Berlin Fidschitown (German Edition)
vertraut.
Jetzt, da sie das Lager mit Le Loi teilte und das Opium seine Wirkung tat, kam es ihr vor, als sei Lac Long Quan, der Herrscher des Wasserreiches, ihr auf dem See erschienen – oder doch wenigstens eine Reinkarnation des gütigen Retters.
44
„Mein Gott, hatte ich einen Hunger.“
Romy Asbach wischte sich den Mund mit der Serviette ab und stieß mit Farang an.
Farang trank ein deutsches Bier vom Fass. Singha war auch in Bangkok nicht sein Geschmack. So groß Berlin auch war, alle Wege führten ihn ins „Sukhothai“. Diesmal saß er an einem Tisch, denn die Deutsche aß nicht gerne im Liegen, wie sie sich ausdrückte.
„Sie haben mir noch nicht erzählt, warum Sie Gustav Torn suchen“, erinnerte sie ihn.
„Er schuldet uns Geld.“
„Uns?“
„Meinem Auftraggeber und mir.“
„Identifizieren Sie sich immer so mit Ihren Arbeitgebern?“
„Wenn der Preis stimmt.“
„Und Sie waren wohl noch nie billig.“
„Woher wissen Sie das?“
Sie lächelte. „Was glauben Sie, was ich in Bangkok getrieben habe? Ich kannte die Akte, die meine Thai-Kollegen damals über Sie führten, in- und auswendig. Sie hatten allerdings nie etwas mit Drogengeschäften zu tun. Deshalb blieb uns auch ein näheres Kennenlernen erspart.“
„Das ist doch ganz positiv.“
„So kann man es auch ausdrücken. Dass Sie drogenfrei waren, ehrt Sie natürlich.“
„Ich bin es noch.“
„Gut so. Trotzdem sind Sie ein schwerer Junge.“
„Ich sehe mich mehr als Mittelgewichtler.“
„So was rechnet sich nicht in Kilogramm.“
„Sondern?“
Romy Asbach trank einen Schluck Singha. „Sie sind das, was man in Ihrer Heimat einen gunman nennt, und zwar einer mit einflussreichen Förderern.“
„Sie schauen sich zu viele Western an. Ich bin kein Killer.“
„Sie arbeiten jedenfalls ohne Lizenz.“
„Ich bin auch kein Privatschnüffler.“
„Sondern?“
„Nennen Sie es, wie Sie wollen. Sie fühlen sich bedroht? Ich beschütze Sie. Sie haben etwas verloren? Ich finde es. Natürlich nur, wenn wir ins Geschäft kommen.“
„Wenn die Kohle stimmt.“
„Und der Auftrag. Ich mache nicht alles.“
„Was ist es denn diesmal? Ich meine, im Einzelnen ...“
Farang sparte sich Lächeln und Antwort.
„Na gut.“ Romy Asbach zuckte mit der Schulter. „Vielleicht haben Sie noch eine Idee, wo Gustav Torn ist. Der Dressman war meine letzte Karte, und ich habe sie verspielt, bevor sie stechen konnte.“
„Stechen ist sehr treffend ausgedrückt.“
„Nehmen Sie mich nur auf den Arm. Ich bin einmal zu spät gekommen, als es um Leben und Tod ging. Das passiert mir nicht nochmal.“
„Ich habe nicht vor, mich über Sie lustig zu machen. Wie ich höre, geht es Ihnen derzeit nicht so gut.“
„Ach? Das wissen Sie auch schon?“ Sie bestellte noch eine Runde Bier.
„Was hat Torn damit zu tun? Warum sind Sie gerade an ihm so brennend interessiert?“
Romy Asbach schnaufte tief durch. „Wie du mir, so ich dir. Sie erzählen mir Ihr Ding, und ich revanchiere mich.“
Er erzählte es ihr in wenigen Sätzen.
Die Bedienung brachte das Bier, und Romy Asbach wartete, bis das Mädchen außer Hörweite war, bevor sie Farang mit einem Schmunzeln taxierte. „Sie sind also als Sozialarbeiter unterwegs. Nur die edelsten Motive. Buddhismus, Aids, mein Gott, das haut richtig rein.“
Farang wartete ruhig auf die Gegenleistung.
Romy Asbach brauchte dafür etwas länger, und vermittelte ihm den Eindruck, lange mit niemandem darüber gesprochen zu haben. Dass sie die Mitarbeiter ihrer Kommission mit in den Sumpf gezogen hatte, schien ihr besonders auf der Seele zu liegen. Sie musste sehr einsam sein. Einsam, alleine und auf sich gestellt. Es machte sie nicht unsympathisch.
„Er ist also ein wichtiger Entlastungszeuge“, fasste er zusammen.
Sie nickte.
„Außerdem arbeiten wir derzeit wohl beide ohne Lizenz. Warum tun wir uns also nicht zusammen?“
Romy Asbach dachte noch über den Vorschlag nach, als Karl-Montri an den Tisch kam und guten Abend sagte. Farang witterte sofort den Artgenossen. Der Kleine war ein Mischling. Während die Frau sich mit dem Jungen unterhielt, studierte Farang die Gesichtszüge des Jungen. So ähnlich hatte er auch mal ausgesehen.
Nachdem Karl-Montri gegangen war, bestätigte Romy Asbach aus ihrer Sicht, was schon Heinz Haller über Eltern und Familienverhältnisse erzählt hatte.
„Ich habe gleich gespürt, dass er ein kleiner Verwandter von mir ist – auch wenn er in Deutschland
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