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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D B Blettenberg
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spüren ihm so vertraut war. Sie war seine Muse. Wenn es um die abendliche Entspannung ging, um gehaltvolle Erkenntnis aus den aufgezeichneten Weisheiten der Ahnen, war sie ihm als Gefährtin in den Stunden des Buches und des Opiums unverzichtbar geworden.
    Umso härter traf ihn ihre plötzliche Abwesenheit. Schon beim Präparieren der Elfenbeinpfeife hatte er sich ein Loch in den Seidenmantel gebrannt, und der Band mit den Märchen der Gebrüder Grimm lag unberührt neben ihm auf dem Diwan, als hoffe er immer noch auf das Erscheinen seiner Vorleserin. Er saugte am Mundstück. Es war langweilig, allein zu rauchen. Er zog und paffte und sah der bläulichen Wolke nach, die langsam über seinem Lager aufstieg – doch Befriedigung wollte sich nicht einstellen.
    Das Opium tat nur gepaart mit Haut seine Wirkung. Wenn die Frau ihren Sarong ablegte und sich nackt an ihn schmiegte, überkamen ihn die stolzesten Fantasien. Schlagartig feierte das pralle Leben Wiederauferstehung, wenn er sie nahm, sie besaß, nimmermüde, angestachelt von ihrem Stöhnen, von der Wonne, die er ihr bereitete. Und bevor er von ihr abließ, vergeudete er seinen Samen in ihrem Mund, sah zu, wie sie gehorsam schluckte – denn er, General Xuong, der Oberste Befehlshaber, der wiedergeborene Le Loi, war einzigartig. Er hatte nur noch eine Daseinsberechtigung: dem großen Vorbild nachzueifern und die Erhabenheit ihrer gemeinsamen Erfolge zeitlos wirken zu lassen. Und kein leiblicher Erbe sollte je ihre Leistungen durch Unzulänglichkeit entehren.
    Er hörte das leise Knistern, mit dem die Kerzen den Opiumrauch verzehrten, und starrte mit dem gesunden Auge in die Flammen. Heute würde es nicht einmal eine Massage geben. Wo mochte seine Konkubine sein? War ihr etwas zugestoßen? Oder hatte sie ihn verlassen? War sie geflohen? Er konnte es nicht glauben. Er würde sie suchen lassen und war sicher, sie zu finden – sei es, um ihrer gnädig zu sein und sie wieder zu sich zu nehmen, oder sei es, um sie im Falle des Verrats zu töten. Lustlos griff er zum Märchenbuch, blätterte ziellos darin herum und konsultierte schließlich das Inhaltsverzeichnis.
    Des Herrn und des Teufels Getier .
    Das klang viel versprechend. Er zog noch einmal an der Pfeife und begann zu lesen.
    Gott der Herr hatte alle Tiere erschaffen und sich die Wölfe zu seinen Hunden auserwählt ...
    Unter dem Diwan erklang ein sattes Grunzen, aber der Oberste Befehlshaber ließ sich nicht von seiner Lektüre ablenken. „Ruhig, Mireille!“, befahl er, ohne laut zu werden, und las fasziniert weiter.

57
    Heliane kam ihm entgegen, als er ihre Haustür ansteuerte. Farang war in Gedanken und erkannte sie erst im letzten Moment.
    „So spät noch auf dem Weg zu mir?“ Sie blieb vor ihm stehen. „Das muss ich wohl als Kompliment auffassen.“
    Er lächelte verlegen. „Schade, dass du keine Zeit hast.“
    „Ich muss leider noch einen Krankenbesuch machen und vorher noch eine Currywurst besorgen.“ Sie rückte ihren Rucksack zurecht.
    Farang tat, als sei Helis Spätabendprogramm das normalste der Welt.
    Sie überlegte einen Augenblick. Ihr Atem machte kleine Wölkchen in der polarkalten Luft. Dann sagte sie aufmunternd: „Wenn du möchtest, komm mit. Es dauert nicht lange. Danach können wir ja noch ein Bier trinken.“
    „Gerne.“
    Sie gingen und schlitterten gemeinsam über Schnee und Eisplatten zu einer Bude, über der RÜDIGER’S SCHNELLER IMBISS stand. Der Mann am Grill lachte ihnen entgegen. „Was darf ’s denn sein, meine beiden Hübschen?“
    „Eine doppelte Currywurst mit Pommes frites und Mayonnaise“, orderte Heli.
    „Zum Hieressen oder Einpacken?“
    „Bitte einpacken.“
    Der Mann widmete sich der Zubereitung. Farang sah aufmerksam zu, wie er zwei Würste mit der Zange vom Rost nahm, mit dem Messer zerstückelte und in einen Pappteller gab.
    „Scharf oder normal“, fragte der Mann Heli und griff zum Curry-Streuer.
    „Normal.“
    Der Mann puderte eine dünne Schicht des gelben Pulvers über die Wurststückchen, griff zu einer roten Plastikflasche und bedeckte alles mit großzügigen Kringeln eines Spezial-Ketchups. Dann holte er den Drahtkorb mit den goldfarbenen Kartoffelstäbchen aus dem Ölbad, schüttelte ihn mehrmals und schaufelte eine großzügige Portion Pommes neben die Wurst. Er salzte die Fritten, hievte einen Plastikeimer auf die Theke und löffelte einen satten Schlag Mayonnaise auf die Kartoffeln.
    Farang bemerkte Helis amüsierten Blick.
    „Du schaust

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