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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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ehemaligen Mauer, Sie haben sicher davon gelesen, die Baustelle ist noch nicht winterfest. Aber Sie können mir ruhig sagen, was Sie von ihm wissen wollen. Es wäre sogar besser, ich meine, wenn Sie überhaupt etwas erfahren wollen …«
    »Ich verstehe«, sagt Berndorf. Er versteht, dass die Frau ihn überhaupt nur hereingelassen hat, weil sie der Ansicht ist, dass das Reden besser ihr überlassen wird. »Manchen Menschen ist so übel mitgespielt worden«, fährt er aufs Geradewohl fort, »dass sie überhaupt niemandem mehr trauen.«
    »Dann kennen Sie Paul?«, fragt die Frau, mit einem veränderten Ton in der Stimme. »Nein? Aber Sie haben es getroffen. Als ich ihn kennengelernt habe, da war er wie ein geprügelter Hund, der von niemandem auch nur ein Stück Brot annimmt … Das ist auch kein Wunder, und wenn Sie ihn nach früher fragen, nach der Zeit, als er noch sein eigenes Baugeschäft hatte, da wird er den Vorhang runterlassen, da erfahren Sie gar nichts mehr.«
    »Wann haben Sie ihn kennengelernt?«
    »Ich hab lang bei Kübler und Schockenhoff gearbeitet, in der Buchhaltung, wissen Sie? Bis vor ein paar Monaten, und da hab ich ihn kennengelernt, aber es war ein mühsames Kennenlernen, sag ich Ihnen!« Sie legt den Kopf ein wenig schief, es sieht verlegen aus und sogar ein klein wenig kokett, stellt Berndorf verblüfft fest.
    »Wissen Sie«, fährt sie unvermittelt fort, »so, wie es jetzt ist, können wir ganz zufrieden sein. Da muss nicht auch noch geheiratet werden.«
    Berndorf findet, dass er das nicht kommentieren muss. »Ich habe das richtig verstanden«, fragt er stattdessen, »Sie arbeiten nicht mehr bei Kübler und Schockenhoff?«
    »Nein. Nicht mehr. Alle Jahre gibt es da einen neuen Rationalisierungsschub, und wie sie mir eine Abfindung angeboten haben, habe ich zugestimmt.« Sie hat den Kopf leicht angehoben, und plötzlich zeigt sich ein harter und bitterer Zug in ihrem Gesicht. »Sonst hätten sie in einem halben Jahr etwas inszeniert, dass es ohne Abfindung geht. Bei Paul ist das was anderes. Den ersetzen die nicht so schnell durch einen, der jünger ist und billiger.«
    Berndorf leitet das Gespräch noch einmal zurück zu dem Rohbau nach den Entwürfen des Professors Carius, aber dazu kann Conny Adameit – wie ihr voller Name ist – leider gar nichts sagen. Sie könne ja am Wochenende mit Paul darüber zu reden versuchen, meint sie, aber Berndorf bedauert – er müsse mit ihm selbst sprechen.
    »Na dann versuchen Sie es an der Baustelle«, meint die Frau skeptisch, »vielleicht schaffen Sie es. Wie ein Betrüger sehen Sie immerhin nicht aus.«
    M eusebach hat sich auf eine längere Wartezeit eingerichtet, denn es ist ein eherner Grundsatz jeder Bürokratie, dass Untergebene erst einmal warten müssen. Zu seiner Überraschung wird er sofort vorgelassen, und der Justizsenator muss sich auch nicht erst hinter seinem Schreibtisch hochklappen, sondern steht bereits in voller Größe da, begrüßt ihn mit Handschlag und dirigiert ihn zum Besprechungstisch, an dem bereits ein kleiner schmächtiger Herr mit einer lockigen grauen Haarmähne Platz genommen hat.
    »Sie kennen Professor Dingeldey sicherlich, haben vielleicht auch schon einmal die forensischen Klingen gekreuzt …« Das hat Meusebach nicht, aber der Staatsrechtler Adrian Dingeldey, im Zweitberuf ein bei der Staatsanwaltschaft übel beleumundeter Strafverteidiger, ist ihm ein Begriff. Die beiden Männer tauschen einen flüchtigen Händedruck, dann nehmen auch Meusebach und der Justizsenator Platz. Für einen Augenblick herrscht Schweigen, Missenpfuhl hat sich zurückgelehnt und nimmt zwei Fotografien auf, die vor ihm liegen, betrachtet sie, legt sie wieder zurück … Meusebach versucht, einen Blick auf die Fotografien zu vermeiden, und beginnt, sich unbehaglich zu fühlen.
    »Dies ist«, bricht der Justizsenator schließlich das Schweigen, »ein informelles und vertrauliches Gespräch. Absolut informell, absolut vertraulich. Es wird sozusagen niemals stattgefunden haben.« Dingeldey nickt höflich, Meusebach wartet ab. Die Fotografien zeigen, in starker Vergrößerung, irgendwelche Kennzeichen, die in Metall eingestanzt sind.
    »Vielleicht eine Sachfrage vorab«, Missenpfuhl hat sich an Meusebach gewandt. »Wissen Sie zufällig etwas über den Verbleib der Dienstwaffe des Polizeikommissars Regulski?«
    »Das ist …«, setzt Meusebach an, »nein, das ist mir im Augenblick nicht gegenwärtig.« Er registriert, dass Dingeldey ganz leicht

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