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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Erde genoss Farang die frische Luft. Kälte, Schnee und Frost hatten die Stadt noch immer unerbittlich im Griff, aber es störte ihn nicht. Die Gegend wirkte verlassen, und er erinnerte sich an Hallers Beschwerde in Sachen Sonntagsarbeit. Sie überquerten noch zwei Höfe, bis die erleuchteten Fenster des Tierbestattungsunternehmens und die Neonreklame mit dem klangvollen Namen „Pax Animalis“ den Rest des Weges wiesen.
    Heinz Haller trug einen weißen Laborkittel. Die vier Vietnamesen machten ihn nervöser als jedes Leichenteil. Da die Männer des Obersten Befehlshabers sich aber auf die Bewachung eventueller Fluchtwege beschränkten und aus allem anderen heraushielten, fand er bald wieder zu professionellem Gebaren.
    „Das größte Problem war, in der Eile einen Abschiedsraum herzurichten“, klagte er. „Normalerweise findet die Zeremonie im Krematorium statt.“
    Bevor Haller erneut über den Mangel einer eigenen Verbrennungsanlage lamentieren konnte, lobte Farang die Flexibilität des Deutschen und mahnte zur Arbeit. „Der Auftraggeber wird in drei Stunden hier sein. Bis dahin muss alles fertig sein.“
    „Das schaffe ich locker“, tönte Haller in Verteidigung seiner Berufsehre und schleifte den Seesack in den Behandlungsraum.
    Die Einrichtung ähnelte einer Kreuzung aus Tierarztpraxis und Obduktionssaal. An der Wand mit den Kühlfächern blitzte das Chrom. Den Türen nach war keines der Fächer groß genug, um das ganze Pony aufzunehmen, mit dem Haller im „Grand Vegas“ geprahlt hatte, aber das war jetzt Farangs geringste Sorge.
    „Während Sie sich um das Schwein kümmern, würde ich gerne den Waschraum benutzen, wenn es hier so etwas gibt.“
    „Aber sicher! Badewanne, Dusche, alles da. Kommen Sie nur, Khun Surasak.“
    Haller führte ihn durch einen Gang in ein weiß gekacheltes Badezimmer mit Toilette und warf einen misstrauischen Blick auf den Pilotenkoffer.
    „Haben Sie zufällig auch Rasierzeug hier, Khun Heinz?“
    Haller war die Verblüffung deutlich anzusehen, als er zum Spiegelschrank über dem Waschbecken ging und das Gewünschte kommentarlos präsentierte.
    Farang bemühte sich um ein Lächeln. „Ich will mich nur etwas frisch machen.“ Früher oder später musste er Haller auch mit Torns Überresten konfrontieren. Wenn möglich, später. Wer wusste, was der Mann mit dem Schwein anstellte, wenn ihm die Nerven versagten?
    „Nur zu!“ Haller grinste. „Dann wasche ich mal das Tier und kümmere mich um den Rest.“ Er ging.
    Farang wartete, bis Haller den Gang hinter sich gebracht hatte und schloss die Badezimmertür von innen ab. Er befreite sich von Mantel, Anorak und Schal und holte das Döschen mit Tiger Balm aus der Hosentasche – um das er den Obersten Befehlshaber mit Hinweis auf eine aufkommende Erkältung gebeten hatte – und schmierte sich etwas Salbe unter die Nasenlöcher. Dann holte er den Plastiksack aus dem Pilotenkoffer und öffnete ihn. Prüfend wanderte sein Blick zwischen Wanne und Waschbecken hin und her, bevor er sich für das Porzellanbecken entschied. Er packte Torns Kopf am Pferdeschwanz, platzierte ihn im Becken unter dem Spiegel und feuchtete die Haare an.
    Nur mit einem herkömmlichen Nassrasierer wäre die Prozedur mühsam geworden, aber zum Glück befanden sich auch noch eine Schere und ein richtiges Rasiermesser im Toilettenschrank hinter dem Spiegel, dazu eine Dose mit Rasierschaum und ein Rasierpinsel.
    Dem ersten Scherenschnitt fiel der Haarbürzel zum Opfer. Mit einigen Schnitten mehr kürzte er die restlichen Haare, bevor er den Rest kräftig einschäumte. Bevor er zum Rasiermesser griff, ging er noch einmal zur Wanne und drehte für alle Fälle den Wasserhahn auf, um Haller eine glaubhafte Geräuschkulisse zu bieten. Er widmete sich wieder der Rasur und arbeitete den Schädel vorsichtig und Partie für Partie glatt. Was hatte Thomas Kramer gesagt? Wenn du ihn nicht zum Reden bringen kannst, mach ihn zum Mönch!
    Farang konnte die Tätowierung am Hinterkopf bereits sehen, musste aber noch ein wenig Feinarbeit leisten, bevor er die Zahlen klar erkennen konnte. Zu lesen war die Kombination nur, indem er den Kopf anhob und sie sich im Spiegel ansah. Angeblich hatte der Geheimniskrämer sich die Marotte im Suff ausgedacht, aus Angst vor einem Gedächtnisverlust. Auch einen kleinen Handspiegel sollte er stets bei sich getragen haben. Sorgfältig wusch Farang sich die Hände über der Wanne, griff nach einem Handtuch und trocknete sich bedächtig ab,

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