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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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zieht vor seinen Augen auf. Dunkelheit ist gefährlich. Er möchte schreien. Er bringt nur noch ein Würgen zustande. Es ist …
    … nur ein Traum, aus dem Frank röchelnd erwacht.
    Gott sei Dank, nur ein Traum.
    Er streift ihn erleichtert ab. Doch den Druck auf seiner Kehle spürt er immer noch, als hätte ihn tatsächlich gerade jemand zu erwürgen versucht. Aber nicht irgendjemand, sondern … Frank verscheucht den Gedanken wie eine Fliege, schnell und missmutig.
    Sein Blick sucht das Fenster. Er kann die Baumwipfel draußen erkennen. Den Treptower Park. Beschaulich und friedlich. Er atmet durch. Er schaut sich im Schlafzimmer um. Seine Welt ist noch die alte. Ordentlich und sicher. So wie die vier Schlösser an der Tür. Oder die Lichter in der Wohnung. Exakt und penibel.
    Wie die Jacken an der Garderobe. Die Hose auf dem Stuhl.
    Nur ein Traum, mehr nicht!
    Plötzlich kocht Verärgerung in ihm hoch. Denn normalerweise träumt er nicht. Seine Nächte sind wie sein Leben – beschaulich und friedlich, ordentlich und … Ja, ja, ist ja schon gut!, ruft Frank sich zur Ordnung. Nur dass heute deine Welt aus den Fugen geraten ist. Nur für einen Augenblick. Aber einen Augenblick zu lang.
    Und das war nur die Schuld dieses Typen, dieses aalglatten Geschäftsmannes, einer dieser typischen Wichtigtuer aus Charlottenburg, Mitte Vierzig, gebräunte Haut, ergraute Schläfen, gegeltes Haar – der den Wasserhahn des Waschbeckens im Badezimmer nicht richtig zugedreht hatte.
    Und was zum Teufel scherte dich dieser Wasserhahn?, fragt sich Frank und kämpft gegen die Wut an, die ihn erfüllt. Zorn auf das Tropfen des Wasserhahns, das ihn ablenkte. Dieses wiederholte Plätschern, nervig und so laut wie jetzt dieses …
    Pling!
    Die Haare auf Franks Armen richten sich auf. Sein Rückgrat versteift sich. Das ist unmöglich! Er atmet durch, versucht sich zu beruhigen. Sein Blick fällt auf den digitalen Wecker.
    23.20 Uhr.
    Als bräuchte das Wissen um die Zeit eine neuerliche Bestätigung, schleicht sich ein leiser, aber dennoch unüberhörbarer Ton über die Schwelle ins Schlafzimmer.
    Pling!
    Also gut, denkt Frank. Du hast geträumt. Das tut jeder. Im Schlaf hast du von einem Mann geträumt, der dich erwürgt. Kein Grund zur Besorgnis. Nicht nach dem heutigen Tag. Außerdem weiß du, wie das mit den Träumen so ist.
    Pling! Pling!
    Entschlossen schiebt er die Decke von seinem Körper. Und stapft ins Badezimmer, während er das Licht im Schlafzimmer, im Korridor, im Badezimmer einschaltet.
    Pling! Pling!
    Im Badezimmer ertönt ein Knirschen. Wie von Elektrizität. Der Raum bleibt dunkel. Nur das Licht aus der Diele, das in einem silbernen, zackigen Streifen in das Badezimmer fällt. Schlagartig weicht die Entspannung von Frank. Was geht hier vor?
    Pling! Pling!
    Im gleichen Moment erspäht er die dunkle, zähe Flüssigkeit, die aus dem Wasserhahn in das Waschbecken tropft. Dicker, roter Schleim. Jetzt fehlt nur noch … Frank wirbelt herum.
    Eine finstere Gestalt richtet sich wie in Zeitlupe vor ihm auf. Der Mann hat graue Schläfen, gegeltes Haar. Unverkennbar, er ist es!
    Er streckt die Hände nach Frank aus.
    „Was wollen Sie?“, ruft Frank. „Was wollen Sie von mir?“
    Doch in Wahrheit erwartet Frank keine Antwort, denn als die Finger des Mannes seine Kehle immer fester umschließen, begreift er, wie unwirklich die Ereignisse sind. Aber sind sie das wirklich? Plötzlich hat Frank furchtbare Angst.
    Er kriegt keine Luft mehr. Röchelnd bricht er zusammen und …
    … erwacht mit einem Schrei.
    Begierig schnappt er nach Luft.
    Ein Traum? Die Realität!
    Doch der verzweifelte Geschmack des Traumes haftet immer noch an ihm. Er kann sich nicht beruhigen. Er kann auch nicht aufhören zu zittern, wie ein Kaninchen, auf das der Schatten eines Wolfs fällt. Sein eigener Schrei hallt in seinem Kopf wie ein Echo. Mit ihm spürt er den Schmerz, den die würgenden Hände seinem Hals zugefügt haben.
    Frank wischt sich den Schweiß von der Stirn. Keuchend greift er sich an den Hals, in dem das Blut pulsiert. Du lebst! Er ringt nach Atem, sitzt senkrecht im Bett, darum bemüht, endlich wieder Fassung zu gewinnen, während seine Gedanken versuchen, das Geschehene nachzuvollziehen – und den heutigen Tag.
    Der Wasserhahn! Das Tropfen!
    Dabei begann der Tag wie jeder andere. Er war zur Arbeit gefahren, so wie er immer zur Arbeit fährt. Er hatte keine Fragen gestellt. Denn was gehen ihn die Konflikte der anderen Leute an? Liebhaber oder

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