Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
Vom Netzwerk:
Zweifel an der vollen Zurechnungsfähigkeit des Mannes gekommen, ein Verdacht, der sich in den letzten Stunden auf das Dramatischste bestätigt hatte.
    Torns Verhandlungsposition hatte sich nicht nur verschlechtert – sie war lebensbedrohlich. Er hockte nackt auf dem „Drachenstuhl“. Seine Handgelenke waren an die Armlehnen gefesselt. Die Fußgelenke waren zusammengebunden, und die Unterschenkel wurden von einem Querbalken zwischen den vorderen Stuhlbeinen nach hinten gezwungen. Die Vietnamesen hatten ihn komplett verdrahtet, gewaltsam mit Salz gefüttert und von Zeit zu Zeit mit Wasser übergossen, um die Wirkung der Stromstöße zu vergrößern. Immer wieder bäumte sich sein Körper auf und die Schienbeine schlugen unkontrolliert gegen die Barriere. Das Blut, das an seinen Beinen herablief, war das einzige Warme, was er spürte.
    Großvater selbst legte nicht Hand an. Er stellte nur Fragen. Wenn er mit den Antworten zufrieden war, ließ er sie zu Protokoll nehmen, wenn sie ihm missfielen, überließ er die Überzeugungsarbeit der elektrischen Spannung. Nicht, dass er besonders ungeduldig gewesen wäre. Er ließ seinem Opfer genug Zeit nachzudenken. Gelegentlich ging er zu einem Aquarium mit Kampffischen, dessen Abmessungen und Artenvielfalt jedem Zoo Ehre gemacht hätten, fütterte die Tiere oder sah sie sich nur an. Manchmal philosophierte er sogar über Geschäftsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, wusste mitzuteilen, schon Alexander der Große habe sein Geld in Tempeln, die ihm als Banken dienten, gelagert, um seine Feldzüge zu finanzieren, oder bezeichnete Geldbewegung als „die Blutversorgung des Verbrechens“. Zu Torns Überraschung scheute der Greis das Wort Verbrechen nicht. Es ging ihm so selbstverständlich über die Lippen wie einem Staatsanwalt. Er machte keinerlei Hehl aus seiner Sicht der Dinge. Aber wenn die Wartezeit ergebnislos abgelaufen war, ordnete er die nächste Überredungshilfe an. So ging es nun seit einer guten Stunde, und auch um Abwechslung bei den Methoden war Großvater nicht verlegen.
    Gustav Torns Ohrläppchen waren bereits an die Kampffische verfüttert, und im Moment starrte er voller Angst auf seine zusammengeschrumpften Geschlechtsteile. Er versuchte die stechenden, bohrenden und pochenden Schmerzen zu verdrängen, die aufkommende Panik zu unterdrücken und die richtige Entscheidung zu treffen.
    Entweder er beglückte Großvater mit weiteren Informationen – oder er erfreute die Fische mit dem, was der Greis als eine besondere Delikatesse für seine Lieblinge bezeichnete.

80
    „Tunnelratte! Wenn ick det schon höre. Wenn hier jemand so’n Adelsgetitele verdient, dann icke.“ Mollen-Rudi schnaufte seine geballte Verachtung in den Raum und musterte Heli streng. „Verlass dir ma jantz auf mir. Da weißte watte hass.“
    „Was sagt er?“, fragte Rojana. Irgendwie erinnerte ihn Rudi an diesen Kanadier Roger Wayday.
    „Ach, vergiss es.“ Heli wandte sich frustriert der Wandkarte zu und betrachtete sie, als sei dort Bobby Quinns aktueller Standort markiert.
    Rojana war hilflos. Es war schwer genug gewesen, den Frauen Bobbys Entscheidung zu vermitteln. Was dieser Clown mit den rosa Kopfhörern dachte, war ihm egal. Aber Heli und Romy nahm er ernst. Und wie sollte man etwas als sinnvoll verkaufen, das man selber anzweifelte? Er fühlte sich allein gelassen. Zugegeben – wie Bobby es ihm dargestellt hatte, war das Angebot des Captains ein unverhofftes und kostbares Geschenk. Schließlich war nicht mal sicher gewesen, ob sie den Mann überhaupt zu Gesicht bekämen, geschweige denn, dass er kooperierte. Mit der Unterstützung des Captains stiegen Farangs Chancen beträchtlich. Und verständlicherweise akzeptierte dieser Vietcong nicht jeden dahergelaufenen Haufen als Mitstreiter, auch dann nicht, wenn es sich um die Hilfstruppen eines Bobby Quinn handelte. Das tat einem Tony Rojana weh. Man hätte wenigstens über ergänzende Aktivitäten sprechen können, eine Art Flankenschutz, gezielte Störmaßnahmen, was auch immer. Aber was hatte Bobby ihm stattdessen angeraten? Halt die Girls ruhig! Gut gesagt. Heli war womöglich noch zu vermitteln, es wäre alles nur zum Besten Farangs. Aber Romy war ein anderes Kaliber. Wenn es darauf ankam, wollte sie diesen Gustav Torn, sonst nichts. So verfahren die Lage auch sein mochte – er gedachte Bobby in alter Freundschaft den Rücken freizuhalten. Er spürte Romys Blick. Sie schaute ihn an, als könne sie seine Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher