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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Breughel.“ Ihr Blick verlor sich in der Menge.
    „Ein was?“
    „Ein holländischer Maler.“
    Verblüfft sah er ein Pärchen auf Fahrrädern vorbeiradeln. „Gibt es dafür auch Schneeketten?“
    Sie schüttelte den Kopf, grinste mit vollen Backen und deutete in die Menge. „Da läuft auch noch so ein Clown mit Handy rum.“
    Farang sah dem Mann im beigen Kamelhaarmantel zu, der so gestenreich telefonierte, als dirigiere er auf Glatteis die Börsenkurse. Farangs Blick wanderte zu einem vertrauten Wesen. Es war eine Asiatin. Es waren gut dreihundert Meter, aber er erkannte die Frau als Schwester in der Fremde. Sie trug Moon Boots, Jeans, einen billigen Anorak und eine rote Strickmütze auf dem blauschwarzen Haar. Mit dem unterwürfigen Gestus einer Person, die erwartet, jeden Moment geschlagen zu werden, bewegte sie sich auf die Stelle mit den festgefrorenen Zweigen zu. Sie schaute sich nicht um, hielt den Kopf geneigt, als helfe das, sie unsichtbar zu machen. Niemand beachtete sie.
    Die Frau ging vor den zugefrorenen Eislöchern auf die Knie, holte etwas aus der Tasche ihres Anoraks und machte sich an einem der Zweige zu schaffen. Zunächst dachte er, sie wolle etwas abschneiden, aber dann erkannte er etwas Buntes in ihren Händen. Sie knüpfte etwas fest. Als sie die Hände zurückzog, erkannte er ein schmales Stoffband. Sie hatte es an den Zweig geknotet, und es flatterte im Wind. Das Bändchen war safrangelb – wie das Gewand Buddhas. Die Frau verharrte vor dem Zweig und verbeugte sich mehrmals, wie vor einem Altar. Dann erhob sie sich und wieselte über das Eis davon.
    Safrangelb.
    Die Farbe hatte Farangs Instinkte sofort mobilisiert. Er musste mit der Frau sprechen. Unbedingt. Er wusste nicht genau warum, aber es war unumgänglich, zwingend. Kaum hatte die Asiatin sich erhoben, sprang er auf und setzte sich in Bewegung.
    Er hatte bereits einige Meter hinter sich gebracht, als ihm klar wurde, nicht zu Fuß unterwegs zu sein. Auf den Profilsohlen seiner Schnürschuhe hätte der Blitzstart durchaus gelingen können. Aber er war mit Hohlschliff unterwegs. Eine ganze Weile noch stürzte er dynamisch nach vorne, kam gut voran, nur seine Brust näherte sich zunehmend der Eisfläche – bis die Schräglage nicht mehr zu halten war.
    Irgendwie brachte er noch die Hände vors Gesicht, bevor er mit dem Kinn über eine jener blitzblank gefegten Passagen rutschte, die, von so nah betrachtet, dunkelschwarz aussah. Sekunden später schlug ihm eine Art flachgeklopfter Kürbis gegen den Schädel. Der Kürbis war steinhart.
    „Wenn de hier mitspielen willst“, rief der Eisstockschütze, „dann halt dir erst ma zurück, mein Bester.“

39
    Kurz nach zwölf Uhr mittags wurde Gustav Torn vom Obersten Befehlshaber empfangen.
    Vietnamesischer Aberglaube gebot, sich nicht um Punkt zwölf zu verabreden, da sich um diese Zeit angeblich die Unglücke häufen. Der Raum, in dem die Audienz stattfand, war hoch und weit, und alle Flächen waren gleich groß, wie bei einem Würfel. Wände und Decke waren mit Brokat in violetten und purpurroten Grundtönen verhängt. Den Boden bedeckten dunkle Teppiche, die einen abgetretenen aber kostbaren Eindruck machten. Antike Holzregale mit Büchern und Folianten gaben einer Ecke des Raums den Anschein einer Bibliothek. Die angrenzende Ecke war mit einem Vorhang abgetrennt. Es war der Ruheplatz, denn Torn konnte durch den nicht ganz geschlossenen Vorhang eine gepolsterte Liege erkennen, über der das gelbe und rotgestreifte Tuch der Flagge des ehemaligen Südvietnam hing. Eine Ecke weiter waren Altartische aufgebaut, auf denen fünf dicke gelbe Kerzen brannten und mehrere Bündel Räucherstäbchen glommen. Auf dem obersten Altartisch stand eine Buddhafigur, daneben hing ein Kruzifix an der Wand.
    In religiösen Angelegenheiten ging der Mann offenbar auf Nummer sicher. Der legendären Cao-Dai-Sekte schien er nicht anzugehören, denn Heiligenbilder von Winston Churchill oder Jeanne d’Arc waren nirgends zu sehen. Auch war die Ausstattung der Residenz trotz allen Pomps dafür nicht kitschig genug. Es hätte auch wenig Sinn gemacht, denn soviel Torn wusste, verbot der Cao-Dai-Glaube ausdrücklich das Töten und lehrte, der Mensch sei von Natur aus gut.
    Das imperiale Ambiente wurde durch einige moderne Errungenschaften ergänzt und gebrochen. Ein überdimensionaler TV-Bildschirm. Ein Videogerät. Eine Musikanlage, und eine umfangreiche Sammlung Videokassetten und CDs. Es war angenehm warm und roch

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