Berndorf, Jacques (Hrsg)
Gefahr ...«
»... in den letzten Tagen deutlich erhöhte seismische Aktivität festgestellt ...« plapperte der Radiosprecher, und Max’ Kopf fuhr hoch, ebenso wie der des Italieners.
»Hörst du? Es geht los!« Salvatore bekreuzigte sich, blankes Entsetzen in den dunklen Augen. »Die Feuerberge! Der Jonas hat sie aufgeweckt! Genau wie damals, bei uns, der Hafenmeister
a muntagna!
« Sein sonnengebräuntes Gesicht schien regelrecht zu verblassen; die blutleeren Lippen bebten.
»... besteht tatsächlich Gefahr, dass die schlafenden Vulkane der Eifel zu neuem Leben erwachen? Mehr darüber nach ein bisschen Musik!«, verkündete der Sprecher sensationsfreudig.
Salvatores Hände zitterten, als wollten sie das nächste Erdbeben einüben, und schaudernd drehte der Italiener das Radio ab. Seine Linke presste sich auf seine Brust, durch die plötzlich heftiger Schmerz schoss, und er stöhnte laut ...
Als Max nach Hause zurückstolperte, trug er eine flache Schachtel mit einer lecker belegten Pizza Capricciosa mit sich, eine Spezialanfertigung Salvatores, als Geschenk für Rudi. Unglücklicherweise hatte der einen ersten potenziellen Kunden aufgetrieben, mit diesem im
Dorfbrunnen
dicke Steaks gespeist, auf Kosten der Firma selbstverständlich, und verfütterte die Pizza ohne Max’ Wissen an den Rottweiler der Nachbarin. Am anderen Morgen fand die betagte Besitzerin ihren armen Cäsar tot auf dem Wohnzimmerteppich.
Da die alte Dame mit einem Schock ins Krankenhaus spediert wurde und sämtliche Nachbarn heilfroh waren, den ewig kläffenden Mistköter für alle Zeit los zu sein, landete das Vieh zu Max’ und Salvatores Erleichterung ohne peinliche Fragen flugs in der Tierkörperverbrennung ...
»Da siehst du!«, flüsterte Salvatore, als die Verschwörer sich hinter seinem Haus trafen. »Ein Jonas ist nicht so leicht loszuwerden!«
»An Bord eines Schiffes wäre es einfacher«, brummte Max. »Da gibt man dem Kerl eins über die Rübe, dann ein rascher Schubs und ...«
Zwei Tage später saßen sie zu dritt in einem großen Ruderboot, das auf dem Totenmaar gemächlich vor sich hinschaukelte. Um fünf Uhr morgens, weil da, wie Salvatore dem ungläubigen Rudi erklärt hatte, die Fische am besten bissen. Angesichts der Qual, so früh aus dem Bett zu müssen, bereute Rudi längst, jemals in die illegale Angler-Lehrstunde eingewilligt zu haben. Trotzdem, und sei es nur aus Langeweile, gab er sich zumindest anfangs Mühe, spähte in das schwarze Wasser hinab, als müsse er jeden Fisch erst eingehend betrachten, ehe er ihm einen Wurm zumutete.
Max und Salvatore verständigten sich durch einen verstohlenen Blick, schwangen jeder kraftvoll ein Ruder durch die Luft ... und die hölzernen Stangen krachten anstatt auf den Kopf des Opfers in der Luft darüber zusammen!
Rudi wirbelte herum, fast zu Tode erschrocken. Als er die verdatterten Mienen seiner Angellehrer sah, fing er sich wieder und lachte: »Was spielt ihr jetzt? Schwertkampf für Ex-Kapitäne? Ist das auch irgendein geheimnisvoller Zauber, wie eure Jonas-Geschichten?«
Er setzte sich wieder aufrecht hin, schüttelte den Kopf: »Wenn hier einer ein Jonas ist, dann er!« Und er stieß den Finger leicht gegen Max’ Brust. »Ich mag wetten, nur wegen ihm laufen mir alle Weiber spätestens nach einem Jahr davon, und die Euro verdampfen von meinem Konto wie durch Magie!«
Salvatores Blick glitt erst zu Max, und dann hinüber zum nächsten Hügel, über dem eine dunkle Wolke hing, die fast aussah wie eine Aschesäule ...
Eher lustlos warfen die drei Männer weiter ihre Angeln aus, und obwohl das Maar laut Tourismusbüro von Fischen wimmeln musste – Zander, Karpfen, Schleien – biss kein einziger an. Salvatore murmelte etwas von »Jonas« und seine Miene verdüsterte sich zur Gewitterfront.
Rudi schleuderte als erster frustriert die Rute beiseite. »Weckt mich, wenn die Fische dumm genug geworden sind, um nach euren mickrigen Würmern zu schnappen«, sagte er, streckte sich auf dem Bootsboden aus und war tatsächlich in Nullkommanichts weggeschlafen.
Was für eine Gelegenheit. Max schnappte sich das riesige Angelmesser, reichte es Salvatore hinüber, weil dieser günstiger saß, und sah zu, wie sich die dürre Hand des Italieners um den Hartholzgriff schloss ...
Es war Schwerstarbeit, Rudi mitsamt den Steinen, die Salvatore in den Angeleimern eingeschmuggelt hatte, über Bord zu wuchten. Zumindest, sagte Max, bekäme der langjährige Kumpan so eine würdige
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