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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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ausgebreitet liegt, ist das von Schlamm und Tang befreite Skelett, das aus dem Fließ im Spandauer Forst geborgen wurde.
    »Achtunddreißig Jahre, sagten Sie?«, fragt der Gerichtsmediziner Dr. Nowakowski und blickt über den Obduktionstisch zu ihr. »Das könnte hinkommen. Jung war er jedenfalls nicht mehr, aber auch der altersbedingte Verschleiß ist noch nicht allzu ausgeprägt …« Er deutet auf Hüft- und Kniegelenke des Skeletts. »Aber Sie wollten etwas über die Todesursache wissen.« Er geht zum Kopfende und zeichnet mit seinem Schreibstift eine Linie auf dem Totenschädel nach: »Sehen Sie die Bruchlinie?«
    Die Kriminalbeamtin Lena Quist ist ihm gefolgt. Der Riss, der sich über die Schädeldecke bis zum Hinterkopf zieht, ist gut zu erkennen. Ist er daran gestorben? »Aber das ist nicht alles«, fährt Dr. Nowakowski fort. »Hier!« Er steht jetzt neben dem Brustkorb und deutet auf dessen linke Seite, und jetzt sieht auch Lena Quist, dass einige der Rippen eingedrückt sind. Und so folgt sie dem Gerichtsmediziner, der schweigend am Tisch entlanggeht, von einer Bruchstelle zur nächsten.
    »Wie kann das alles passiert sein?«, hört sich Lena Quist fragen.
    »Das ist nicht so ungewöhnlich«, antwortet Dr. Nowakowski. »Können Sie auch haben. Sie brauchen bloß irgendwo vom fünften oder sechsten Stock zu springen.«
    Lena Quist runzelt die Stirn. So muss man nicht reden, denkt sie. »Sind Sie sicher, dass diese Verletzungen von einem Sturz herrühren? Könnte er« – sie deutet auf das Skelett, mit einiger Scheu, als sei die Person des Toten noch immer gegenwärtig – »zum Beispiel bei einem Unfall von einem Auto erfasst worden sein? Oder dass man ihn bei einer Schlägerei so zugerichtet hat?«
    »Angesichts der Entwicklung der Gewaltkriminalität schließe ich inzwischen nichts mehr aus«, antwortet der Gerichtsmediziner. »Trotzdem scheint mir das, was ich hier sehe, charakteristisch für einen Sturz aus großer Höhe, mit einem Aufprall auf der linken Körperseite … Aber ich werde im Obduktionsbericht auf diese Fragen gerne noch genauer eingehen.«
    »Ist es möglich, dass er Selbstmord begangen hat?« Während sie das fragt, überfällt sie der Verdacht, dass das keine sehr intelligente Frage ist.
    »Interessante Frage«, meint der Gerichtsmediziner. »Aber es sind meistens Frauen, die sich durch einen Sprung aus dem Fenster umbringen. Außerdem stellt sich bei einem Selbstmord die Frage, wer ihn dann« – er deutet auf das Skelett – »zu diesem Wasserloch gebracht und dort versenkt hat. Er selbst« – Dr. Nowakowski hebt leicht die Augenbrauen – »wird nach dem Sturz nicht mehr dazu in der Lage gewesen sein, das scheint mir sicher …«
    »Entschuldigung«, sagt Lena Quist und spürt, dass sie schon wieder rot geworden ist, »das war …«
    »Lassen Sie nur, die Frage darf man stellen, aber ich tippe mal darauf, dass er weder selbst gesprungen ist, noch dass es ein Unfall war. Man wird ihn runtergeworfen haben, irgendwo aus einem fünften oder sechsten Stockwerk, schätze ich mal.«
    E s ist Samstagmittag, dennoch wird im Sekretariat der Leitenden Staatsanwältin gearbeitet. »Haben Sie eigentlich auch mal ein freies Wochenende?«, fragt Keith die Sekretärin, bei der er sich anmeldet. »Aber gewiss doch«, kommt die Antwort, »manchmal sind aber besondere Umstände – heute hat sich zum Beispiel das Fernsehen angesagt … Die Frau Staatsanwältin erwartet Sie übrigens bereits.« Sie nimmt den Hörer ihres Telefonapparats auf und gibt eine Kurzwahl ein, der Herr Keith sei jetzt da.
    Dagmar Wohlfrom-Kühn empfängt ihn an der Tür. »Wie geht es Ihrem Arm?«, fragt sie zur Begrüßung und fährt fort, ohne eine Antwort abzuwarten, dass er in seinem Zustand sich – bitte schön! – nicht auf Amtsstuben herumtreiben soll. »An Ihrer Nasenspitze sehe ich es Ihnen an, dass Sie noch mitgenommen sind!«
    Keith widerspricht, er sei heute Morgen beim Arzt gewesen und der sei mit ihm ganz zufrieden. »Ich kann die Kollegen jetzt nicht allein lassen, das müssen Sie doch verstehen!« Das verstehe sie schon, meint die Staatsanwältin, und dann sind sie auch schon am Besprechungstisch und nehmen beide Platz. Die Staatsanwältin fragt, ob sie einen Tee oder einen Kaffee machen soll, aber Keith lehnt dankend ab. Es gebe eigentlich nur zwei Punkte, weshalb er um ein Gespräch gebeten habe, das eine sei diese ärgerliche Geschichte mit dem Anwalt Dingeldey …
    »Er behauptet, er habe zwei Pistolen

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