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Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)

Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller)

Titel: Berlin Gothic 6: Die versteckte Bedeutung (Thriller) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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von mir, Till. Aber wenn er Lennart nicht einstellt, braucht er mit mir über die Rechte an den Manuskripten meines Vaters gar nicht mehr zu reden.“


     
    Heute
     
    „Sie war die erste. Wir dachten, wir kriegen es bei ihr in den Griff - haben wir aber nicht.“
    Die Frau liegt auf dem Rücken in einem Krankenbett, hechelt mehr, als dass sie atmet. Die Haare kleben nass an der Stirn, auf der Decke liegt eine Hand, die aussieht, als würde sie einer Mumie gehören.
    Der Pfleger, der Butz in das Zimmer gebracht hat, lässt ihn mit der Frau allein. Sie sei zu geschwächt, als dass noch eine Gefahr von ihr ausgehen würde, hat er auf dem Gang zu Butz gesagt, bevor sie das Zimmer betreten haben.
    Butz zieht sich einen Stuhl an das Bett und setzt sich.
    Ihre Pupillen sind auf ihn gerichtet. „Ich werde sterben“, hört er sie flüstern.
    Ja, sie wird sterben. Die Entzündung hat ihr Gehirn längst erreicht.
    „Ich weiß“, sagt er leise. „Es tut mir so leid, Frau Heidt.“
    Merle Heidt.
    Sie hat bei von Quitzow gearbeitet, bei Felix von Quitzow, bei dem auch Henning angestellt war, Bettys Mann.
    „Sie sind von der Polizei?“
    Butz nickt stumm.
    Sie sieht ihn an, scheint nachzudenken.
    „Sie sind eine der ersten, die infiziert wurden, Frau Heidt. Deshalb wollte ich mit Ihnen sprechen. Können Sie mir vielleicht sagen, wie das passiert ist? Wie Sie sich angesteckt haben?“
    Ihre Augen weiten sich ein wenig. „Woher soll ich das wissen? Es kann überall geschehen sein.“
    „Hat Ihr Chef damit etwas zu tun, Frau Heidt? Felix von Quitzow?“
    Als Merle den Namen von Quitzow hört, versucht sie, sich ein wenig aufzurichten. „Wie kommen Sie darauf?“
    Butz muss an Henning denken, der Felix‘ Namen erwähnt an. An Hennings Frau Betty, Claires Schwester.
    „Ist Ihnen während Ihrer Arbeit bei Herrn von Quitzow vielleicht etwas aufgefallen, Frau Heidt? Eine Kleinigkeit, etwas, das aus dem Rahmen fiel?“
    Merles Blick tastet über sein Gesicht. Einen Moment sagt niemand etwas, nur das gleichmäßige Piepen eines Medizin-Apparats erfüllt die Stille.
    „Ich weiß nicht, wer es war“, hört Butz sie plötzlich murmeln, „aber ich habe gehört, wie er mit Felix das erste Mal darüber gesprochen hat. Von der Stimme her ein junger Mann, vielleicht Anfang zwanzig, von denen arbeiten ja einige bei uns.“
    „Worüber gesprochen?“
    „Er war vollkommen außer sich … Erst wollte ich zu den beiden ins Zimmer, aber dann habe ich doch vor der Tür gewartet, weil ich ihnen nicht in die Quere kommen wollte.“ Erschöpft sinkt sie zurück auf ihr Kissen, ringt nach Luft. Allein das Aussprechen der Worte scheint sie bereits zu überanstrengen. „Felix hat den Jungen immer rasender gemacht. Er hat ihm regelrecht ins Gesicht gelacht, aber der Junge wollte sich nicht auslachen lassen! Es war ihm ernst. So ernst, dass ich dachte, er würde mir an die Gurgel springen, wenn ich einen Schritt zu ihnen ins Büro gehen würde.“
    „Und worum ging es zwischen den beiden?“
    „Dass … ich weiß nicht … dass Felix seine eigenen Ideen verraten würde? Ja, genau: dass es Zeit sei, zu dem zurückzukehren, was sie ursprünglich vorgehabt hätten. Dass Felix aus den Augen verloren habe, worum es ihnen eigentlich immer gegangen sei - und dass er, der junge Mann, derjenige sei, das, was Felix begonnen hatte, erst wirklich zu Ende zu führen.“
    Butz lässt sie nicht aus den Augen.
    „‚Merle, hören Sie sich das an‘, hat Felix mir durch die Tür in mein Vorzimmer zugerufen, ‚der Junge redet sich um Kopf und Kragen‘. Ich konnte regelrecht hören, wie dem jungen Mann die Tränen über die Wangen liefen. Er war so verzweifelt, weil er zu allem entschlossen war - und Felix ihn doch nicht für voll nahm.“
    Sie hustet, wendet sich zur Seite, hält sich ihre spindeldürre Hand vor den Mund. Wieder und wieder wird ihr ausgemergelter Leib unter der Bettdecke geschüttelt. Butz steht auf, nimmt einen kleinen, mit Wasser gefüllten Plastikbecher von ihrem Nachttisch und reicht ihn ihr.
    Gierig greift Merle danach und will sich die Flüssigkeit, die sich darin befindet, zwischen die ausgetrockneten Lippen schütten, aber beim Anblick des Wassers packt sie ein heftiges Würgen. Der Becker zerknickt zwischen ihren Fingern, das Wasser tropft auf die Bettdecke. Mit einem jaulenden Laut fällt sie wie eine Katze, die von einem Wagen angefahren worden ist, zurück auf die Matratze. Den Blick starr an die Decke geheftet, als wäre

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