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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Antwort.
    »Mich«, fährt er fort, »mich hätten sie abkassiert, wenn ich da gestanden hätte. Gnadenlos.«
    Wieder nur Schweigen. Und weil also nichts weiter zu sagen ist, schaut Harlass auf die Straße, gerade im Augenblick fahren sie über die Spree, das ist die Richtung, die auch zum Ostbahnhof führt. Und vor dem Ostbahnhof in die Holzmarktstraße. Er atmet scharf ein. Das kann der doch nicht tun. Der als Allerletzter.
    Der Opel biegt nicht ab, sondern fährt geradeaus weiter.
    »Nervös geworden?«, fragt der Fahrer. Reden kann er also doch.
    »Wieso nervös?«
    »Nun ja«, fährt der Mann fort, »es war gestern dein erstes Mal. Da ist einer noch nicht ganz so cool.«
    Harlass schweigt. Er kennt die Masche, seit er sich erinnern kann. Erst kommen die Fragen. Erst freundlich. Aber hinterhältig. Danach geht die Brüllerei los. Aber damit kann ihn keiner mehr beeindrucken.
    »Trotzdem hätte ich gern gewusst, warum du den Auftrag nicht ausgeführt hast.«
    »Keine Nachrichten gehört?« Harlass gibt sich Mühe, die Frage gelangweilt klingen zu lassen.
    »Oha!«, sagt der Fahrer. »Man ist stolz! Hört Nachrichten, ob man darin vorkommt!« Dann muss der Kerl schniefen und putzt sich unterm Fahren mit der linken Hand geräuschvoll die Nase. »So!«, sagt er dann und wischt sich den Zinken ab. »Jetzt hätte ich aber wirklich gerne eine Auskunft.«
    Frag du nur, denkt Harlass.
    »Du musst nicht mit mir reden«, sagt der Fahrer nach einer Weile. »Mit mir doch nicht. Nur ich – ich muss dich auf ein oder zwei Probleme aufmerksam machen, die sich seit gestern Abend aufgetan haben. Kleine Probleme für einen Mann, der so wichtig ist, dass man nur die Nachrichten einschalten muss, um von ihm zu hören, aber doch …«
    »Erstens«, sagt Harlass und spürt in sich plötzlich wieder die Wut, die in ihm aufsteigen kann wie eine Flut, die alles andere mit sich reißt, »erstens hat der gestern gar nicht unter den Bäumen geparkt. Sondern vor dem Hallenbad. Das war ausgeleuchtet wie mit Scheinwerfern. Und zweitens hat er einen Mantel angehabt. Wie soll ich ihn da in die Knie treffen? Das, das soll mir mal einer sagen!«
    Für eine Weile kehrt wieder Schweigen ein. Sie fahren durch die Stadt. Halten an Ampeln. Fahren weiter. Es ist später Vormittag an einem Samstag, es gibt kein Bundesligaspiel und keinen Staatsbesuch und keinen Stau. Der Himmel ist bedeckt. Aber es regnet nicht.
    »In Ausreden bist du nicht schlecht«, sagt der Fahrer plötzlich. »Nur helfen in deiner Situation Ausreden nicht mehr viel. Du bist sechsundzwanzig Jahre alt?«
    »Warum fragen Sie das, wenn Sie es wissen?«
    »Weil es wichtig ist. Weil es bedeutet, dass du lebenslang in den Knast fährst, wenn sie dich erwischen. Mit besonderer Schwere der Schuld, heißt das dann im Urteil. Im Klartext sind das mindestens achtzehn Jahre.«
    Harlass sagt nichts. Du und der andere — ihr könnt das nicht tun, denkt er. Ihr hängt doch selber mit drin.
    »Übrigens brauchst du dir nicht einzubilden, du könntest dem Gericht irgendwas von irgendwelchen Großen Unbekannten erzählen. Nichts mögen sie bei Gericht weniger als Geschichten über Große Unbekannte. Aber das ist noch gar nicht das Schlimmste.«
    Worte, alles Worte!, denkt Harlass. Auf einmal kannst du reden wie ein Fahrlehrer, aber bis ich frag, was das Schlimmste sein soll, da kannst du lang warten.
    »Ich verstehe«, fährt der Mann fort, »das lässt dich alles kalt. Da stehst du drüber. Da fragst du erst gar nicht nach. Trotzdem muss ich dir etwas erklären. Hör gut zu! Jemandem die Kniescheiben entzweizuschießen, das ist eine Warnung. Eine allerletzte Warnung. Kannst du folgen?«
    »Ja«, sagt Harlass, »ich höre Ihnen zu und kann Ihnen folgen. Aber Sie könnten auch mal zum Punkt kommen.«
    »Und weißt du, von wem eine solche Warnung kommt?«
    »Sagen Sie es mir«, antwortet Harlass, und unterm Antworten fällt ihm doch noch etwas ein. »Von der Mafia oder so.«
    »Von der Mafia oder so! Bingo. Wir machen Fortschritte. Und wenn du getan hättest, was wir dir aufgetragen haben, dann würde die Polizei jetzt was tun?«
    »Spielen wir hier Schule?« Die Wut ist immer noch da. Und immer noch kurz vorm Überkochen. »Ich muss mir nicht deren Kopf zerbrechen.«
    »Solltest du aber. Nach einem Mafioso würde die Polizei jetzt suchen, also nach einem Russen oder nach einem Katzelmacher oder einem Libanesen! Das tut sie jetzt aber nicht. Weißt du, nach wem sie jetzt suchen wird?«
    Harlass sagt

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