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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Maschinenraum eines Dampfers. Der Gang zwischen den Schutzräumen ging in Stufen über, die sich im Wasser verloren. Die Trennwand zur letzten Zelle stand nur noch zur Hälfte, der Rest war ins Wasser gestürzt. Er löschte die Lampe wieder und verließ sich ganz auf seine Ohren.
    Da war es! Ein kaum wahrnehmbares Geräusch, noch weit, jenseits der festen Wände. Hätte der Hall es nicht verstärkt, wäre es unhörbar geblieben. Dann wieder absolute Stille. Die andere Partei gab sich große Mühe, Lärm zu vermeiden, während sie sich vorwärts bewegte. Eins musste man dem komischen Vogel mit den rosa Ohrwärmern lassen: Er hatte ein ausgezeichnetes Gehör.
    Die Minuten des Wartens dehnten sich zu einer Ewigkeit, in der die Vergangenheit wieder lebendig wurde. Aber diesmal war es kein Horror. Dafür war Quinn zu wach, zu konzentriert. Das Adrenalin machte aus dem Albtraum, den er so oft durchlitten hatte, eine glasklare Erinnerung, die ihn stimulierte. Er machte wieder die Spitze, war der erste Mann im Tunnel. Hinter ihm kroch Santiago Castro, einer der vielen Latinos in der Truppe. Alle schmal und klein und geschmeidig. Der Mann an der Spitze riskierte permanent den Tod, während er ins Ungewisse führte. Ließ er den roten Strahl seiner Lampe zu häufig aufblitzen, provozierte er als perfektes Ziel die Schüsse des Vietcong, der in Wartestellung lauerte. Er wusste, dass er in einem heißen Tunnel arbeitete. Keine kalte, vom Feind verlassene Röhre. Das hier war der Weg zum Gegner. Angesicht zu Angesicht. Es war langsame und riskante Arbeit. Ein Flirt mit Bruder Tod. Zentimeter für Zentimeter, Meter für Meter schlängelten sie sich zum Rendezvous. Er schob sich behutsam unter die Falltür, hinter der Charlie lauerte. Die verschiedenen Etagen des Tunnelsystems waren nur durch diese engen Öffnungen zu erreichen. Strategisch waren dies die Dreh- und Angelpunkte des unterirdischen Wegenetzes. Man wusste nie, was einen jenseits der Tür erwartet. Und es gab keine sichere Methode, es herauszufinden. Er hatte vor, die Luke anzuheben und drei Schüsse ins Dunkel zu feuern. Nie mehr als drei! Das war die Regel. Sechs Schüsse signalisierten dem Feind den Verbrauch der geladenen Munition. Dreimal! Und dann eine frisch geladene Waffe vom Hintermann, der die benutzte nachlädt. Der Strahl der Lampe leuchtete das Quadrat an. Von der Tunneldecke neben dem Durchgang fiel ein wenig Erde auf ihn herab. Charlie lag offensichtlich über ihm. Er gab Castro die Lampe, damit der ihm leuchten konnte, und machte sich daran, die Luke anzuheben. Doch noch bevor er die Hand an die Falltür legte, öffnete sie sich sacht und ein Gegenstand fiel ihm in den Schoß. „Granate!“, brüllte er Castro an, und sie krochen um ihr Leben. Sie hatten um die fünf Sekunden bis zur Explosion. Gute fünf Sekunden, bis der Splitterregen den Tod brachte. Egal, welche maximale Distanz zur Explosion noch mörderisch war, egal, was in den Lehrbüchern stand, egal, was die Ausbilder ihnen eingetrichtert hatten. Alles was sie tun konnten, war mit höchster Eile um ihr Leben zu robben. Nur weg, so weit wie möglich weg vom Tod zum Leben. Die Explosion dröhnte ihm in den Ohren, und er zuckte mit den Händen instinktiv zu seinen Oberschenkeln. Die Beine bluteten, und das Trommelfell war ihm um ein Haar geplatzt.
    Aber jetzt und hier herrschte nur kalte Stille im weiten Betonbunker, und seine Beine waren trocken und kühl. Er leuchtete noch einmal kurz die Decke über sich an. Nein, da war keine Luke.
    Dann ein Gurgeln, ein leises Schmatzen und Glucksen.
    Das Wasser!
    Das Wasser vor ihm sank langsam ab. Quinn musste lächeln.
    Wenn sie nicht von oben kamen, krochen sie aus dem Boden. Er bezog Deckung hinter dem Rest der eingefallenen Zellenwand und leuchtete noch einmal kurz über das Wasser. Die schmutzige Brühe stand nur noch wenige Millimeter über dem Betonboden, und ein runder Eisendeckel, der aussah wie ein U-Boot-Schott, war bereits zu erkennen.
    Die Bewegung im Wasser setzte einen fauligen Gestank frei. Kaum war die Brühe ganz abgelaufen, wurde der Deckel vorsichtig aufgedrückt und im fahlen Licht, das aus der runden Öffnung in den Bunker fiel, konnte Quinn einen Arm erkennen, der den Deckel hochstemmte und in der Schräge hielt. Eine Fellhaube war zu sehen, und dann der Kopf, den sie bedeckte. Das Licht reichte nicht aus, um das Gesicht zu erkennen. Der Kopf verharrte in Augenhöhe am Rand der Luke, während der Eindringling sich witternd

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