Berlin Fidschitown (German Edition)
bevor es Farang gelang, sich ganz auf die Stimmen zu konzentrieren, nahm ihn die Inneneinrichtung gefangen. Sie erinnerte ihn an das Jagdschloss in Bayern, das er bei seinem ersten Besuch in Deutschland besichtigt hatte. Wuchtige Möbel aus deutscher Eiche. Schränke mit diesen kleinen, runden Scheiben, die in der Mitte dicker waren. Metall in allen Spielarten. Kupfer, Messing und handgeschmiedetes Eisen. An den Wänden hingen für die Ewigkeit gerahmte Ölschinken mit röhrenden Hirschen, daneben Geweihe aller Sorten und Größen, ein Eberkopf mit stattlichen Hauern sowie ein ausgestopfter Auerhahn. Regale und Schränke beherbergten eine Zinnsammlung, die, eingeschmolzen, tonnenschwer sein musste. Absoluter Höhepunkt aber war eine Sammlung Kuckucksuhren, die eine ganze Längswand in Anspruch nahm. Farang schätzte, dass mindestens fünfzig verschiedene Modelle dröhnend vor sich hin tickten.
Er setzte sich in einen Ohrensessel, der im Halbdunkel stand, legte die Flinte über die Oberschenkel und versuchte, dem Gespräch im angrenzenden Wintergarten zu folgen. Dass ihm dabei Schneewasser von Hosenbeinen und Schnürstiefeln lief und eine Pfütze auf dem Perserteppich bildete, war ihm unangenehm.
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„Kann ich mich mal setzen“, fragte der Dressman höflich.
„Mir ist lieber, Sie bleiben stehen. Ihr Anzug ist doch bequem genug geschnitten.“
Der Vietnamese lächelte. „Sie trauen mir nicht?“
„Wie klug Sie sind.“
Er strich sich die Seidenkrawatte glatt.
„Sie sollten sparsam mit ihren Bewegungen umgehen. Noch sparsamer!“ Romy Asbach hielt ihre Neunmillimeter ein wenig höher. Die Steyr war ihr privates Stück. Dienstwaffe war out.
„Sie wollen mich doch nicht erschießen?“
„Wollen tu ich vieles nicht.“
„Wegen mir müssen Sie auch nicht“
„Sie ziehen die richtigen Schlüsse aus Ihrer Lage.“
„Ich habe eben eine gute Bildung genossen.“
„Und wo haben Sie Ihr Gutturaldeutsch gelernt?“
„In der Schweiz. Obwohl ich Französisch vorziehe. Aber man spricht dort nun mal drei europäische Verkehrssprachen.“
„Was Sie nicht sagen. Wenn ich mir die bizarre Innenarchitektur ihrer Residenz so angucke, hätte ich eher darauf getippt, sie seien im Schwarzwald aufgewachsen.“
„Sie meinen die Uhren meines Onkels?“
„Sie meinen, Großväterchen sammelt Kuckucksuhren?“
Der Vietnamese nickte.
„Mich wundert gar nichts mehr.“
Der Dressman warf einen vorsichtigen Blick auf seine goldene Armbanduhr.
„Halten Sie die Hände still. Wir haben jede Menge Zeit. Also, ich rekapituliere: Ihr Onkel geht auch am späten Abend seinen Geschäften in irgendeinem seiner Gemüsestände nach. Ihre liebe Frau ist heute Vormittag zum Shopping nach Mailand geflogen, wo man diese dritte Verkehrssprache spricht, die Sie sicher auch beherrschen. Ihre beiden Nachtwächter, die Sie besser gegen ein Paar Wachhunde eintauschen sollten, liegen draußen im Koma. Kampfgänse sollen übrigens auch ganz tauglich sein, wie man aus Asien hört ...“
„Danke für den freundlichen Hinweis.“
„Erschöpfen Sie sich bitte nicht in Höflichkeiten.“ Romy Asbach zwang sich zur Geduld. „Sie sind also wirklich ganz alleine zu Hause?“
„Richtig.“
„Und wo ist Gustav Torn? Wo haben Sie ihn versteckt, im Keller, im Gästehaus? Wo hat er sich verkrochen?“
„Er ist zurzeit nicht erreichbar.“
„Und Sie sind sein Anrufbeantworter.“
„ Unerreichbar wäre noch präziser.“
„Also außer Landes?“
„Das kommt der Wahrheit sehr nahe.“
„Ich bin kein Quizmaster.“
„Es liegt mir fern, Sie abzuqualifizieren.“
„Wie gütig von Ihnen.“
Der Dressman lächelte geduldig.
Einer der Vögel legte einen Frühstart hin. Er krähte Sekundenbruchteile vor dem ersten Glockenschlag. Dann brach die Hölle los. Die restlichen Kuckucksuhren gingen genau und zeigten in einer wahren Kakophonie die volle Stunde an. Der Lärm aus schepperndem Dingdong und nervendem Gezwitscher traf Romy Asbach völlig unvorbereitet und gab dem Dressman eine Chance, die er ohne Rücksicht auf seinen eleganten Anzug nutzte.
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Die ganze Wand explodierte.
Alle Türchen flogen auf, und alle Vögel gaben ihre Vorstellung, während Farang mit offenem Mund und flatterndem Trommelfell im Sessel hockte und die Uhren anstarrte.
Dann besann er sich, sprang auf und stürmte den Wintergarten.
Romy Asbach lag auf den Terrakotakacheln, rappelte sich gerade hoch und kassierte dabei einen Fußtreffer des Vietnamesen. Der
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