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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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lieber nichts.
    »Nach dir sucht sie. Und sie wird dich finden. Wenn uns nichts Besseres einfällt.«
    »Wo fahren wir eigentlich hin?«, fragt Harlass.
    »Ich habe eine gute Nachricht für dich«, sagt der Fahrer. »Wir fahren zu einem sicheren Platz.«
    K aren hat versucht, die Staatsanwältin anzurufen, aber es meldet sich nur die sehr formell und amtlich klingende Ansage eines Anrufbeantworters. Aber sie hat die Karte von Dagmar Wohlfrom-Kühn und damit auch deren E-Mail-Adresse, also schreibt sie eine E-Mail, dankt für die Einladung zum Brunch und sagt zu. Sie schickt die E-Mail ab und will das Gerät schon wieder ausschalten, da sieht sie, dass eine Nachricht für sie eingetroffen ist, eine Tamar Wegenast schickt ihr – »im Auftrag von Herrn Berndorf« – ein paar Fotos, »wären Sie so liebenswürdig und würden Sie mir mitteilen, ob es sich bei der abgebildeten Person um die Frau handelt, die Ihnen am vergangenen Freitag gefolgt ist?«
    Sie ruft die Fotos auf, es sind Aufnahmen eines stämmigen bebrillten Geschöpfs mit einem roten aufgebrachten Gesicht, offenkundig nimmt das Geschöpf nicht wahr, dass es fotografiert wird, und zwar aus so kurzer Entfernung, wie Karin ihm gar nicht nahe gekommen ist. Aber es ist diese Frau aus der Friedrichstraße, und eines der Fotos, aus größerer Distanz aufgenommen, zeigt sie in voller Größe und – dam dadi da dam! – in ihren Schnallenschuhen. Karen lacht hell auf, aber ebenso plötzlich, wie das Lachen über sie gekommen ist, bricht dieses Gefühl von Übermut und Belustigung auch schon wieder ab. Das ist doch ein armes Hascherl, warum muss sie sich über so jemanden lustig machen? Vermutlich hat das Hascherl jetzt seine Arbeit verloren, ist das vielleicht ein Spass, wenn jemand um Hartz IV anstehen muss? Und wenn es zehn Mal ein Scheißjob war, anderen Leuten hinterher zu spionieren!
    Draußen hört sie das dezente Klappen des Garagentors. Sie wirft einen Blick auf die Zeitanzeige ihres PC , es ist Zeit für den High Tea. Rasch tippt sie der verehrten Frau Wegenast die Bestätigung, ja, es handelt sich um die fragliche Person, besten Dank für Ihre Bemühungen, hoffentlich lernen wir uns bei Gelegenheit auch noch persönlich kennen.
    Die Haustüre öffnet sich, Karen schickt die Bestätigung ab und schließt das Programm.
    P ock und Pock und Pock. Der Opel ruckelt über einen Fahrweg aus zusammengestoppelten Zementplatten, halb verdeckt vom Laub aus den Baumkronen, deren jetzt kahles Gezweig den Nachmittagshimmel mit einem Gitter überzieht. Hertha BSC liegt in Braunschweig 0:1 zurück, das wird wohl nichts mehr heute. Als ihn Harlass darum bat, hat der Fahrer das Autoradio eingeschaltet, das war doch nett von ihm?
    Wenn die Leute nett zu einem sind, dann wird es gefährlich. Das heißt, gefährlich war es schon die ganze Zeit. Das hat Harlass schon gewusst, als der Streifenwagen einfach weitergefahren war. Gewusst, aber nicht begriffen. Begriffen hat er erst, als der Fahrer sich auf die Autobahn einordnete und dabei nach links schaute, mit einer halben Körperwendung, so dass Harlass plötzlich das Schulterhalfter unterm Sakko sah und den Pistolengriff darin.
    Da ist es ihm so richtig reingefahren. Warum eigentlich? Dass einer, der mit Russenknarren dealt, vielleicht selber eine trägt, das braucht keinen zu wundern. Wenn das aber einer ist, der den Streifenwagen einfach so weiterwinken kann, haut ab, ihr da! Ich hab anderes zu tun. Wenn das so einer ist, dann sieht die Sache vielleicht anders aus.
    Pock. Pock. Pock. Freistoß für die Eintracht. Unter den Bäumen spiegelt ein Gewässer blaugrau das letzte Licht des Nachmittags. Rechts davon eine Hütte, nein: nur ein Unterstand mit einer Bank darin. Der Freistoß geht weit am Berliner Tor vorbei. Der Fahrer schaltet einen Gang runter und steuert den Platz vor dem Unterstand an. Wenn diese Ecke hier für die gute Nachricht steht, was ist dann die schlechte?
    Der Fahrer stoppt. Gang raus. Zündung aus. Ersten Gang eingelegt. Handbremse angezogen. Er wendet sich zu Harlass.
    »Da sind wir.« Er nickt ihm zu. Ruhig, väterlich. Die eine Hand geht zum Sicherheitsgurt, um ihn zu lösen.
    Das ist der Augenblick, auf den Harlass gewartet hat.
    D ie italienische Lampe ist herabgedimmt, Teelicht und Kerzen werfen spielerische Schatten. Karen mag dieses Zwielicht, und sie mag es, in dieser Stimmung Stefan anzusehen. Er hat – Stopp! Sie muss ihren Mann nicht beschreiben. Nicht jetzt. Sie mag sein Gesicht. Das muss

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