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Berlin liegt im Osten (German Edition)

Berlin liegt im Osten (German Edition)

Titel: Berlin liegt im Osten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nellja Veremej
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laut auf dem Holzboden.
    Die Sonne, die unerwartet durchs Fenster scheint, ist das Erste, was ich am nächsten Morgen wahrnehme. Dann sehe ich Roman an der Tür mit einem raschelnden Füllhorn, das sich mit seinen duftenden Backwaren auf den Frühstückstisch ergießt. Ich arbeite oft auch am Wochenende, aber diesen Samstag bin ich zum Glück frei. Roman allerdings muss um zwölf ins Krankenhaus. Wir reden über seine Arbeit, dann über meine, dann über unsere erste Begegnung im Winter.
    Hast du übrigens damals deinen Handschuh gefunden? Den mit Schneeflocken bestickten?, fragt Roman, während er an einer merkwürdigen Kaffeemaschine herumhantiert, die aus dickbäuchigen alchemistischen Glasgefäßen und Röhren besteht. Die Maschine ist neu, und es macht ihm sichtlich Spaß, sie zu betätigen.
    Welcher Handschuh, was für Schneeflocken?
    Damals, vor dem Schaufenster! Du bist so schnell weggegangen, und er ist da liegen geblieben – grau, mit Schneeflocken bestickt. Ich bin dir sogar gefolgt, aber von wegen! Dann habe ich ihn beim Trödler aufs Fensterbrett gelegt.
    Ich habe ihn gefunden, stell dir vor! – Ich stehe auf und inspiziere das von der Sonne überflutete Zimmer aufs Neue.
    Der Innenhof ist überraschend grün und gemütlich, die weit abstehenden Balkons aus luftigen Metallgittern sind mit Pflanzenbottichen besiedelt.
    So eine sachliche, schlichte Außenfassade und diese hängenden babylonischen Gärten darin! – Ich lege die Hand auf die Klinke der Balkontür.
    Noch Kaffee? – Roman kommt zu mir und zieht mich sanft zurück zum Tisch. Ich habe schon drei Tassen getrunken und zwei abgelehnt – nicht wegen des Kaffees legt Roman seine Hand auf meine Taille, sondern wegen der gurrenden Menschenstimmen auf der benachbarten Terrasse. Als ich dann merke, wie Roman schon zum dritten Mal heimlich auf die Wanduhr schaut, verspüre ich plötzlich den Wunsch, unsichtbar zu sein, die Tür hinter mir laut knallen zu lassen, zu verschwinden – aber nur, um ihn zu verblüffen oder zu bestrafen – oder um ihn zu zwingen, mir hinterherzulaufen. Stattdessen wende ich meinen Blick ebenfalls zur Uhr und verkünde, dass ich los muss.
    Ich bin auch schlecht in der Zeit. – Roman greift nach seinem Handy.
    Na dann, sage ich mit dünner Stimme und gehe ins Schlafzimmer, um meine vom Regenwasser matt und rau gewordenen Schuhe und den Haarreifen vom Boden einzusammeln. Als ich mich aufrichte, stoße ich mit dem Kopf gegen ein Regal, und die schwere steinerne Kugel fällt mir auf den Fuß. – Netsuke: die schwarze Knospe mit einem Baby-Greis im Schoss – Anfang und Ende in einem. Roman läuft mir nach, holt mich aber erst im Korridor ein.
    Es war ein schöner Abend, nicht wahr? – Er umarmt mich, dabei hält er die Eingangstür mit dem Fuß offen, und diese Geste treibt meine bodenlose Verunsicherung ins Unermessliche.
    Wann hören wir voneinander?, flüstere ich sehr leise in seine Achsel, er hört mich aber doch.
    Nicht in den nächsten zwei Wochen. – Ich trenne mich von Roman, um ihn besser zu sehen, und er holt laut Luft. – Ich fahre nämlich übermorgen in den Urlaub, und danach weiß ich nicht … Danach zieht meine Frau aus München hierher zu mir.
    Deine Frau?, frage ich, und an dieser Stelle gelingt es mir doch, meinen Plan zu erfüllen – mit der Tür zu knallen, zu fliehen, unsichtbar zu werden.
    Ich stürze die Treppe hinunter, meine harten Absätze schlagen heftig gegen die Steinstufen: Trommelwirbel. Hagel. Morseappell – Strich, Pause, Punkt, Punkt, Punkt. Und dazwischen Romans unsichere, aber laute Stimme, irgendwo über meinem Kopf hallend: Warte mal, doch, vielleicht …
    Ich renne nicht, laufe aber schnell, so wie man zur ungeliebten Arbeit eilt, die Augen zu Boden gerichtet. Erst als ich den Rosa-Luxemburg Platz überquere, begegne ich dem Blick eines Menschen, des Obdachlosen mit der goldenen Filzmähne. Der Mann sitzt in der Nische vor der Kassenbude mit einem bunten TV-Programm in der Hand und raucht. Er würdigt die Passanten nie eines Blicks, jetzt aber schaut er zu mir hoch und reicht mir sogar seine zerknitterte Zigarettenpackung. Wahrscheinlich, weil das aufgeweichte Maskara meine Tränen schwarz gefärbt hat – das merke ich aber erst später, als ich mein fürchterliches Gesicht in den Scheiben gespiegelt sehe, dahinter Menschen mit teuren modischen Schuhen und Anzügen, Menschen, die zu zweit oder zu dritt auf ihre Bestellung warten.
    In den nächsten Tagen kann niemand (weder die

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