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Berndorf, Jacques (Hrsg)

Berndorf, Jacques (Hrsg)

Titel: Berndorf, Jacques (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel
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Schiffskatze, der Küchenjunge, ein Passagier oder gar der Kapitän. Jeder kann’s sein, und bis man’s rausfindet ...«
    Rudi nahm einen tiefen Schluck. »Du kannst nicht im Ernst glauben«, sagte er, »dass die Eifelvulkane nach Tausenden von Jahren nur deshalb ausbrechen werden, weil kürzlich ein Besoffener und eine Katze ihre Leben ausgehaucht haben und einer tattrigen Alten die Knochen gesplittert sind?!«
    »Bei Jonas ist alles möglich ...!«
    »Und wie kriegt man raus, wer der Jonas ist?«
    »Intuitiv ... Rein intuitiv ... Irgendwann merkt mal halt, wer das Unglück anzieht wie der Nordpol die Kompassnadel ...«
    »Und wenn man es weiß? Was meinte Salvatore damit, dass sein Bruder und er den Vulkanausbruch hätten verhindern können? Gibt es eine Jonas-Entschärfung, eine Art Teufelsaustreibung?«
    »Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, einen Jonas zu stoppen ...«, sagte Max schwer. Und während Rudi vergnügt den Rest seines Whiskys kippte, kristallisierte sich der Gedanke, den Max im Pizzaschuppen nur wie durch Nebel als vage Silhouette hatte aufschimmern sehen, plötzlich kristallklar heraus: Denn Max wusste hundertpro, wer sein ganz persönlicher Jonas war!
    Angefangen hatte es in der Schulzeit. Als Rudi in Mathe bei ihm abguckte und der Lehrer Max die Sechs verpasste, weil er glaubte, es sei andersherum gewesen. In der Jugend ging es dann immer so weiter, zum Beispiel, als Rudi dem Kumpel den einzigen verbliebenen Gummi am Herrenklo wegschnappte, um mit dem Mädel zu schlafen, das Max zu jener Zeit nur von fern anzuhimmeln wagte. Und als Susi später, trotz des missglückten Auftakts, Max heiratete, hatte Rudi wenig Skrupel – oder zumindest keine, die er nicht hätte überwinden können – regelmäßig mit Max’ Frau in die Kiste zu hüpfen.
    Was Max erst ein Jahrzehnt später erfuhr, als Susi alle beide verließ, um mit einem brasilianischen Surflehrer durchzubrennen. Und somit war Rudi auch am Verlust von Max’ Kapitänspatent nicht unschuldig, denn an genau diesem Tag schüttete sich Max bis zur halben Besinnungslosigkeit zu, ehe er auf die Brücke schwankte. Bis heute wusste er nicht, ob er die Angeber-Yacht mit den Barbusigen aus Versehen gerammt hatte oder nicht vielleicht doch mit Absicht – aus Wut auf Susi, die mit den Reizen ihrer Brust allzu wenig gegeizt hatte. Und nachdem ihn der Unfall Bootspatent und Job gekostet hatte, musste er sich noch glücklich schätzen, in Rudis neuer Firma als Kompagnon unterkommen zu dürfen. Eingestellt hätte einen Suffkopf wie ihn doch sonst keiner mehr ...
    In dieser Nacht konnte Max nicht schlafen, wälzte sich unruhig auf der Matratze. Nach der hundertdreißigsten Rolle von rechts nach links und zurück stand er auf und trat ans Fenster. Vulkaneifel. Wann waren die Feuerberge, die sich hier dicht an dicht reihten, das letzte Mal ausgebrochen? Vor zehntausend Jahren etwa, erinnerte er sich gehört zu haben. Er stellte sich vor, wie plötzlich die Erdkruste von neuem brach, Feuer und Steinbrocken in die Luft geschleudert wurden, hoch hinauf, noch höher, wie orangefarbene Flammen in den Himmel schossen, durchsetzt mit giftigen, alles vernichtenden Gasen. Wie sie panisch um ihr Leben rannten: Rudi, Salvatore und er selbst! Atemlos. Schreiend vor Angst. Keuchend in einem fast undurchsichtigen Regen aus Bims und Asche. Er sah den Steinbrocken – die Lavabombe – herabfallen, ein Riesending, das für einen Moment sogar den gruseligen Feuerschein hinter ihnen verdunkelte. Und sah Salvatore, wie dessen alte und doch kräftige Arme zustießen, um die Eifel vor noch Schlimmerem zu retten! Ein Körper strauchelte, wurde zermalmt von glutheißem Gestein ... Ein Jonas.
    Salvatore. Der schon einen Jonas ‘ausgeschaltet’ hatte, um seine Heimatstadt Neapel vor einer Vulkankatastrophe zu bewahren. Der es vermutlich wieder wagen würde, für sein neues Zuhause in den Eifelbergen ...
    Die nächsten Abende brütete Rudi über den Finanzen seiner Pleitegesellschaft, die eine derartige Aufmerksamkeit gar nicht verdienten, während Max immer mehr Zeit mit Salvatore im Pizzamare verbrachte, wo die beiden sich unter dem Schutz des plärrenden Radios mit sorgenvollen Mienen berieten.
    »Du hast Recht«, flüsterte Max. »Wir müssen etwas unternehmen! Bevor die Eifel untergeht ...«
    »Leicht wird das nicht!«, prophezeite Salvatore düster. »Ein Jonas, das weißt du so gut wie ich, zieht das Unglück an, und je näher man ihm ist, desto mehr ist man selbst in

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