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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Büro. Eine Messinglampe hing von einem der Deckenbalken. In der Fensterecke stand ein langes Walnußsofa und daneben die große Bronzefigur eines nackten Mädchens von der Art, die aussah, als habe das Modell einen schlimmen Unfall mit einer Kreissäge gehabt. An den getäfelten Wänden befanden sich weitere Kunstwerke, doch sie glichen eher jenen, die sich in Lehrbüchern für Hebammen finden.
    Der Rote Dieter, die Ärmel des schwarzen Hemdes aufgekrempelt, den Kragen geöffnet, stand vom grünen Ledersofa auf und schnippte seine Zigarette in den Kamin. Er warf einen Blick auf Six, dann auf mich und schien unsicher, ob er freundlich oder mürrisch gucken sollte. Er hatte keine Zeit, sich zu entscheiden. Six ging auf ihn los und packte ihn bei der Kehle.
    «Um Himmels willen, was haben Sie mit ihr gemacht? » Aus einer Zimmerecke kam mir ein Mann zur Hilfe, jeder von uns ergriff einen Arm des alten Mannes, und wir zerrten ihn weg.
    «Langsam, langsam!» schrie der Rote. Er strich seine Jacke glatt und versuchte seinen verständlichen Ärger zu unterdrücken. Dann blickte er an sich herunter, als wolle er nachprüfen, daß seine Würde nicht gelitten hatte.
    Six schrie weiter: «Meine Tochter, was haben Sie mit meiner Tochter gemacht?»
    Helfferich runzelte die Stirn und warf mir einen spöttischen Blick zu. «Verdammt noch mal, wovon redet der überhaupt? »

    «Die zwei Leute, die Ihre Jungens gestern aus dem Strandhaus entführt haben », sagte ich mit Nachdruck. «Was haben Sie mit ihnen gemacht? Hören Sie, es ist jetzt nicht die Zeit für Erklärungen, aber das Mädchen ist seine Tochter.»
    Er sah mich ungläubig an. «Sie meinen, daß sie überhaupt nicht tot ist?» fragte er.
    «Kommen Sie schon, Mann», sagte ich.
    Der Rote Dieter fluchte, sein Gesicht verdunkelte sich wie eine erlöschende Gaslampe, seine Lippen zitterten, als habe er gerade auf Glassplittern gekaut. Eine dünne, blaue Ader zog sich über seine eckige Stirn wie eine Efeuranke über eine Ziegelmauer. Er deutete auf Six.
    «Behaltet ihn hier », knurrte er und bahnte sich wie ein wütender Ringer durch die Männer den Weg nach draußen. «Wenn das einer von Ihren Tricks ist, Gunther, werde ich persönlich aus Ihrer verdammten Nase Fleischsalat machen.»
    «Ich bin doch nicht blöde. Aber zufällig gibt es da etwas, das mich verwirrt.»
    An der Vordertür blieb er stehen und starrte mich an. Sein Gesicht war vor Zorn blutrot, fast purpurn. «Und was ist das?»
    «Ich hatte ein Mädchen, das für mich gearbeitet hat.
    Heißt Inge Lorenz. Sie ist aus der Umgebung des Strandhauses am Wannsee verschwunden, bevor Ihre Jungens mir den Kopf tätschelten.»
    « Und warum fragen Sie ausgerechnet mich? »
    «Sie haben bereits zwei Leute entführt, also dürfte eine dritte Person, die Sie unterwegs einsackten, Ihr Gewissen nicht sehr belasten.»
    Der Rote Dieter spuckte mir beinahe ins Gesicht. «Was soll dieser verdammte Blödsinn?» sagte er und ging hinaus.
    Als wir vor dem Gasthaus waren, eilte ich hinter ihm her auf eines der Bootshäuser zu. Ein Mann kam heraus, der sich die Hose zuknöpfte. Er mißverstand den entschlossenen Schritt seines Chefs und grinste.
    «Wolln Se ihr auch einen verpassen, Chef?»
    Der Rote ging auf den Mann zu, blickte ihn eine Sekunde verständnislos an und schlug ihm hart in den Magen. «Halt dein blödes Maul», brüllte er und brach durch die Tür des Bootshauses. Ich trat über den Mann hinweg, der keuchend am Boden lag, und folgte dem Roten ins Innere.
    Ich sah ein langes Gestell, auf dem ein paar Achter lagen und an das ein Mann gebunden war, der bis zu den Hüften nackt war. Sein Kopf hing herunter, und sein Hals und seine Schultern wiesen zahlreiche Brandwunden auf. Ich schätzte, daß es Haupthändler war, obwohl ich beim Näherkommen sah, daß sein Gesicht nicht mehr zu erkennen war, so schlimm hatte man ihn zugerichtet. Zwei Männer standen untätig daneben, ohne auf ihren Gefangenen zu achten. Sie rauchten Zigaretten, und einer trug einen Schlagring.
    «Wo ist das verdammte Mädchen?» schrie der Rote. Einer von Haupthändlers Folterknechten deutete mit dem Daumen über seine Schulter.
    «Nebenan, mein Bruder ist bei ihr.»
    «He, Chef», sagte der andere Mann. «Dieser Penner will immer noch nicht reden. Sollen wir ihn weiter bearbeiten? » «Laßt den armen Hund zufrieden», knurrte er. «Er weiß nichts.»
    Im angrenzenden Boothaus war es fast dunkel, und unsere Augen brauchten ein paar Sekunden, bis sie

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