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Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Berndorf 07 - Trotzkis Narr

Titel: Berndorf 07 - Trotzkis Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Kurzgedichte vor. Und liest.
    Japanische Kurzgedichte – Haikus – sind für das innere Auge gedacht. Dafür, einen Augenblick verweilen zu lassen. Kühl kehrt der Buddha/mir den Rücken zu/So verbirgt er sein Lächeln … Das ist es dann schon. Man kann nachdenken dazu und träumen. Eines sollte man dabei eigentlich nicht: nebenher einen Seitenspiegel im Auge behalten, damit man sieht, wer in ein Haus hineingeht oder herauskommt. Wenn sie das nächste Mal einen der merkwürdigen Aufträge Berndorfs annimmt, wird sie ein Sudoku-Heft mitnehmen.
    Merkwürdig, ja doch. Es ist später Samstagvormittag. Kein anständiges Unternehmen zitiert seine Mitarbeiter zu dieser Zeit zu einer Arbeitsbesprechung. Ist Meunier & Kadritzke ein anständiges Unternehmen? Auf der anderen Seite – wenn bei dem Auftrag des wichtigsten, des vielleicht einzigen Kunden eine Sache schiefläuft, dann ist bei jedem Unternehmen Feuer unter dem Dach. Selbst wenn es sich um einen vergleichsweise nebensächlichen Auftrag des Kunden handelt, um eine Petitesse … Im Seitenspiegel sieht sie, dass sich das Haustor öffnet. Ein Paar kommt heraus, der Mann in grauer Windbluse, die Frau im Mantel, dann bleiben sie kurz stehen.
    Als Tamar aus ihrem Wagen gestiegen ist, die Handtasche unterm Arm, haben sich die beiden schon voneinander verabschiedet, also ist es doch kein Paar, der Mann geht die Straße abwärts, die Frau kommt Tamar entgegen, ihr Gesicht ist gerötet, und sie ist in sich gekehrt, ganz bestimmt will sie nicht angesprochen werden, doch das hat Tamar gar nicht vor, sie geht an der Frau vorbei, und die kleine schlaue japanische Kamera wird aus ihrem Versteck in der Handtasche heraus fotografieren, was sie zu fotografieren hat.
    I m Kassenraum brennt Licht, aber die Glastür zum Eingangsbereich öffnet sich nicht. Ein Zettel hängt an der Tür, mit dickem Filzschreiber beschriftet:
    »Hallenbad und Sauna vorübergehend geschlossen! Danke für Ihr Verständnis!«
    »Dass ich nicht lache«, sagt der Mann im knallbunten Trainingsanzug, pink und grün, die Sporttasche umgehängt, »danke für ihr Verständnis! Eine Frechheit, wenn Sie mich fragen. Denen ist doch jeder Vorwand recht, wenn sie nur nicht arbeiten müssen.«
    »Ich versteh das auch nicht«, sagt Berndorf, der sich eingefunden hat, als wäre es ein Zufall, und irgendwie hat auch er eine Sporttasche umgehängt, »ich hab mir extra im Internet die Öffnungszeiten rausgesucht.«
    »Ja«, sagt der Knallbunte, »da hat es eine Schießerei gegeben, aber dahinten auf dem Parkplatz, und einen aus der Beamten-Clique hat es erwischt, schlimm, aber das ist doch kein Grund.« Hinter der Glasscheibe, im Hintergrund des Eingangsbereichs ist eine Bewegung zu erkennen, irgendjemand in einem weißen Kittel läuft auf und ab und tut so, als ob er was zu tun hat, und der Mann im Trainingsanzug klopft an die Glastür und schlägt mit der flachen Hand dagegen und schreit, wann man denn verdammt noch mal öffne und warum man nicht wenigstens hinschreiben kann, wie lange das Bad geschlossen bleibt. Und weil er nicht aufhört damit, wird der Mann im weißen Kittel doch aufmerksam, zeigt zur Seite und geht in den Kassenraum und hantiert an einem Mikrofon. Berndorf versteht und geht zu einem Türlautsprecher links von der Glastür, aus dem sich eine blecherne Stimme meldet:
    »Bad und Sauna sind leider bis einschließlich Montag geschlossen, Anweisung der Polizei, Näheres müssten Sie dort erfragen.«
    »Warum das denn?«, widerspricht der Mann im Trainingsanzug, »der Typ hat doch draußen rumgeschossen, hinten auf dem Parkplatz, deswegen muss man doch das Bad nicht dichtmachen …«
    Das geht noch eine Weile hin und her, der Mann im Kassenraum beruft sich auf die Polizei, der Mann draußen auf den gesunden Menschenverstand, dann zuckt er schließlich die Achseln, hebt grüßend oder abschätzig die Hand und wendet sich zum Gehen. Berndorf schließt sich ihm an.
    »Kannten Sie den Toten?«
    »Kennen ist zu viel gesagt«, kommt die Antwort, »aber ich weiß, wer es war. Jeden Freitagabend war die Sauna für ihn reserviert, für ihn und seine Clique, die anderen Gäste mussten Punkt zwanzig Uhr verschwunden sein. Glauben Sie, unsereins könnte sich eine städtische Sauna für Freitagabend reservieren lassen? Für jeden Freitagabend im Jahr? Glauben Sie das? Das kann nur einer, der selbst in der Verwaltung hockt.«
    »Es war eine Clique von Beamten, sagten Sie?«
    Der Mann in seinem Trainingsanzug hebt die linke

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