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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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der Kette prüfen müsste …
    »Kommst du noch mit auf ein Bier?«, fragt einer der beiden, aber der andere muss zu Tanja, die wartet schon. Dann haben die beiden auch schon ihre Räder aufgeschlossen, Harlass sieht ihnen nach, ein Problem weniger!
    Oben an der Treppe stehen plötzlich vier Männer, einer trägt eine Pelzkappe, vielleicht ist er glatzköpfig darunter? Egal, er ist ein großer breitschultriger Kerl und kommt also nicht in Betracht. Harlass spürt einen Anflug von Panik, wie soll er den Richtigen herausfinden? Wenn er wartet, bis einer zu dem Ford geht, ist es womöglich zu spät. Es sind jetzt fünf Männer, die vier anderen scheinen auf den fünften gewartet zu haben, erst jetzt sieht er ihn richtig: ein kleines bebrilltes Männchen, glatzköpfig ist es auch, das sieht er, als es kurz den Hut lüftet, und einen Mantel hat das Männchen an, der geht bis weit über die Knie hinunter. Man ist dabei sich zu verabschieden, zwei der Fünf – der eine groß und schlank, der andere der Kerl mit der Pelzkappe – gehen als erste, der Breitschultrige tippt noch grüßend an die Pelzkappe, und die drei anderen sehen den beiden zu, wie sie den Jaguar ansteuern. Der Fahrer ist der Schlanke, der Kerl mit der Pelzkappe steigt auf der Beifahrerseite ein. Von der Treppe aus winkt man noch einmal zum Abschied, dann leuchten auch schon Scheinwerfer und Rücklichter des Jaguar auf, der Wagen stößt zurück und fährt weg.
    Die drei Männer auf der Treppe sehen zu, wie die Rücklichter um die Kurve verschwinden, und haben noch immer etwas zu besprechen. Aber sie scheinen sich einig zu sein, das Männchen lüftet noch einmal seinen Hut und macht sich auf den Weg, und es ist schon mal die richtige Richtung, die zum dritten Stellplatz vor der Ausfahrt. Harlass steigt auf sein Mountainbike und fährt los, langsam, so dass er den beiden anderen Männern ausweichen kann, die zu ihren Autos gehen. Dann ist Harlass auch schon bei dem alten Ford, auf der Höhe der Fahrerseite stoppt er ab und geht mit beiden Füßen von den Pedalen und greift in seine Lederjacke, genau in dem Augenblick, als das Männchen die Fahrertür aufschließt – noch nicht einmal eine Fernbedienung hat die Rostlaube!
    »Herr Marx, Giselher Marx?«, fragt er, und das Männchen dreht sich um und hat ein rosiges Gesichtchen und seinen Hut in der Hand, weil es ihn abnehmen will, bevor es in das Auto steigt, aber da hält Lutz Harlass ihm auch schon die 446 Viking ins Gesicht und drückt ab, als wäre es eine Bewegung, ein oder zwei Mal drückt er ab, so genau wird er das später nicht mehr wissen, irgendetwas passiert mit dem Gesicht des Männchens, aber auch davon wird Harlass nur die Erinnerung an ein Staunen und ein Nichtverstehen bleiben. So viel kann der Mensch auch gar nicht gleichzeitig verarbeiten und speichern, denn in seinem Rücken erhebt sich Geschrei, das hat er zuerst gar nicht wahrgenommen, vielleicht, weil die Ohren halb taub waren von den Schüssen, aber jetzt hat er keine Zeit mehr, er steckt die Viking zurück ins Halfter und steigt auf das Mountainbike und fällt schier um dabei, denn sein rechter Fuß rutscht vom Pedal, dann findet er doch noch Tritt, irgendwie kommt er aus der Ausfahrt und schafft die Kurve und kann richtig Fahrt aufnehmen. Doch kaum, dass er im Fahrtwind den kalten Schweiß auf seinem Gesicht spürt, meldet sich die Scheiß-Stimme in seinem Kopf und sagt: Aber du hättest ihn sollen in das Knie schießen!
    Halts Maul, denkt Harlass. Wie soll ich ihn ins Knie schießen, wenn er da steht in seinem Mäntelchen? Triff mal einen durch den Mantel in die Kniescheibe, du Klugscheißer!
    D as Zimmer ist dunkel, aber weil Karen keine Vorhänge mag, fällt das vom Regen gedämpfte Licht der Straßenlaterne durchs Fenster auf den Schreibtisch, der eigentlich gar kein Schreibtisch ist, sondern eine Arbeitsplatte auf zwei Trageböcken, und beleuchtet den geschlossenen Laptop und das Telefon und die griffbereite Reihe der Wörterbücher.
    Karen hat sich in den Lehnstuhl zurückgezogen, die Beine auf den Schemel davor hochgelegt. Unter der schrägen Dachwand fühlt sie sich in diesem Zimmer wie in einer Höhle geborgen, mit dem Rechteck des Fensters als Ausstieg in eine andere, von der Dunkelheit ausgesparte Welt. Ausstieg wohin? Als Kind hat sie oft taggeträumt, nachts könne sie aus ihrem Zimmer übers Land fliegen, vielleicht auch in eine andere Zeit. Das ist nichts Besonderes, viele Kinder entdecken ganze Zauberwelten für

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