Berlin Alexanderplatz: Die Geschichte von Franz Biberkopf (German Edition)
man sich auf Pelzwaren legen, die Damen denken, das ist im Nu gemacht, die machen immer ein und dasselbe, son Handwerk ist bald gelernt, aber sich umstellen, wenn die Konjunktur schlecht ist, dafür haben die keene Verstehste, da können die nich mitreden.
Pums hat einen Klempner kennengelernt, der sich auf Sauerstoffgebläse versteht, den haben wir also, dann ist ein verkrachter Koofmich da, der elegant aussieht, arbeiten tut das Luder ja nich, drum hat ihn die Mutter rausgeschmissen, aber gaunern kann er, und der kennt Geschäfte, und den kann man überall hinschicken, und denn kann er sich umsehen und eine Tour vorbereiten. Pums sagt zu den Veteranen seiner Kolonne: »Im Grunde haben wirs ja nicht nötig, mit Konkurrenz zu rechnen, das gibts natürlich bei uns wie überall, wir stören uns schon nicht. Wenn wir aber nicht uff gute Leute sehen und die ihr Handwerk verstehen und wat es für einen Apparat gibt, dann kommt man natürlich gewaltig ins Hintertreffen. Dann kann man sich einfach aufs Klauen verlegen, dazu brauchen wir nicht sechs, acht Mann stark zu sein, kann jeder für sich.«
Weil sie nun auf Konfektion und Pelz aus sind, muß sich alles, was Beene hat, in Trab setzen und so Geschäfte finden, wo man leicht wat absetzen kann, ohne det man viel gefragt wird, und wo ooch die Kriminalpolizei nicht gleich visitiert. Kann ja alles umgearbeitet werden, kann man ja anders nähen, kann man ja schließlicherweise ooch bloß mal erst verstauen. Mal erst finden.
Nämlich mit seinem Hehler in Weißensee ist Pums nie fertig. Wenn einer so arbeitet wie der, mit dem kann man keine Geschäfte machen. Leben und leben lassen. Gut. Aber weil er im letzten Winter verloren haben will – sagt er! – weil er zugesetzt haben will und er hat Schulden, und wir haben uns im Sommer amüsiert, darum nachträglich von einem Geld zu verlangen und einem was vorjammern: er hat sich verspekuliert! Dann hat er sich eben verspekuliert, dann ist er ein Rindvieh, schlechter Koofmich, versteht eben nischt vons Jeschäft, der Kerl, dann ist er nischt für uns. Müssen wir uns eben en andern suchen. Ist natürlich leichter gesagt als getan, aber muß sein, und um sowat kümmert sich in der ganzen Bande bloß unser oller Pums. Es ist doch merkwürdig, überall wo man hört, kümmern sich die andern Jungs auch drum, wat aus die Ware wird, denn vom bloßen Klauen is noch keener satt geworden; muß doch noch zu Geld gemacht werden, aber, wie gesagt: bloß bei Pums legen sie sich alle uff die Bärenhaut und sagen: »Pums, der ist da, der wird schon machen.« Wird er, tut er ooch. Wat ist aber los, wenn Pums nich kann? Ha! Immer kann Pums doch ooch nich. Kann doch Pums ooch mal wat passieren, is ooch bloß ein Mensch. Dann könnt ihr sehen, na ja, wohin damit, könnt ihr sehen, nutzt euch der ganze Einbruch nischt. Heutzutage geht es in der Welt nicht bloß mit Stemmeisen und Gebläse, heute muß alles Geschäftsmann sein.
Darum kümmert sich Pums auch nicht bloß ums Sauerstoffgebläse, wie es so weit ist Anfang September, sondern wer nimmt mir meine Ware ab. Damit hat er schon im August angefangen. Und wenn du wissen willst, wer Pums ist: er ist stiller Teilhaber von gut fünf kleinen Pelzwarengeschäften, Kürschnerläden – wo, ist egal –, und dann hat er Geld mit zugegeben zun paar Bügelstuben, amerikanische, mit Plättbrett im Schaufenster, und ein Schneider mit Hemdsärmeln steht dabei, der klappt die Bretter immer rauf und runter, das dampft, aber hinten hängen die Anzüge, na ja, auf die kommts eben an, das sind die Anzüge, auf die es ankommt, und von wo man die herhat, na, da sagt man eben: von Kunden, die haben sie gestern hergebracht zum Aufbügeln und Umändern, hier sind die Adressen, wenn ein Bulle rinkommt zum Nachsehen, stimmt alles. So hat unser guter dicker Pums schon vorgesorgt für den Winter, und da müssen wir doch sagen, jetzt kanns losgehen. Wenn was passiert, für alles kann keen Mensch vorsorgen; ohne ein bißchen Schwein gehts nicht, darüber wollen wir uns nicht den Kopp zerbrechen.
Nu mal weiter im Text. Also es ist Anfang September, und unser eleganter Strolch, der auch Tierstimmenimitator ist – das werden wir aber nicht erleben –, Waldemar Heller nennt sich das Luder, und ein Heller ist er wirklich, der hat in der Kronenstraße und in der Neuen Wallstraße ausbaldowert, bei den großen Konfektionen, wo wat zu haben ist. Er kennt Ein- und Ausgang, Vordertür, Hintertür, wer wohnt oben, wer wohnt
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