Berndorf 07 - Trotzkis Narr
es auch nicht. Mein Steuerberater sagt mir schon lange, dass ich es bleiben lassen soll.«
»Ich muss gestehen – als ich neulich bei Ihnen war, habe ich so etwas schon vermutet.«
»Es war Ihnen anzusehen.«
»Sorry«, sagt Keith und weist auf das sich auftürmende Stahlgerüst. »Reichtümer werden eben woanders und auf andere Weise verdient. Sehen Sie hier – es ist nicht so, dass sich in Berlin nichts bewegt, Geld aus aller Herren Länder wird hier investiert, russische Mafia setzt auf Berliner Immobilien … Griechische Milliardäre, die ihr Vermögen aus dem eigenen Land transferieren, das sie gerade eben in den Bankrott getrieben haben, die legen ihre Beute hier an … Die Spürhunde chinesischer Polit-Funktionäre schnüffeln nach Fundgruben … Ich sollte nicht sagen, Geld aus aller Herren Länder wird hier angelegt, sondern Schwarzgeld aus aller Gesindel Länder … Wundert Sie es, dass mich manchmal Bitterkeit überkommt? Wir rennen hinter dem kleinen Eierdieb her, sind froh und glücklich, wenn wir einen halbverrückten Nachwuchskiller wie diesen Lutz Harlass hinter Schloss und Riegel bringen … Aber die Gauner, Diebe und Räuber im eleganten Nadelstreifenanzug, die den Staat ausplündern und ruinieren und als Geisel für ihre bodenlosen Spekulationen nehmen – von denen bringen wir nicht einen einzigen dorthin, wo er hingehört.«
»Schönes Wort zum Sonntag«, sagt Berndorf.
»Sie haben Einwände?«
»Nein. Ich könnte alles unterschreiben. Nur ist es gerade nicht unser Thema.«
»Sondern? Warum Sie den Maurermeister Paul Hintze besuchen wollen? Bitte sehr – ich höre.«
Berndorf lacht. »Das Thema – nein, mein Thema ist: Wer hat Harlass diese Russenpistole besorgt und ihn dann zu diesem Hallenbad geschickt?«
»Und das wollen Sie vom Maurermeister Paul Hintze erfahren?«
»Sie vergessen, dass ich nicht der Einzige bin, der ihn sprechen will.«
Nun ist es Keith, der lacht. Das heißt, es ist mehr ein verächtliches Schnauben. »Wir müssen nicht um den heißen Brei herumtanzen wie zwei alte Kater. Heute Morgen ist der notorische Linksanwalt Dingeldey beim Justizsenator angetanzt und hat seine Geschichte von den beiden Pistolen vorgebracht, die er von Scotland Yard untersucht haben möchte … Nun ist Dingeldey schon einmal als Ihr Anwalt in Erscheinung getreten, und dass er jetzt wieder aufkreuzt, ist auch kein Zufall, sondern er hat die beiden verdammten Schießeisen von Ihnen bekommen, nah genug an Harlass waren Sie ja dran, um sie ihm abzunehmen. Also Kollege: Sie wollen dem toten Regulski die Hauptschuld an dieser ganzen abscheulichen und widerwärtigen Geschichte in die Schuhe schieben, auch wenn ich nicht weiß und nicht verstehe, warum jemand so etwas tut …«
»Schon mal was von Wahrheitsfindung gehört?«
»Ach, Scheiße«, flucht Keith. »Entschuldigung, Kollege, aber mit solchen Sprüchen sollten Sie mir vom Leib bleiben. Sie haben Regulski im Visier, deswegen wollen Sie jetzt seinen Schwager Hintze aushorchen, ist doch so, und ich, ich bin zwar krankgeschrieben, aber trotzdem muss ich wissen, ob wir irgendwas übersehen haben, ob irgendwas dran ist an den Unterstellungen, die Sie und dieser Dingeldey in Umlauf setzen.«
»Sie irren«, sagt Berndorf sanft. »In einem Punkt irren Sie. Wozu sollte ich einen Toten ins Visier nehmen? Das wäre nicht sehr sportlich.«
»Wen dann?«
»Ich habe Sie im Visier, Kollege. Und das wissen Sie auch. Spätestens seit heute Nacht wissen Sie das.«
»Ah ja?«, macht Keith. »Und wann haben Sie das alles erkannt, als wären Ihnen die Schuppen von den Augen gefallen?«
»Ich sagte doch, seit heute Nacht«, antwortet Berndorf. »Mitten in der Nacht sind Sie in diesem Krankenhaus in Nauen aufgetaucht. Was wollten Sie dort? In der Intensivstation nachsehen, ob die Infusionsschläuche auch fest sitzen?«
»Sie vergessen, dass ich der Leiter einer Sonderkommission bin, die mehrere Morde aufzuklären hat. In dieser Eigenschaft darf es mich wohl doch interessieren, wie es um den Gesundheitszustand und die Vernehmungsfähigkeit von Harlass steht …«
»Eben nicht«, unterbricht ihn Berndorf. »Sie hatten einen Schusswechsel mit Harlass, sind dabei selbst verwundet worden – es ist wider alle Grundsätze rechtsstaatlicher Polizeiarbeit, dass Sie selbst einen Mann vernehmen, mit dem Sie ein privates Hühnchen zu rupfen haben.«
»Haben Sie es nicht eine Nummer kleiner? Ich habe den Mann angeschossen, das ist richtig«, antwortet Keith
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