Berndorf 07 - Trotzkis Narr
»Nicht viel mehr als in dieser Zeitung steht. Oder würden Sie es für einen konkreten Hinweis halten, dass der tote Senatsangestellte Marcks Erstausgaben gesammelt hat?«
Statt einer Antwort wirft Tamar einen Blick zur Decke.
»Oder dass Regulski sonst immer das Fahrrad genommen hat, wenn er mal keine Überstunden schieben musste? Und dann aufs Land gefahren ist?«
»Regulski – wer?«
»Polizeihauptkommissar Jonas Regulski«, antwortet Berndorf. »Jonas R-Punkt. Der Tote vom Spandauer Forst.«
»Sie erzählen mir nicht, dass Sie auf Ihre alten Tage unter die Hacker gegangen sind und den Polizeifunk abhören?«
»Ich hab einen Kaffee getrunken«, räumt Berndorf ein. »Im Stehcafé in der Nähe vom Revier Mitte. Das mit dem Fahrrad wäre mir auch so eingefallen. Ich hatte schon mal mit ihm zu tun.«
»Sie waren befreundet?«
»Das hätte der Tote sehr merkwürdig gefunden, wenn ich das behaupten würde.« Er blickt auf. »Was schauen Sie so?«
»Seit wann trinken Sie morgens Kaffee?«, fragt Tamar. »Und welchen Grund haben Sie, das in einem Stehcafé in der Nähe eines Polizeireviers zu tun?«
Berndorf zuckt die Achseln. »Hat sich so ergeben.«
»Sie sind also der Ansicht«, fasst Tamar zusammen, »dass mit diesem toten Polizisten etwas nicht stimmt. Und schon haben Sie zu recherchieren begonnen. Gnadenlos. Im Stehcafé. Ich – ich hätte vielleicht herausgefunden, wo die Zuckerdose steht. Aber Sie! Und wie geht es jetzt weiter?«
Berndorf wendet sich zu seinem Laptop, dessen Bildschirm aufgeschlagen ist, und holt ihn aus dem Stand-by-Status. »Haben Sie schon mal von der Arbeitsgemeinschaft Offene Polizei gehört? Oder war das vor Ihrer Zeit?«
»Ich denke, die gibt es gar nicht mehr?«
»Aber die Leute sind noch da«, meint Berndorf und gibt einen Suchbefehl ein.
F ichte lässt sich glatt durchschlagen. Meistens. Wenn es nicht ein Klotz ist mit einem Ansatz von einem Ast. Bei Kiefer hast du das oft. Und Buche ist ganz schlecht. Jedenfalls die Scheite hier. Knorrig und durchwachsen. Harlass fährt sich über die Stirn. Die ist ganz nass. Und mal ist es ihm heiß und dann wieder kalt und elend. Und schlucken kann er auch nicht. Quatsch. Natürlich kann er trocken schlucken. Nur tut es weh.
Er setzt die Axt ab. Zwei Häufen Holz, ein großer und ein kleiner. Vielleicht macht er zu viel und spaltet die Scheiter zu klein. Jedenfalls will der große Haufen nicht kleiner und der kleine nicht größer werden. Und das alles für zwanzig Euro und vielleicht einen Teller Polackensuppe! Wenn er sich nur etwas hinsetzen könnte oder, noch besser, unter eine warme Decke kriechen … Plötzlich merkt er, dass ihn jemand beobachtet. Er blickt auf, am Eingang des Schuppens steht der graubraune Hund, es ist ein kleiner Hund, der für einen kleinen Hund aber irgendwie zu breit ist, mit spitzer Schnauze und Ohren, die nicht spitz sind und auch nicht bloß hängen, sondern geknickt sind, außerdem ist das Fell getigert.
»Geh weg, du hässliches Tier«, sagt Harlass. »Ich kann Hunde nicht leiden.« Der Hund, der ihn mit erhobenem Kopf betrachtet, zieht plötzlich die Lefzen hoch und knurrt, leise, aber sehr entschlossen. Harlass überlegt, ob er einfach ein Holzscheit nehmen soll. Aber er ist viel zu matt, sich auch nur zu bücken.
»Platz!«, befiehlt eine Stimme, und der Hund hört auf zu knurren, dann legt er sich, die Vorderpfoten ausgestreckt, nieder und äugt zu dem Mann hoch, der jetzt neben ihm im Eingang des Schuppens steht. Der Mann ist nicht besonders groß, aber ziemlich kompakt, mit eisengrauem, störrisch hochstehendem Haar und eisengrauem Schnäuzer. »Das sieht nicht aus, als ob du das schon oft gemacht hättest. Was hast du denn im Knast für Arbeit gehabt? Da klebt man doch keine Tüten mehr?«
»Schreinerei«, antwortet Harlass. Das muss als Antwort reichen. Mehr bringt er nicht heraus.
»Hätt ich mir denken können«, meint der Mann. »Es hat sich also nichts geändert. Hab auch so meine Erfahrungen, musst du wissen … ’tschuldigung, aber unter alten Knastbrüdern duzt man sich … gib mal her!« Umstandslos nimmt er die Axt, wuchtet einen Knubben Buchenholz auf den Spaltblock, rückt ihn sich zurecht, verstaut seine Brille in der Innentasche seiner Lederweste, hält noch einen Augenblick inne und schaut nach seinem Hund, der sich aber in diesem Augenblick still und leise entfernt … Dann schlägt er mit der Axt zu, es sieht gar nicht einmal so wuchtig aus, die Axt bleibt auch
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