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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel
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ihn ursprünglich in die Eifel gelockt hatten. Die Liebe hatte leider nur kurze Zeit geglüht; einziges Erinnerungsstück war ein Ring in Form eines sich in den Schwanz beißenden Drachens am Ohr des Erzählers geblieben. Und während Salvatore beobachtete, wie das rubinrote Auge des Drachen immer wieder tückisch aufglänzte, befürchtete er, dass sich die Finanz-Management-Gesellschaft, die der rührige Rudi gegründet hatte, nicht unbedingt als langlebiger erweisen würde als die
amore
. Die eine Hälfte der Eifeler besaß kein Geld, um es anzulegen, und die andere war viel zu vorsichtig, um es ausgerechnet zwei wildfremden Männern anzuvertrauen ...
    Doch jetzt konnten die beiden Bayern hochzufrieden sein, denn endlich redeten die Leute in der Kneipe mal über etwas anderes als die Formel Eins. Über den Unfall, nämlich.
    In Gruppen pilgerten sie vom Schankraum nach draußen, starrten die aprikosenfarbene Wand des Pizzamare an, von der äußerst dekorativ der Putz abgesprungen war und kehrten in ehrfürchtigem Schweigen zurück. Aus Pietätsgründen – und auch ein bisschen des Umsatzes wegen, denn Vater und Bruder des Todesfahrers gehörten zu seinen besten Kunden – hängte Salvatore ein Kreuz über die Theke und dekorierte es mit schwarzem Krepp. Und statt der Caprifischer sang er das
Ave verum Corpus
, auf Latein, was kein Mensch verstand, aber einen ausgezeichneten Eindruck machte.
    Rudi und Max rückten in den Mittelpunkt des Interesses, denn sie hatten durch Zufall als Einzige beobachtet, wie es passiert war.
    Natürlich war er sturzbesoffen gewesen, der verhinderte Rennfahrer! Hatte die Kurve zu spät bemerkt, beziehungsweise in seinem Zustand einfach vergessen, dass sie existierte. Und während Rudi aufsprang und Arme und Beine verrenkte, um möglichst anschaulich zu demonstrieren, wie der Unglücksfahrer gegen das Haus geflogen war, hörte Salvatore plötzlich, wie Max leise in sein Bitburger murmelte: »Warum musste es grade ihn erwischen, diesen armen Hund? Warum nicht – einen anderen? Jemanden, der es mehr verdient hätte?« Und zur Überraschung des Italieners wanderte der Blick des Bayern wie von ungefähr zu Rudi, der sich, meisterhaft gespielte Agonie in der Miene, jetzt vor der Theke auf dem Boden wälzte, bestaunt von seinem bewundernden Publikum.
    Nur drei Tage später wurde – kaum zehn Meter vom Pizzamare entfernt – die Katze Mercedes überfahren. Platt und schmutzig wie ein vergessenes Stück Fell trocknete sie einen halben Tag auf dem Asphalt vor sich hin, ehe Salvatore sie seiner Kundschaft zuliebe dezent mit einem Besen in den Straßengraben beförderte. Und ihr Besitzer, der Schrotthändler Michels, begoss ihr Dahinscheiden so gründlich, dass er anschließend die Trierer Straße mit dem Nürburgring und sich selbst mit Schumi verwechselte. Bis ihm die Polizei den Führerschein nahm. Wogegen er sich so grimmig zur Wehr setzte, dass er den kläglichen Rest der Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringen musste und am nächsten Tag ein beneidenswertes Repertoire neuer Schimpfwörter mit heimbrachte.
    Wie um die Dreierserie zu komplettieren, stolperte bald darauf auch noch die alte Körner, die sich erst vor einem Jahr die rechte Hüfte hatte richten lassen, fast genau an der Katzen-Todesstelle und brach sich den linken Oberschenkelhals. Bis der Krankenwagen mit Blaulicht und Sirene heransauste, schrie die stocktaube Alte ihren herbeigeeilten Nachbarinnen Anweisung um Anweisung zu, wie ihre diversen Blumenstöcke zu versorgen seien, und die Nachbarinnen brüllten Trostworte zurück.
    Nun hatten die Dauner plötzlich mehr zu reden als sonst in drei Jahren. Und, der menschlichen Natur entsprechend, machten sie von der Möglichkeit ausgiebig Gebrauch. Vor allem abends. Im Pizzamare, bei Calzone und Margarita, bei Bitburger oder Viez. Nicht genug konnten sie sich wundern über diese außergewöhnliche Unglücksserie.
    »Jonas!«, grunzte Salvatore, als er Max das eigens für den in punkto Bier überaus heiklen Bayern angeschaffte Löwenbräu an den Tisch brachte.
    Rudi starrte den Italiener verständnislos an, aber Max kapierte sofort. »Du meinst – hier?! An Land?« Skeptisch hob er eine Augenbraue, rückte aber trotzdem zur Seite, damit der alte Pizzabäcker sich neben ihn setzen konnte.
    »Jonasse«, erklärte Salvatore mit erhobenem Zeigefinger, »Jonasse gibt’s überall!«
    Und weil Max immer noch reichlich ungläubig dreinschaute, holte der Italiener tief Luft und begann zu

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