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Berlin blutrot

Berlin blutrot

Titel: Berlin blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: u.a. Sebastian Fitzek
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am Abend die ersten kriminaltechnischen Ergebnisse vorlagen, sah sich Kohlhaase gezwungen, den Aufenthalt in Berlin um einen Tag zu verlängern, und als Kriminalhauptkommissar Wuttke keine vierundzwanzig Stunden später verkündete, dass quasi die ganze Klasse im Verdacht stand, ein Gewaltverbrechen verübt zu haben, rief Kohlhaase im Tropical Paradise an und stornierte auch die restliche Buchung.
    Die Anzahl der Spuren war geradezu überwältigend: Haare, Textilfasern, Lippenstift- und Fingerabdrücke auf etlichen – in der Eile offenbar übersehenen – Plastikbechern und ein halbes Dutzend zerknüllter Tempotaschentücher ließen keine Zweifel daran aufkommen, dass die Klassenfete, die offenbar in Nike von Redlitz’ Zimmer stattgefunden hatte, irgendwann im Lauf der Nacht ausgeartet war.
    „Wir haben Frau von Redlitz im Würgeengel das letzte Mal gesehen! Ehrlich jetzt!“
    „Würgeengel. Interessant …“
    „Sie ist abgehauen, und wo sie danach hin ist, weiß keiner.“
    „Abgehauen. Aha. Nachdem Sie ihr offenbar übel mitgespielt haben. Nach Aussagen des Bedienungspersonals.“
    „Das war ein Scherz.“
    „… den Sie dann bei ihr im Hotelzimmer fortgeführt haben, ja?“
    „Nein!!!“
    „Was genau ist in jener Nacht in Frau von Redlitz’ Zimmer vorgefallen?“
    „Gar nichts!“
    Am dritten Tag rekrutierte Laura Weingartens Mutter einen Anwalt, und am Tag drauf reisten etliche besorgte Eltern an.
    „Suchen Sie lieber nach diesem Klöpfer! Wer sich für so was wie diese Show da im Würgeengel hergibt, hat’s doch echt nötig!“ erklärte Sven-Christoph Fleischhauer aufgebracht.
    „Ach ja? Sie haben den Mann doch selbst engagiert! Übrigens: Wie kam denn der Kontakt mit Klöpfer überhaupt zustande?“
    „Internet.“
    „Genauer.“
    „www.professional-partypooper.de.“
    „Sehr witzig.“
    Wuttke und sein Team stießen von Stunde zu Stunde auf immer mehr Widersprüche und Ungereimtheiten: Sämtliche Spuren im Nike von Redlitz’ Zimmer waren eindeutig den Schülerinnen und Schülern zuzuordnen. Dennoch leugneten alle, den Raum überhaupt betreten zu haben. Nichts passte zusammen, nichts ergab einen Sinn. Es war absurd, die Klasse weiter fest zu halten. Am Abend reisten die ersten in Begleitung ihrer Mütter und Väter ab, und am Tag darauf rief Kohlhaase den Busunternehmer an, um die Rückreise der verbliebenen Schüler zu organisieren.
    Die Stimmung war gedrückt.
    „Eigentlich war die Alte gar nicht so übel“, stellte Sven-Christoph Fleischhauer widerwillig fest.
    Seine Freundin schüttelte vehement den Kopf. „Die war ein Biest! Eine vertrocknete, fiese, humorlose alte Jungfer!“
    Kohlhase hob mahnend den Zeigefinger. „De mortuis nil nisi bene!“ Es war der einzige lateinische Spruch, den er kannte, aber die Schüler zeigten sich beeindruckt. Schweigend und in sich gekehrt absolvierten sie die restlichen Kilometer.
    „Bis Montag!“
    „Ja. Tschö.“
    In Heathrow war es um die Zeit noch hell.
    Nike entschied sich für eine schwarze Postkarte mit roter Aufschrift, zahlte und zückte ihren Füllfederhalter.
    „Theresiengymnasium, GK 13“ schrieb sie in die oberste Adresszeile und darunter „Brucknerstr. 15“.
    Die Flughafenuhr zeigte 19 Uhr und 30 Minuten.
    Nur noch wenige Minuten bis zum Check-in.
    „Teotihuacan … Chichen Itza … “ Nike ertappte sich dabei, wie sie die Namen jener magischen Orte lächelnd vor sich hin flüsterte, „… Palenque, Tulum.“
    Danach würde sie weiter sehen. Zeit hatte sie schließlich genug. Die Wunde an ihrem Daumen war schon fast verheilt.
    „Da blutet es am meisten und tut am wenigsten weh,“ hatte Armin Klöpfer fachmännisch erklärt.
    Der Mann hatte sich partout nicht abschütteln lassen, und als sie in der Köpenicker Straße ankamen, hatte sie ihren Plan bereits bis ins Detail gefasst: „Für Geld machen Sie offenbar alles …“
    Er hatte genickt, den Container im Hof durchwühlt und kurz darauf mit der bewussten Mülltüte in der Hand in ihrem Zimmer gestanden.
    „Auf das Vortäuschen einer Straftat steht Gefängnis …“
    „Und Ihr Schweigen kostet …?“
    Die Summe war lächerlich. Jedenfalls für Besitzerinnen dreier Mietshäuser in Köln-Sülz.
    Und während Nike sich heldenmutig die Nagelschere in die Fingerkuppe rammte, hatte Klöpfer den Vorhang aus der Schiene gerissen.
    Nike warf die Postkarte in eine der hübschen, feuerroten Royal Mailboxes.
    Sie kam tatsächlich Montagmorgen an: Eine schwarze Karte mit

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