Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
Zertrümmert. Nein, das war alles andere als ein ordentlicher, sauberer Job gewesen.
    Das war …
    Pling!
    Bittere Galle drängte sich seinen Hals hinauf und Frank übergab sich. Was für eine Sauerei!
    Und warum das alles? Alles nur wegen dieses …
    Pling!
    Frank schaut zur Uhr.
    23.20 Uhr.
    Der blanke Horror!
    Ich muss hier weg!
    Er stürzt zur Tür!
    Er hört ein Rascheln hinter sich.
    Pling! Pling!
    Schnell!, treibt er sich an.
    Doch an der Tür sind vier Schlösser.
    Das dauert viel zu lange.
    Scheißordnung!
    Pling! Pling!
    Panik überkommt ihn. Denn eines ist ihm plötzlich klar:
    Es gibt kein Erwachen aus diesem Albtraum.
    Oder doch?
    Pling! Pling!
    Das Fenster in der Küche.
    Die Bäume im Park.
    Spring!
    Pling!
    Frank kracht durch die Glasscheibe seines Küchenfensters. Scharfe Splitter bohren sich in seinen Körper. Den Schmerz nimmt er nicht wahr. Wenige Sekunden später prallt er zwei Stockwerke tiefer, mit dem Kopf voran, auf den steinernen Bürgersteig. Schädelknochen knirschen. Blut spritzt.
    Dann herrscht Stille. Endlich wieder Stille in Treptow. Beschaulich und friedlich.

Der Kunstpfeifer
    Jochen Senf
    Im Grunde hatte ich mein Leben abgeschrieben. Die innere Verwahrlosung war in vollem Gange. Es war ein schleichender Prozess, den ich immer weniger beeinflussen konnte. Mich überfielen, wie im Hinterhalt lauernd, immer heftiger diese mir unerklärlichen Anfälle von Raserei. Blauer Himmel, alles heiter, dann unvermittelt Donnerkrachen, Blitz und Hagel. Egal wo. In Bars, an der Kasse von Lidl oder Aldi, auf der Straße oder im Bus. Ich wagte mich kaum mehr aus dem Haus. Ich vereinsamte. Händeringend suchte ich nach einem Ausweg. Vergeblich.
    Neulich bei Kaisers. Es war ein Wocheneinkauf. Gemüse, Fleisch, Putzmittel, Obst, Getränke. Was ich so brauchte. Die Kassiererin lächelte mich freundlich an. Sie begann, die Ware einzutippen. Piep piep piep. Meine Gehörganghärchen begannen sich aufzustellen wie kampfbereite Zinnsoldaten. Ich hatte meine Ohrstöpsel vergessen. Das passierte halt mal. In der Regel bemühte ich mich, mich gegen die allgegenwärtige Geräuscheflut zu wappnen. Piep piep piep. Ich ertrug dieses monotone Geräusch nicht. Wut stieg in mir hoch. Krampfartige Zuckungen befielen mich. Besonders im Gesicht zuckte es. Ich sah aus wie ein Depp. Die Leute guckten schon. Ich stürzte aus Kaisers, ehe ich der lächelnden Verkäuferin ihr Lächeln mit der Faust aus dem Gesicht rammte.
    Immer wieder floh ich vor diesen unkontrollierbaren Anfällen. Ich brauchte Stunden, um mich zu erholen, auf einsamen Bänken, in Parks, auf Friedhöfen, wo ich viele Tage zwischen den Grabsteinen verbrachte und auf die kleinen Totenlichter starrte, die auf den frisch zugeworfenen Gräbern brannten.
    In einer Kirche konnte ich meine Wut erstmals nicht mehr bändigen. Es war an einem Markttag. Vor dem Einkauf betrat ich die am Markt gelegene Backsteinkirche, einen Ort der Ruhe und inneren Einkehr. Keine Ohrstöpsel, nur Wohltat, inneres Aufatmen. Ein Priester, ein junger Mann noch und auffallend hübsch, zog ein Klavier über den ausgetretenen Backsteinboden. Das über den holperigen Boden gezogene Klavier, nur auf einer Kante, der schmalen, aufliegend, quietschte entsetzlich. Die Saiten wimmerten. Ein hochtöniges Schrillen, das mich, direkt aus der Hölle kommend, marterte. Ich fiel auf die Knie. „Bitte! Bitte!“, flehte ich den Priester an, „Aufhören!“ Er verstand mich nicht, hielt mich für einen auf den Knien Betenden. Zu allem Überfluss setzte auch noch das 12-Uhr-Glockengeläut ein. Schrillste Dissonanzen! „Fuck!“, rief ich verzweifelt, „Stop it!“ Der Priester lächelte unverdrossen und sanftmütig. Ich stieß ihm die geballte Faust in seine Freundlichkeit. Mein Gott, mein Gott! Er wankte nach hinten, das schwer an ihm hängende Klavier donnerte nieder, riss das ihm vom Halse baumelnde Kruzifix mit in den
    Höllenschlund. Höllenlärm raste kataraktisch, in tausend Echos widerhallend, durch den Kirchenraum. Beelzebub selbst war es, kein Priester! Grausam! Dem ersten Kinnhaken folgte ein zweiter, ein dritter, Blut spritzte. Das Glockengedröhne überstülpte mich, als hätte sich die Hand des Herrn persönlich auf mein Haupt gelegt und es zerdrückt. Ich stürzte davon, als verfolgten mich tausend Furien. So konnte es nicht weitergehen. Ich konsultierte einen Neurologen und schilderte ihm meine Zustände. Ich ahnte ja nicht, auf was ich mich da eingelassen hatte! Der Neurologe hatte

Weitere Kostenlose Bücher