetzt mit eenmal willst und damals biste mit Zeitungen geloofen am Alex, und dir sollte mal eener kommen: mit uns mitmachen.«
Franz setzt sich in seinen Stuhl zurecht und sagt lange nichts, die auch nicht. Geschworen hat er, er will anständig sein, und ihr habt gesehen, wie er wochenlang
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