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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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gähnte und öffnete die schmale Balkontür, um kurz durchzulüften, bevor sie sich hinlegte. Der Winter schnitt kalt ins Zimmer. Durch die kahlen Äste der Pappeln waren einige erleuchtete Fenster im Mietblock auf der gegenüberliegenden Seite des Friedhofes zu erkennen. Sie schimmerten schwach wie tiefhängende Sterne zu ihr herüber. Der Himmel war bedeckt, und Pulverschnee rieselte leise in die leeren Blumenkästen. Die Stahlgerüsttürme, deren Signalscheinwerfer die Einflugschneise zum Flughafen markierten, standen gestaffelt wie kleiner werdende Wachposten zwischen Grabsteinen und verwildertem Gehölz. Die Toten kamen nicht zur Ruhe. Nicht nur wegen des Fluglärms. Zwischen den Gräbern marodierten schon seit geraumer Zeit Banden. Erwachsene und Jugendliche. Sie lieferten sich Schlägereien, randalierten, dealten mit Drogen und hetzten für Wetten ihre Kampfhunde aufeinander. Letztes Frühjahr war sogar ein Flugzeug beim Landeanflug mit Leuchtspurmunition beschossen worden. Einige Nachbarn munkelten zudem von schwarzen Messen, die angeblich auf dem Gottesacker zelebriert wurden. Und über alledem lauerten schon die Aasgeier. Spekulanten, die elf Hektar neues Baugelände witterten. Wenn es nach denen geht, dachte sie, kann der Kirchhof ruhig weiter zur Müllhalde verkommen, bis sich nur noch eine Gesamtsanierung als Endlösung aufdrängt – und wenn der innerstädtische Flugbetrieb eines Tages tatsächlich eingestellt wird, werden sie das Gelände inklusive Bodenschätze endgültig platt machen und im Baustellenlärm ertränken.
    Sie schloss die Balkontür und zog sich aus. Bevor sie ins Bad ging, warf sie einen Blick auf die gerahmte Fotografie der Frau, die auf dem abgewetzten Pappkoffer stand, der ihr als Nachttisch diente.
    Großmutter.
    Auf dem Koffer, der sie so oft in den Bunker begleitet hatte.

18
    Das Hotel in der Bucht von Phang Nga gehörte nicht zu den feinsten Adressen.
    Mit den Luxusherbergen der weiter südlich gelegenen Insel Phuket konnte das Gasthaus nicht mithalten. Es lag in den Mangroven am ölig-grünen Brackwasser, und bei Ebbe stank die Gegend nach verrottetem Fisch. Ein marodes Tropenidyll, das mehr mit dem Amazonas gemein hatte als mit dem nahen Touristenparadies und seinen weißen Stränden.
    „Ich hoffe nur, Sir James hat dir keine Märchen erzählt.“ Farang trottete an der Seite Tony Rojanas den verlassenen Gang im ersten Stock entlang. Die Zimmermädchen hatten die Etage bereits abgearbeitet. Es roch nach Putzmittel. Die Geschäftsleute unter den Gästen waren schon früh mit ihren Aktenköfferchen nach Phang Nga ausgeschwärmt, und die wenigen Touristen waren in Mietbooten zum obligaten Tagesausflug aufgebrochen. Erst zur James-Bond-Insel, auf der einige Szenen von „Der Mann mit dem goldenen Colt“ gedreht worden waren. Dann in die Grotten von Ko Thalu, dem Capri Thailands. Und schließlich zu frisch gefangenem Lobster, Garnelen und Fisch mit Curryreis in ein Muslim-Fischerdorf, das ganz auf Holzstelzen errichtet, über dem Wasser am Fels klebte. Er kannte die Route. Er hatte die Tour vor Jahren mit Nit gemacht.
    „Warten wir es ab.“ Tony hatte die gesuchte Zimmernummer bereits im Auge.
    Die Suite war dauervermietet, und wenn James Yang nicht gelogen hatte, fungierte sie als Geschäftsbüro. Eine Art Etappe hinter der Front. Man war hier ungestört, und Phuket mit seinen zahlungskräftigen Kunden war nicht aus der Welt. Mit diesem Ziel war der Boss des Unternehmens, begleitet von zwei Mitarbeitern, vor zehn Minuten aufgebrochen. Sie hatten sie ziehen lassen. Es ging jetzt nicht um Konfrontation. Noch nicht. Es ging zunächst um Beweismaterial. Und in verwaisten Büroräumen ließ es sich ruhiger arbeiten. Farang postierte sich neben der Tür.
    Tony musterte noch einmal den leeren Gang und zog den Zweitschlüssel aus der Hosentasche. Bevor er ihn ins Schloss steckte, klopfte er kurz und trocken an die Tür.
    Farang hatte ein leichtes Sakko übergezogen – wie üblich, wenn er seine belgische Geliebte am Körper trug. Er öffnete den Jackenknopf, damit sie atmen konnte. Die FN HP35 war eine sensible Waffe. Man musste sie nicht erst groß befingern. Sie kam schnell.
    Tony hatte es nicht mit Pistolen. Er war ein Revolvermann, trug ihn zwischen den Nieren im Hosenbund unter dem Hawaiihemd. Was auch hinter dieser Hotelzimmertür auf sie wartete – sie waren gerüstet. Farang war sicher, der Schnellere zu sein. Er hatte beide Hände frei, um Tony bei Bedarf Feuerschutz zu

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