Berndorf 07 - Trotzkis Narr
doch den Gefallen.
»Schön«, sagt er dann. »Was haben die Ermittlungen heute Nacht noch ergeben?« Er blickt um sich und zeigt auf Jörgass.
»Wir haben die Aussagen der beiden Frauen, die von Harlass als Geiseln genommen wurden«, sagt Jörgass, »das heißt, sie wurden von ihm bedroht und genötigt, diese Literaturagentin Claudia Wüllenhorst hat einen ordentlichen Schock erlitten, während Frau Andermatt …« Er runzelt die Stirn und senkt den Kopf. »Das ist die Dame, die wiederholt Frau Staatsanwältin Wohlfrom-Kühn begleitet hat, während also Frau Andermatt ihre Aussage ziemlich … wie soll ich sagen? … ziemlich abweisend und unwillig gemacht hat, sie hat sich offenbar über die Kollegen vom Mobilen Einsatzkommando aufgeregt …« Er blickt fragend zu Meusebach, der kurz die Hand gehoben hat.
»Welche Frau ist das noch mal?«, will der Staatsanwalt wissen. »Und was hat sie mit der Kollegin Wohlfrom-Kühn zu tun?«
»Die Frau Andermatt muss mit der Frau Staatsanwältin näher bekannt sein, ich hab immer gedacht, sie sei eine Referendarin, inzwischen weiß ich, dass sie Journalistin sein muss«, antwortet Jörgass, »jedenfalls war sie gestern Abend ebenfalls im Kongresszentrum dabei und ist so an Harlass geraten, oder er an sie, und sie hat ihn dann auch zu dieser Adresse nach Crammenow im Havelland gefahren …«
»Bauernende Sieben«, ergänzt Lena Quist und versieht auf dem Notizblock, der vor ihr liegt, den Ortsnamen Crammenow mit einem großen Fragezeichen.
»Moment«, unterbricht Meusebach und deutet auf die Kriminalbeamtin Quist. »Hat es da schon früher einen Vorgang gegeben?«
»Jemand, der so aussah wie Harlass«, sagt Lena Quist und ist ein wenig rot geworden, »hat am frühen Montagnachmittag in der Bahnhofsgaststätte Rathenow eine Cola gekauft, ein paar Minuten vor Abfahrt des Zuges nach Crammenow.«
»Und?«
»Frau Quist hat die örtlichen Kollegen gebeten, im Ort nachzufragen«, schaltet sich Keith ein. »Das Ergebnis war negativ. Leider oder Gottseidank, weil wir sonst mindestens einen weiteren toten Kollegen gehabt hätten.«
»Nun ja«, meint Meusebach, »überall können wir nicht mit dem Mobilen Einsatzkommando aufkreuzen … Was hat denn die Befragung von diesem Menschen ergeben, zu dem Harlass wollte?«
»Die gestaltet sich sehr schwierig«, berichtet Jörgass. »Es handelt sich um einen gewissen Finklin, Brutus Finklin, der Mann war aus politischen Gründen in der DDR inhaftiert und behauptet rundheraus, er gäbe der Polizei grundsätzlich keine Auskunft …«
»Ein Neonazi?«
»Nein«, sagt Jörgass. »Eben nicht. Ein Linker. So links, dass ihn sogar Honecker hat einsperren lassen. Immerhin hat er sich mir gegenüber zur Auskunft herabgelassen, dass Harlass – den er angeblich nicht mit Namen kennt – vor Tagen bei ihm erschienen sei und nach Arbeit gefragt habe, Holz hacken oder etwas in dieser Art. Finklin behauptet, er habe ihn weggeschickt und vertröstet, er könne in ein paar Tagen noch einmal vorsprechen, da wolle er selbst im Garten arbeiten und könne einen Helfer brauchen …«
»Das klingt merkwürdig«, sagt Meusebach. »Entweder man hat Arbeit im Garten, oder man hat keine. Fragen Sie bitte nach, was der Staatsschutz über diesen Finklin weiß … Wo ist jetzt aber die Waffe abgeblieben, diese Pistole?«
»Das ist noch merkwürdiger«, sagt Jörgass. »Die Frau Andermatt behauptet, während der Fahrt nach Crammenow habe Harlass sie noch die ganze Zeit in der Hand gehabt. Was danach war, weiß sie angeblich nicht.«
»Und Finklin?«
»Der sagt, er habe sich um den Verletzten gekümmert. Dessen Zustand sei so gewesen, dass er sich nicht darum geschert habe, was in dem Wagen sonst noch so herumliegt. Ihm sei zunächst auch gar nicht klar gewesen, dass die Frau Andermatt bedroht worden sei.«
»Da ist doch noch dieser andere Mann«, sagt Meusebach, »der den Harlass angeblich in die Klinik begleitet hat. Jedenfalls hat er sich dann vor der Intensivstation herumgedrückt, und das noch ziemlich unverschämt …«
»Der Name ist Berndorf«, sagt Keith mit heiserer Stimme und muss sich räuspern. »Ein privater Ermittler. In Mitte, schon halb im Scheunenviertel, hat er ein kleines schäbiges staubiges Büro. Er ist bereits bei Regulskis Beerdigung aufgefallen.«
»Was hat der denn in diesem Fall zu ermitteln?«
»Ich weiß es nicht.« Keiths Stimme klingt plötzlich müde. »Er ist ein Trittbrettfahrer, nehme ich mal an.«
»Dann sollten wir uns
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