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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Kopter lachte.
    Im Hof ließ das Mädchen ihre Hand los, lief am Fahrradständer vorbei zu den Mülltonnen und stemmte den Deckel des blauen Containers einen Spalt breit hoch. „Der ist heute geleert worden. Du kannst also wieder viel Papier wegwerfen.“ Sie lachte fröhlich.
    „Tschüs.“ Heliane winkte, bevor sie im Hinterhaus verschwand und im Rucksack nach dem Briefkastenschlüssel suchte.
    „Dein Rad verrostet!“, rief die kleine Türkin noch. Dann gab sie es auf und lief zu ihren Geschwistern zurück.
    Auf dem Weg in den vierten Stock sah Heliane Kopter die Post durch. Nichts Weltbewegendes. Im Treppenhaus roch es nach Grünkohl. Hinter einer Wohnungstür bellte ein Hund und wurde energisch zur Ordnung gerufen. Wie immer erlosch die Treppenbeleuchtung auf den letzten Stufen vor ihrer eigenen Wohnungstür, und wie immer fluchte sie. Dieser blöde Zeittaktschalter hatte sie auf dem Kieker.

16
    James Yang befahl seinem Hakka-Chauffeur, zwischen den Ambulanz- und Leichenwagen auf dem Hof der „Hua Kiaw Pon Teck Sieng Tung Foundation“ zu parken.
    Das Verwaltungsgebäude der Stiftung lag im Herzen Chinatowns. Es war kurz vor sieben Uhr morgens, als Farang aus dem Fond der klimatisierten Volvo-Limousine stieg und James Yang über Hof und Phlap Phla Chai Road zum gegenüber gelegenen Tempel folgte.
    Chinesische Schriftzeichen und flaschengrün glasierte Keramikdrachen glänzten matt im ersten Tageslicht. Yang passierte das sitzende Löwenpaar und die roten Lampions der Eingangspforte. Farang schloss zu ihm auf und folgte ihm weiter, vorbei an sandgefüllten Bronzebecken, in denen brennende Fackeln und glimmende Räucherstäbchen steckten, und an einem Sortiment schäbiger Plastikeimer, die zehn gelben Wachskerzen als Halter dienten. Die Kerzen waren fast einen Meter hoch und dick wie Ofenrohre. Farang musterte flüchtig eine junge Frau, die ein Bündel Stäbchen an einer Öllampe anzündete, bevor sie sich zum Gebet begab. Er mochte den Geruch aus Wachs, Harz und Dufthölzern.
    Im inneren Bereich des Tempels lag ein Kassenraum. Hinter den Gitterstäben des Schalters hockten zwei uralte Chinesen mit schütteren Bärten. Vor ihnen lagen dicke Quittungsblöcke. Ein bandagierter Halbstarker, der aussah, als habe er nur knapp einen Motorradunfall überlebt, kaufte einen Gutschein für einen Sarg und spendete ihn für mittellose Opfer.
    „Frisch erlebtes Unglück macht demütig.“ Yang entrichtete ebenfalls seinen Obolus.
    Die Quittung, die einer der Greise durch das Gitter schob, war aufwendig bedruckt wie eine kostbare Urkunde. Ein Freifahrschein ins Jenseits. Mit einer höflichen Dankesbezeugung nahm Farang die Informationsbroschüre der Stiftung entgegen, die ihm der andere Greis reichte. Die alten Männer hatten ihn als Fremden erkannt und behandelten ihn wie einen Touristen. Er war ihnen zu groß, hatte zudem runde Augen und war behaart wie ein Affe.
    Farang fühlte sich durchaus wie ein Tourist, denn James Yang nutzte das von Tony Rojana vermittelte Treffen, um dem Berlinreisenden einen Schnellkurs in Sachen Chinatown und einige lebenswichtige Informationen zu verabreichen.
    „Bangkok“, waren Yangs Worte gewesen, während der Hakka-Fahrer sie im Morgengrauen an den endlosen Fronten der stählernen Scherengitter vor den noch geschlossenen Chinesenläden entlang chauffiert hatte, „das ist ein siamesischer Körper mit buddhistischer Seele, in dem ein Chinesenherz schlägt.“
    Inzwischen unterhielten sich die Greise angeregt mit Khun James. Ihre Muttersprache war Farang so fremd wie die Schriftzeichen, die ihm beim Durchblättern des Prospekts unter die Augen kamen. Nur die Zahlenkolonnen konnte er entschlüsseln. Einige Fotografien zeigten neben verstümmelten Unfallleichen auch zahlreiche Rettungsfahrzeuge und ländliche Friedhöfe, die vermutlich mit den Almosen finanziert wurden. Farang klappte die Broschüre zu. Neben dem Schalterkäfig stand eine Vitrine mit Amuletten, die gegen milde Gaben für einen Krankenhausausbau zu erwerben waren. Aberglaube zwang ihn, wenigstens einen kleinen Anhänger zu kaufen, was James Yang und die beiden Alten mit Wohlwollen registrierten.
    „Die Stiftung kümmert sich nicht nur um Verletzte, sondern auch um die Bestattung der Toten“, betonte Yang mit gedämpfter Stimme, während er Farang zum Altar mit dem Standbild der Gründermönche führte.
    Um ein Haar wäre Farang über einen der Jutesäcke mit Reis und Kleiderspenden gestolpert, die im Gang lagen.
    „Wie

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