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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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frisierte Transitpapiere für die Weiterfahrt sind kein Problem. Wenn es ganz hart kommt, besticht man einfach an der Grenze einen Beamten. Pro Laster spart man so etwa zweieinhalb Millionen Mark Einfuhrsteuer.“
    „Das lohnt sich doch richtig.“
    „Kann man wohl sagen.“
    „Und die Polizei?“
    „Als die einfachen Vietnamesen anfingen, mit Zigaretten zu handeln, hat sie oft genug weggesehen, aus Mitleid, denn den armen Fidschis ging es noch dreckiger als den wendegeschädigten Vopos.“
    Er musste nicht nachfragen.
    „Das waren Volkspolizisten“, sagte sie, ohne ihn anzusehen. „Da ging auch schon mal eine Stange von Hand zu Hand, um das gemeinsame Leid zu lindern. Als sich dann die Banden organisierten und klar wurde, wie viel Geld im Spiel ist, wurde der Druck des Fiskus größer, aber richtig wach wurden alle erst, als es Tote gab. Zeitweise stritt ein Dutzend Banden um Standorte und Marktanteile, führte richtig Krieg und schlachtete sich gegenseitig ab. Genickschuss, Massenhinrichtungen, alles im Angebot. Die Banden werden in der Regel nach den Heimatregionen benannt, aus denen ihre Mitglieder stammen, Ngoc Thien, Quang Binh und so weiter. Zeitweise kämpfte das Mittlere Hochland gegen den Norden. Wir bildeten tapfer Sonderkommissionen mit blumigen Namen wie AG Tabak oder Soko Blauer Dunst . Mit zunehmender Ermittlungserkenntnis wurden die Namen sachlicher, wie etwa AG Vietnamesen-Kriminalität. Wir bissen uns an der militärischen Struktur der Banden und Sprach- und Identifizierungsproblemen die Zähne aus. Alle heißen Nguyen oder Tran, also Müller oder Schmidt. Jeder spricht einen anderen exotischen Dialekt. Trotzdem gab es erste Erfolge. Große Siegesmeldungen über die Zerschlagung der Vietnamesenbanden folgten. Ende des Jahres sechsundneunzig feierten einige Traumtänzer schon den Endsieg. Als ob wir hier im Kleinen den Krieg gewonnen hätten, an dem die Amis sich im Großen die Zähne ausgebissen haben.
    Romy Asbach lächelte müde.
    „Unsere Sondereinheiten wurden jedenfalls voreilig aufgelöst. Die folgenden Strafprozesse waren ein Witz. Wenn einer der Gangster erkältet war, wurde das Verfahren sofort unterbrochen und über die Einhaltung der Menschenrechte diskutiert. Die Verständigung zwischen Staatsbeamten, Dolmetschern und Anwälten erinnerte an Babylon ...“
    Für einen Augenblick schien sie den Faden zu verlieren, und ihr Blick bekam etwas Entrücktes. Er konnte sich denken, warum. In diesem Babylon war etwas geschehen, das ihr Schicksal mit dem ihrer Thai-Geliebten verband und Gustav Torn eine Schlüsselrolle zuwies.
    Sie unterdrückte ein Husten. „Außerhalb des Gerichtssaals wuchsen die Banden nach wie Unkraut. Neue Kader wurden rekrutiert. Bosse, die vorsichtshalber über die Grenze nach Tschechien geschlüpft waren, kehrten zurück. Erneut ein paar Kopfschüsse im Wald und ein paar Hinrichtungen in einem Wohnsilo, und die Politiker hatten endlich ein Einsehen, machten mal wieder ein bisschen Geld locker. Und erneut wurden spezielle Arbeitsgruppen der Polizei gebildet – und so weiter und so weiter.“
    Die Energie, mit der Romy Asbach ihre Kippe im Aschenbecher ausdrückte, verdeutlichte ihren Frust.
    „Aber was erzähle ich Ihnen da alles. Schauen Sie sich ein paar Gangsterfilme über die Prohibition in Chicago und Al Capone an. Kommt auf das Gleiche raus. Wir haben es nur nicht so gut im Griff wie Kevin Costner. Es ist immer dasselbe Lied. Es ist wie eine Hydra ...“
    „Eine Hydra?“
    „So ein Fabeltier. Eine neunköpfige Schlange, der die abgeschlagenen Köpfe wieder nachwachsen.“
    „Ich wusste gar nicht, dass solche Sagenwesen hier zu Lande auch existieren. Ich habe immer nur von Wölfen, Fröschen und goldenen Gänsen gelesen.“
    „Aber bitte, so gut, wie Sie Deutsch sprechen, sollten sie wenigstens schon mal was von Siegfried und dem Drachen gehört haben. Die Hydra ist natürlich von Herakles verarztet worden. Wir hätten eine Soko nach dem guten Mann benennen sollen, denn er hat bekanntlich nicht nur mit der Schlange gekämpft, sondern auch den Augias-Stall ausgemistet ...“
    Sie bemerkte seinen ratlosen Gesichtsausdruck.
    „Fragen Sie mich bitte jetzt nicht, wer König Augias ist. Ihr habt eure indischen Hanumänner und wir unsere griechischen Helden. Okay?“
    Farang widersprach nicht.
    „Was unsere vietnamesische Hydra angeht, wird jedenfalls alles noch viel dramatischer ...“
    „Die dritte Welle?“
    „Richtig!“

47
    Es schneite wieder.
    Dem

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