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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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Limousine, gefolgt vom Opel, kurz vor dem Botanischen Garten rechts ab und veranlasste den Taxifahrer zu einem erleichterten Schnaufer.
    „Un ick dachte schon, det jeht imma so weita bis Wannsee.“
    Beim Abbiegen kam das Taxi auf einer Eisplatte zum ersten Mal leicht ins Rutschen, und Farang konnte das Straßenschild „Am Fichtenberg“ gut erkennen, während er von der Fliehkraft gegen die Tür gedrückt wurde und an Schneeketten dachte. Die schmale Straße war schlecht geräumt. Es ging nur noch langsam voran. Erst in der Steigung einer langgezogenen Rechtskurve waren die vorausfahrenden Wagen wieder zu erkennen. Die Bremsleuchten des Opels flackerten auf, und Farangs Fahrer zog das Taxi geistesgegenwärtig in eine Einfahrt mit Schlagbaum und Pförtnerhaus, als habe es sein Ziel erreicht.
    Farang wischte das beschlagene Seitenfenster sauber und hatte gute Sicht auf das Geschehen. Der Opel kam zum Stehen und seine Scheinwerfer erloschen, während weitere hundertfünfzig Meter voraus die Limousine den linken Blinker setzte, abbog und aus dem Blickfeld verschwand. Romy Asbach parkte ihren Wagen halb auf dem Gehsteig, stieg aus und verschwand zwischen immergrünen Büschen hangaufwärts.
    Der Pförtner kam aus seinem Häuschen und deutete kommentarlos auf das Holzschild, das die Einfahrt zum Wirtschaftshof der Botanischen Gärten markierte. Der Taxifahrer ließ die Seitenscheibe runter und rief: „Nua keen Stress, ick wende ja nua“, und der Pförtner verzog sich wieder ins Warme.
    Farang zahlte den Taxifahrer aus, zog die Kapuze über den Kopf und machte sich zu Fuß auf den Weg. Der Pfad, den Romy Asbach genommen hatte, führte durch den Hang einer Grünanlage nach oben. Asche und Splitt mischten sich mit mulmigem Schnee, und er setzte seine Schritte sorgfältig, um nicht auszurutschen. Erneut musste er an Heli denken. Wahrscheinlich, weil er vor nur wenigen Stunden vor ihr aufs Gesicht gefallen war. Das fröhliche Lachen, mit dem sie seinen missglückten Blitzstart als Eissprinter honoriert hatte, gellte ihm jetzt noch im Ohr. Zwar hatte sie sich sofort entschuldigt und hastig etwas von seinem Gesichtsverlust und ihrem Mangel an Feingefühl geplappert, aber ganz so souverän, wie er abgewiegelt hatte, war ihm dabei nicht zumute gewesen.
    Die Frau voraus war nur noch als Schatten zu erkennen. Er hörte Motorgeräusche, drehte sich um und sah das Taxi davonfahren. Für eine Schrecksekunde fürchtete er, der Fahrer könne zum Abschied auf die Hupe drücken, dann entspannte er sich. Sein Blick fiel auf das alte Gemäuer, das über dem geparkten Opel aufragte. Den Giebel zierte ein Steinadler, darunter stand: Kaiser Wilhelm Jubiläumsstiftung des Waisenhauses der französisch reformierten Gemeinde Berlin, 1914 . Hätte der Taxifahrer noch in seinen Diensten gestanden, wäre ihm sicher auch zu diesem Baustil noch etwas eingefallen.
    Farang nahm die Verfolgung wieder auf. Links des Pfades lag eine Rodelbahn, rechts ein verlassener Kinderspielplatz mit rustikalen Balkenkonstruktionen, darunter auch eine Hängebrücke, die wie ein Modell der Brücke über den River Kwai aussah. Weiter voraus gabelte sich der Pfad. Die Asbach hielt sich rechts. Dann blieb sie stehen. Noch bevor sie sich umdrehen konnte, tauchte Farang zwischen den Büschen in Deckung und wartete neben einem Findling ab. Die Lady wandte ihm weiter den Rücken zu, schien lediglich eine Pause einzulegen, um Luft zu holen. Um ihren Kopf waberten weißgraue Atemwölckchen.
    Der Findling war ein Gedenkstein.
    Mit großen Lettern war der Schriftzug RUTH ANDREAS-FRIEDRICH PARK eingraviert. Farang nutzte die Zeit, um im Licht einer alten Gaslaterne auch die kleinere Inschrift zu entziffern.
    RUTH ANDREAS-FRIEDRICH (1901–1977) JOURNALISTIN U. SCHRIFTSTELLERIN
    Mitglied der Widerstandsgruppe
„Onkel Emil“
gegen den Nationalsozialismus
während des zweiten Weltkrieges
    Heli wusste bestimmt, wer das war. Er sah, wie Romy Asbach den Kopf in den Nacken warf und eine Hand zum Mund führte, als schlucke sie eine Tablette. Dann setzte sie sich wieder in Bewegung.
    Er gab seine Deckung auf und passierte eine Gruppe Birken, deren Stämme hell zwischen dunklen Fichten aufleuchteten. Der Pfad ging in eine Treppe über, deren Steinstufen bis auf die Hügelkuppe führten. Er hörte, wie die Asbach nach oben joggte. Dann ein Rascheln im Unterholz und das Knacken trockener Äste. Danach Stille. Vorsichtig bewegte er sich bis zur obersten Stufe und sah sich um. Vor ihm lag

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