Berndorf 07 - Trotzkis Narr
einmal mit ihm über seinen Gewerbeschein unterhalten. Ist er zu der Waffe befragt worden?«
»Ja«, sagt Lena Quist. »Heute Morgen, noch in der Klinik. Er sagt, er habe als Erstes den Notarzt angerufen und dann geholfen, Harlass aus dem Wagen zu heben. Zu diesem Zeitpunkt habe Harlass keine Waffe mehr gehabt. Er selbst, Berndorf, habe dann das Coupé, in dem Harlass gebracht worden sei, zur Seite gefahren, um Platz für den Notarztwagen zu machen. Ob sich in dem Wagen da noch eine Waffe befunden habe, könne er nicht sagen … Er hat mir dann den Schlüsselchip für das Coupé ausgehändigt.« Sie blickt auf. »Ich bin sicher, dass er mir nicht alles gesagt hat.«
»Da können Sie einen drauf fahren lassen, Gnädigste«, sagt Meusebach. »Wenn dieser Kerl behauptet, Harlass habe keine Waffe mehr gehabt, als man ihn aus dem Wagen gehoben habe – dann wette ich mit Ihnen um einen Streuselkuchen, dass das auch die Wahrheit ist. Weil er Harlass nämlich das Schießeisen davor abgenommen hat. Wir sollten Durchsuchungsbefehle beantragen, sowohl für das Anwesen in Crammenow als auch für Wohnung und Büro von diesem Berndorf … Warum hat sich der Berndorf überhaupt dort draußen aufgehalten?«
»Er sagte mir, er und dieser Finklin seien miteinander bekannt«, antwortet Lena Quist und ist schon wieder rot im Gesicht. »Sie hätten sich an dem Abend über Fontane unterhalten und über die Landschaft dort …«
»Fontane, klar doch«, sagt Meusebach. »Der hat Sie auf den Arm genommen!«
»Etwas ist merkwürdig«, fährt Lena Quist fort. »Er behauptet, am Mittwoch hätten nicht nur Polizisten, sondern auch noch andere Leute in Crammenow nach Harlass gesucht, und zwar Leute, über die der Staatsschutz, also LKA Fünf, Bescheid wisse. So ungefähr hat er sich ausgedrückt …«
»Was dieser Mensch ungefähr andeutet, ist präzis so gelogen wie alles andere, was er sagt«, stellt Meusebach fest.
»Es ist aber merkwürdig«, beharrt die Quist, »dass zum Fall Patzert ein Anruf eingegangen ist, ein gewisser Uwe Kappolt sei in dieser Sache Zeuge, und der Staatsschutz könne nähere Angaben dazu machen, es war eine Frau, die aber ihren Namen nicht nennen wollte …«
»Schon wieder!«, unterbricht sie Meusebach. »Die Dame ist offenbar eine Puppe dieses Herrn Berndorf und er ihr Bauchredner …« Er unterbricht sich, ein kurzes sirrendes Vibrieren ist zu hören, Meusebach blickt auf sein Handy, eine SMS ist eingelaufen, und er ruft sie auf:
Können Sie bei mir vorbeikommen? Am besten sofort. Missenpfuhl
Er blickt wieder auf und in die Runde. »Das tut mir jetzt wirklich leid, Kollegen, aber den Schampus müsst ihr ohne mich trinken!«
H intze/Adameit« steht auf dem kupfernen Türschild, in nachgeahmter Schreibschrift graviert. Auf das Klingelzeichen öffnet eine ältere Frau, noch nicht sechzig, eine Schürze umgebunden, die nachlässig frisierten braunen Haare sind an den Wurzeln bereits wieder weiß verfärbt. Sie mustert Berndorf misstrauisch, er erzählt seine Geschichte, die er so nah an der Wahrheit hält, dass es gerade noch unverfänglich klingt. Aber das Gesicht der Frau lässt erkennen, dass sie ihm kein Wort glaubt.
»Eine Baustelle?«, fragt sie, »von der Firma Hintze?«
»Ein Rohbau, meines Wissens nicht von der Firma Hintze erstellt, sondern Herr Hintze – Herr Paul Hintze – muss dort Bauleiter gewesen sein, der Architekt war Herr Professor Carius. In die Baustelle ist eingebrochen worden … « Selbstverständlich sei bei diesen Leuten kein Schadensersatz zu holen, schon deshalb nicht, weil diese Ansprüche alle verjährt seien, aber einer dieser Männer sei damals zuletzt gesehen worden, »möglicherweise haben seine Kumpane etwas mit seinem Verschwinden zu tun …«
Die Augen der Frau mustern ihn, ohne Wohlwollen, aber mit großer Achtsamkeit. »Das mag sein, wie es will, aber hier an der Tür will ich das nicht besprechen«, sagt sie plötzlich, lässt ihn eintreten und geleitet ihn in das kleine Wohnzimmer, ausgefüllt von Fernseher, Couch, Sessel und Glastisch. Er setzt sich in einen Sessel, sie nimmt ihm gegenüber auf der Couch Platz, sehr aufrecht, die Hände im Schoß aufeinandergelegt.
»Sie sind Frau Hintze?«
»Nein.« Sie macht eine kurze Pause. »Haben Sie das Türschild nicht gelesen? Paul und ich, wir sind nicht verheiratet. Wir leben zusammen. Paul ist übrigens bei der Arbeit. Es ist eine große Baustelle, von Kübler und Schockenhoff, es geht um diesen Wohnpark an der
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