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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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eine Rechnung über 25 Mark, adressiert an Hauptsturmführer Pfarr. Ich stieß einen Pfiff aus.
    « Pa ul Pfarr war also ein schwarzer Engel.»
    «Das hätte ich nie geglaubt», sagte Frau Schmidt.
    «Sie meinen, Sie haben ihn diese Uniform nie tragen sehen?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich habe sie noch nicht mal in seinem Kleiderschrank hängen sehen.»
    «Sei's drum.» Ich war nicht sicher, ob ich ihr das glauben sollte oder nicht, doch ich konnte mir keinen Grund denken, warum sie in diesem Punkt lügen sollte. Es war für Anwälte«Deutsche» Anwälte, die für das Reich arbeiteten - nicht ungewöhnlich, Mitglied der SS zu sein: Man konnte sich vorstellen, daß er seine Uniform nur bei offiziellen Anlässen trug.
    Jetzt sah Frau Schmidt verwirrt aus. «Ich wollte Sie noch fragen, wie das Feuer ausbrach.»
    Ich dachte kurz nach und beschloß, ihr ohne Schmus die reine Wahrheit zu sagen, in der Hoffnung, daß der Schock sie davon abhalten würde, unangenehme Fragen zu stellen, die ich nicht beantworten konnte.
    «Es war Brandstiftung», sagte ich ruhig. «Sie wurden beide ermordet.» Ihr Kinn fiel herunter wie eine Katzenklappe, und ihre Augen wurden abermals feucht, als habe sie Zug bekommen.
    «Gütiger Gott», keuchte sie. «Wie schrecklich! Wer könnte so etwas tun? »
    «Das ist eine gute Frage », erwiderte ich. «Wissen Sie, ob einer der beiden Feinde hatte?» Sie seufzte tief und schüttelte dann den Kopf. «Haben Sie je mit angehört, daß einer der beiden mit einer dritten Person stritt? Am Telefon viel leicht? Jemand an der Haustür? Etwas in der Art.» Sie schüttelte abermals den Kopf.
    «Augenblick», sagte sie leise. «Ja, da war einmal etwas, vor ein paar Monaten. Ich hörte, wie sich Herr Pfarr in seinem Arbeitszimmer mit jemandem stritt. Es ging ziemlich hitzig zu, und ich kann Ihnen sagen, einige der Ausdrücke, die sie benutzten, waren nichts für die Ohren anständiger Leute. Sie stritten über Politik. Herr Six sagte ein paar schreckliche Sachen über den Führer, die ... »
    « Sagten Sie, Herr Six? »
    «Ja», erwiderte sie. «Er war der andere Mann. Nach einer Weile kam er, krebsrot im Gesicht, aus dem Arbeitszimmer gestürmt und verschwand durch die Tür. Rannte mich dabei beinahe über den Haufen.»
    « Können Sie sich daran erinnern, worüber sonst noch gesprochen wurde?»
    « Bloß daran, daß einer dem anderen die Schuld gab, er
    versuche ihn zu ruinieren.»
    « Wo war Frau Pfarr, als das passierte?»
    « Sie war fort, zu einer ihrer Kuren, denke ich.»
    « Ich danke Ihnen», sagte ich. « Sie sind eine große Hilfe gewesen. Und jetzt muß ich zurück zum Alexanderplatz.» Ich wandte mich zur Tür.
    «Entschuldigung», sagte Frau Schmidt. Sie zeigte auf die Schachtel des Schneiders. «Was soll ich mit Herrn Pfarrs Uniform machen? »
    « Schicken Sie sie», sagte ich, ein paar Markstücke auf den Tisch legend, « an Reichsführer-SS Himmler, Prinz-Albrecht-Straße 9.»

    4
    Die Simeonstraße ist bloß ein paar Straßen von der Neuenburger Straße entfernt, doch wenn den Fenstern in der Neuenburger ein neuer Anstrich fehlt, so fehlen ihnen hier die Scheiben. Diese Gegend ein armes Viertel zu nennen hieße etwa soviel, als würde man von joseph Goebbels sagen, er hätte Schwierigkeiten, Schuhe in seiner Größe zu finden.
    Fünf oder sechs Stockwerke hohe Mietskasernen umschlossen den schmalen Krokodilsrücken des Kopfsteinpflasters wie zwei Granatklippen, die nur durch die zwischen ihnen gespannten Wäscheleinen miteinander verbunden waren. Mürrische junge Burschen, jeder eine Selbstgedrehte im Mund, die heruntergebrannt von den dünnen Lippen hing wie die Kotspur eines gelangweilten Goldfisches, belagerten die schartigen Ecken düsterer Gassen und blickten gleichgültig auf die Meute rotznasiger Kinder, die über das Pflaster sprangen und hüpften. Die Kinder spielten lärmend, ohne auf die Anwesenheit dieser Älteren zu achten, und sie nahmen weder von den grob hingeschmierten Hakenkreuzen, Hämmern und Sicheln, den Dogmen, welche die Älteren trennten, noch von den üblichen Schweinereien Notiz, welche die Hausmauern bedeckten. Unter dem Niveau der unratbedeckten Straßen und im Schatten der Häuser, welche die Sonne verfinsterten, lagen die Kellerräume, wo sich die kleinen Läden und Büros befanden, die das Viertel versorgten.
    Nicht, daß es da viel zu versorgen gab. In einer Gegend wie dieser gibt es kein Geld, und für die meisten dieser Firmen ist das Geschäft beinahe so

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