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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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trinkt einen Schluck Bier und setzt das Glas wieder ab.
    »… In der Berliner Mordserie haben sich die Hinweise verstärkt, dass der in der vergangenen Nacht in einem ausgebrannten Auto gefundene Tote zum weiteren Bekanntenkreis des flüchtigen mutmaßlichen Doppelmörders Lutz Harlass gehörte. Der in dem Wagen festgebundene Mann ist nach Angaben der Polizei bei lebendigem Leib verbrannt worden. Wie inzwischen bekannt wurde, hat der Berliner Generalstaatsanwalt die Leitende Staatsanwältin Dagmar Wohlfrom-Kühn von den Ermittlungen gegen Harlass entbunden, da auch sie möglicherweise Ziel eines Anschlags sein könnte. Die Entscheidung ist von den Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus heftig kritisiert worden …«
    Aber Harlass hört schon nicht mehr zu. Er schlägt noch einmal die Zeitung vom Nachbartisch auf und blättert, bis er gefunden hat, was er sucht – den letzten Satz des einen Artikels:
    »In ihrer Vorstellungsrunde durch die Ortsvereine der Staatspartei wird Dagmar Wohlfrom-Kühn heute, Donnerstag, um 20 Uhr, im Reuter-Forum des Kongresszentrums Spreeufer sprechen. Die Veranstaltung ist öffentlich.«
    Was heißt das?, überlegt Harlass. Dass auch Leute hingehen können, die kein Parteibuch haben. Was sonst?
    K aren hat den blauen Wagen auf dem Wanderparkplatz abgestellt, neben der Hinweistafel mit dem Orientierungsplan für die Wanderwege. Jetzt ist sie dabei, die Wollsocken und Stiefel anzuziehen, die sie im Frühsommer gekauft hat, als Stefan und sie im Jura wandern wollten. Sie steht vor dem Wagen, den einen Fuß auf dem Trittbrett, und ist dabei, die Schnürsenkel festzuziehen, als sie sich plötzlich unsagbar albern vorkommt. Hätte sie sich nicht gleich auch ein Vergrößerungsglas einstecken sollen und eine karierte Mütze aufsetzen wie Sherlock Holmes?
    Unsinn, denkt sie. Der Boden im Wald ist feucht, man kann leicht einsinken, das ist nichts für Straßenschuhe. Sie verknotet die Schnürsenkel, zieht auch die des anderen Stiefels fest und wirft dann doch einen Blick auf ihre Armbanduhr, sie hatte sich mit Tamar für 14 Uhr verabredet, jetzt ist es fünf Minuten davor. Sie hat die Stiefel seit dem Sommer nicht mehr getragen, aber man hat einen guten Halt darin, und die Stiefel drücken auch nicht mehr wie zu Beginn. Das war damals im Sommer ja nicht nur lustig gewesen, manchmal hatte sie gedacht, das ist ja schön, wenn jemand die Berge so liebt wie Stefan, aber wozu braucht er dann noch eine Frau … Braucht er das überhaupt? Sie hatten am Morgen telefoniert, es haben sich weitere Kontakte ergeben, und nun wird Stefan heute Abend doch noch nicht kommen. Ihr sei das recht, hatte sie geantwortet, sie wolle am Abend ohnehin zu einer weiteren Veranstaltung mit der Wohlfrom-Kühn … Es ist kühl, und so zieht sie den gefütterten weißen Anorak an.
    Ein kleines rotes Auto biegt auf den Waldparkplatz ein, wendet, stößt zurück und hält neben ihr. Sie atmet kurz durch, denn dem Wagen entsteigt Tamar – nein, denkt Karen, entsteigen ist nicht das richtige Wort, so eine große Frau und so ein kleines Auto! Irgendwie entfaltet sie sich daraus, wie der Geist aus der Flasche und steht nun vor ihr in Jeans und einem grobgestrickten Rollkragenpullover, kühl und herb wie ein sehr frischer Morgen.
    »Ich freue mich ja sehr, Sie so bald wiederzusehen«, sagt Karen und hebt entschuldigend beide Hände, »es war aber trotzdem nicht meine Idee, dass Sie hier herausfahren müssen …«
    Tamar sagt, dass das kein Problem sei. Karen lässt die Hände wieder sinken, irgendwie ist eine Umarmung nicht angezeigt, also tauschen sie einen kurzen Händedruck. Tamar wendet sich wieder zu ihrem Wagen, holt vom Rücksitz einen grauen Tweed-Sakko und zieht ihn sich an. Beruhigt bemerkt Karen, dass auch die endlos langen Beine in festen, geschnürten Schuhen stecken.
    »Und wohin jetzt?«
    Karen, die ihrer eigenen Erinnerung und vor allem ihrem Orientierungsvermögen misstraut, hat sich vorhin an der Hinweistafel mit den Wegen vertraut gemacht. »Fahren wir?«, fragt sie, aber Tamar will zu Fuß gehen, denn die Durchfahrt ist für Autos gesperrt: »Ich möchte niemand erklären müssen, warum wir da mit einer Karre herumfahren.«
    Also nehmen sie den Weg unter die Füße, es ist nicht ganz einfach, mit jemand Schritt zu halten, der so lange Beine hat, ein Glück, dass sie im Sommer im Jura doch auch lange Wege gegangen ist. Tamar geht schweigend, und Karen weiß nicht, womit sie das Schweigen beenden soll. Es ist

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