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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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schießen, während der Reporter noch die nächste Patrone in Feuerposition pumpte. Doch Tonys buddhistisches Glücksrad blieb neunmal auf der Neun stehen. Die Waffe des Vietnamesen war nicht auf Schnellfeuer gestellt, und so streifte nur ein einzelner Schuss seine Schulter, bevor das zweite Projektil aus Romys Pistole den Feind niederstreckte.
    Großvater stand auf dem Parkett, als habe sein Gehstock Wurzeln geschlagen, und Tony hielt ihn mit der Flinte in Schach.
    Romy ging neben Rudi in die Hocke. Heli wiegte ihren obdachlosen Freund wie ein Baby in den Armen und weinte. Der alte Armeemantel war über Bauch und Brust zerfetzt und blutdurchtränkt, und auch aus dem Mund des Streckenläufers rann Blut auf Helis Arme. Die Säufernase stach noch spitzer als sonst aus einem aschfahlen Gesicht, und das Grinsen geriet ihm nur noch zur Grimasse.
    „Entweder hältste durch, oder du hängst dir weg“, flüsterte Rudi und hustete etwas Blut. „Ick hab jedenfalls imma durchjehalten – un nu hab ick wohl ehnma in mein verpfuschtet Leben sogar wat richtich jemacht.“
    Sekunden später hielt Heli einen Toten in den Armen, und Romy richtete sich auf und sah, wie Tony Großvater mit gesenkter Waffe zu einem der Tische geleitete und ihm einen Stuhl zurechtrückte. Erst dann bemerkte sie die Verstärkung der Gegenseite.
    Drei Vietnamesen. Gleiche Aufmachung. Gleiche Bewaffnung.
    Es war an der Zeit aufzugeben.
    Großvater hatte gewonnen.

84
    Der Oberste Befehlshaber hatte Farang vier seiner besten Männer mitgegeben.
    Einer der Vietnamesen trug einen Seesack mit Mireilles sterblichen Überresten, ein zweiter den ausgebeulten Pilotenkoffer, in dem Torns Kopf verstaut war. Die beiden restlichen Männer hatten alle Hände frei und dienten der Bewachung. Farang machte sich nichts vor. Das Quartett sah auf eine ärmliche Art zivil aus, aber trotz der Bedeutung, die der Chef dem Gelingen dieser Operation beimaß, würden sie ihn ohne Zögern über den Haufen schießen, sobald er aus der Reihe tanzte.
    Alles war gut vorbereitet. Die Not hatte ihn doch noch zum Sozialarbeiter gemacht. Es hatte damit begonnen, dem Obersten Befehlshaber eine würdige Perspektive zu offerieren. Einen Weg, auf dem er das Leid über den Verlust Mireilles überwinden konnte. Anfangs skeptisch, dann immer interessierter, hatte der Ältere ihm zugehört und dann auf dem kompletten Programm bestanden. Einzelbestattung, persönliche Anwesenheit im Abschiedsraum, Beileidsbrief und Echtheitszertifikat. Die Kosten spielten keine Rolle. Dass die Dokumente normalerweise in Deutsch abgefasst wurden, schreckte den Alten nicht. Übersetzung ins Vietnamesische und offizielle Beglaubigung durch die heimische Botschaft waren kein Problem. Dafür hatte man Großvater, der derartige Angelegenheiten routinemäßig erledigen ließ.
    Der Oberste Befehlshaber hatte Farang sogar Gelegenheit gegeben, die Aktion an einem sicheren Telefon mit Heinz Haller vorzubesprechen. Natürlich war ein erneuter Hinweis auf den Katalog der Kinderfreunde nötig gewesen, um Haller zu einer Zusammenarbeit zu bewegen, und ein Minnesota Minipig hatte er auch noch nicht beseitigt, was einen besonderen beruflichen Reiz ausmachte. Etwas schwieriger war die Sache mit Torns Überresten gewesen. Nicht, dass er Haller davon erzählt hätte. Aber auch der Oberste Befehlshaber quittierte die Bitte um den Kopf, zunächst mit Unverständnis – bis ihn ausführliche Argumente für eine würdige Bestattung im Respekt vor einem Andersgläubigen und dessen christlichen Ahnen und auch die damit verbundene Beschwichtigung böser Geister überzeugten. Auch Farangs Argument, Hänsel und Gretel hätten die böse Hexe ebenfalls im Ofen entsorgt, verschloss er sich nicht. Haller konnte das Problem Torn gleich mit erledigen. Der Oberste Befehlshaber war auch in diesem Fall für Einäscherung und Urnenbeisetzung, um alle Spuren zu beseitigen.
    Der schmutzige Gewerbehof, in dem Haller seinen sauberen Geschäften nachging, lag im tiefsten Wedding. Den letzten knappen Kilometer mussten sie zu Fuß zurücklegen. Die Fahrt mit der U-Bahn war problemlos verlaufen. Nur einmal war es kritisch geworden, als ein Rehpincher sich zu intensiv mit dem Seesack beschäftigte. Die alte Dame, der der Hund gehörte, hatte das aufgeregte Tier jedoch mehrmals streng an der Leine zurückgerissen, sich höflich für die Ungezogenheit entschuldigt, und war schon eine Station später wieder ausgestiegen.
    Nach all den Tagen und Nächten unter der

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