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Berliner Aufklaerung - Roman

Berliner Aufklaerung - Roman

Titel: Berliner Aufklaerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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nicht so verklemmt.« Sie schwang ihre Beine aus dem Bett und tastete sich barfuß zu dem Stuhl, über dem ihr Blazer hing. »Wenn du bloß eine Matratze unter dir willst, dann bleib halt bei deiner verdammten Frau.«
    Petra sagte sich einmal mehr, daß sie Willi nie würde heiraten wollen, auch nicht für den Preis des »Abendroth«.
    Ein Feuerzeug flammte auf, wenige Sekunden später bewegte sich ein glühendes Zigarettenende in Richtung Bett.
    »Petra, bleib mit der Zigarette aus dem Bett. Du weißt genau, daß ich es abstoßend finde, wenn Frauen rauchen. Und im Bett haben Zigaretten schon gar nichts zu suchen.«
    Petra verkroch sich wieder unter dem schweren Federbett. Willis »Zurück-zur-Natur-Kult« mit Bauernmöbeln, Kachelofen und kaltem Wasser war einfach lächerlich. »Da du heute nacht außer rumzunörgeln offensichtlich sowieso nichts mehr vorhast, ist es doch egal, ob du das abstoßend findest oder nicht.«
    Selbst in der Dunkelheit war zu erkennen, daß es um Willis Mundwinkel herum zuckte. »Petra, es reicht. Wenn du hier schon uneingeladen auftauchst, dann machst du auch das, was ich dir sage.«
    Der kleine rote Punkt glühte stärker auf. »Ich dachte, diese Diskussionen hätten wir hinter uns. Mußt du mich immer wieder daran erinnern, daß ich Männer wie dich auf dem Papier schon längst kastriert habe? Ich versuche ja auch, dir nicht ständig unter die Nase zu reiben, daß dein Wochenendverhalten nicht unbedingt mit dem harmoniert, was du die Woche über im Institut erzählst. Wir haben ausgemacht, philosophische
Überzeugungen und Privatleben auseinanderzuhalten, also halt dich daran!«
    »Was heißt hier ›philosophische Überzeugungen‹? Es entspricht meinen intimsten Privatempfindungen, daß ich im Bett rauchende Frauen abstoßend finde.«
    Nach einem weiteren Zug drückte Uhse die Zigarette in dem kleinen Aschenbecher aus, den sie vorhin unter das Kopfende des Bettes gestellt hatte, und räkelte sich. Eigentlich war ihr die Lust vergangen, aber sich mit Willi zu streiten, machte noch weniger Sinn. Außerdem bestand keinerlei Chance, dann anschließend von diesem gottverdammten Ossikaff aus wieder zurück nach Berlin zu kommen. Zärtlich wickelte sie sich eine von Willis silbergrauen Haarsträhnen um den Finger. »Willi, wollen wir uns jetzt die ganze Nacht streiten? Ich finde, wir könnten die Zeit doch wirklich zu was Besserem nutzen.«
    Der Nachbarhund hatte zu heulen aufgehört, es war wieder nur das Plätschern des Flusses zu hören. Die Madonna blickte unberührt, als das Bett unter ihr erneut in Bewegung geriet.
    Petra fand dieses quietschende Holzbett lästig, ihr Futongestell zu Hause ließ alles schweigend über sich ergehen. Auch Hugos Schlafsofa gab sonderbare Laute von sich, anscheinend brauchten Männer diese akustische Verdopplung. Bei Gelegenheit würde sie darüber einmal in Ruhe nachdenken, sicherlich hing es mit dem männlichen Drang zur Potenzvergewisserung zusammen. Wenn sie sich richtig erinnerte, hatte sie nur zwei oder drei Männerbetten erlebt, die nicht gequietscht hatten.
    Befriedigt stellte Willi fest, daß Petra diesmal mit ihren Händen einfach seinen Nacken kraulte. Auf
irgendwelche Extravaganzen im Bett legte er keinen Wert, im Grunde hätte ihm seine Frau auch völlig genügt, aber er hatte Verständnis dafür, daß eine Frau mit Mitte fünfzig sich in die Enthaltsamkeit zurückzog. Petra kam im Bett sicher nur deshalb auf diese abartigen Ideen, weil sie fürchtete, ihre natürliche weibliche Anziehungskraft würde langsam schwinden. Schließlich war sie schon Ende dreißig. Aus seiner Erfahrung konnte Maier-Abendroth sagen, daß die Frauen, je jünger sie waren, sich im Bett desto unverdorbener benahmen.
    Petra mußte sich einmal mehr eingestehen, daß Willi als Liebhaber mindestens ebenso unoriginell war wie als Philosoph. Aber schließlich war das ein allgemeinmännliches Defizit. Hugo hatte sie in den letzten Monaten wenigstens ansatzweise beigebracht, auf die sexuellen Bedürfnisse einer Frau einzugehen. Doch seit Montag war mit ihm gar nichts mehr anzufangen. Petra verstand nicht ganz, wieso Hugo die Sache mit Schreiner derartig mitnahm, aber er hatte ja schon immer paranoide Tendenzen gezeigt.
    Willi sagte sich, daß er so recht besehen eigentlich mit sich zufrieden sein konnte. Sein Organismus arbeitete noch gleichmäßig, andere Männer kamen ab Ende fünfzig sicher schon aus dem Trab. Er mußte aber ebenfalls zugeben, daß die ländliche

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