Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
kann, wenn sie sehen, daß er dieses Blatt abonniert hat.»
« Sehr schlau von ihm. Funktioniert's?» «Ich schätze. Fragen Sie ihn besser selbst.» « Das werde ich vielleicht tun.»
Im Büro des Chefs gab es nicht viel zu sehen. Überquerte man einen Teppich-Ozean, gelangte man zu einem grauen Stahlsafe, der früher ein kleines Schlachtschiff gewesen war, und zu einem panzergroßen Schreibtisch mit einer Platte, die mit dunklem Leder bezogen war. Auf dem Tisch befand sich sehr wenig, ausgenommen ein Rechteck aus Filz, auf dem ein Rubin lag, der groß genug war, den Lieblingselefanten eines Maharadschas zu schmücken, und Jeschonneks Füße mit makellosen weißen Gamaschen; er zog sie unter den Tisch, als ich eintrat.
Gert Jeschonnek sah aus wie ein kräftiger Eber, mit kleinen Schweinsäuglein, sonnengebräunter Haut und einem braunen, kurzgeschorenen Bart. Er trug einen hellgrauen Zweireiher, für den er zehn Jahre zu alt war; am Revers prangte ein Parteiabzeichen. Er hatte sich mit Veilchenwasser übergossen wie mit einem Insektenvertilgungsmittel.
« Herr Gunther», sagte er strahlend und stand einen Augenblick fast stramm. Dann kam er quer durch das Zimmer, um mich zu begrüßen. Eine purpurrote Metzgerhand schüttelte die meine, die weiße Flecken aufwies, als ich losließ. Er mußte Sirup statt Blut in den Adern gehabt haben. Er lächelte ein süßliches Lächeln und warf dann über meine Schulter seinem blutarmen Sekretär, der gerade die Tür schließen wollte, einen Blick zu und sagte: « Helmut. Eine Kanne von Ihrem besten starken Kaffee, bitte. Zwei Tassen und ein bißchen dalli.» Er sprach schnell und akzentuiert und schlug gleichsam mit der Hand den Takt dazu, wie ein Lehrer für Redetechnik. Er führte mich hinüber zum Schreibtisch und zum Rubin, der mich wohl auf dieselbe Weise beeindrucken sollte wie der Stürmer seine jüdischen Kunden. Ich gab mich gleichgültig, aber Jeschonnek wollte auf seine kleine Vorführung nicht verzichten. Er hielt den Rubin zwischen seinen dicken Fingern ins Licht und grinste widerlich.
« Ein außerordentlich schöner Cabochon-Rubin », sagte er. «Gefällt er Ihnen? »
· « Rot ist nicht meine Farbe», erwiderte ich. « Paßt nicht zu meinem Haar.» Er lachte, wickelte den Rubin in ein Samttuch und verstaute ihn wieder in seinem Safe. Ich nahm in einem großen Armsessel vor seinem Schreibtisch Platz.
« Ich suche ein Diamanthalsband », sagte ich. Er setzte sich hinter den Schreibtisch. « Nun, Herr Gunther, ich bin der anerkannte Experte für Diamanten.» Er machte eine kurze ruckartige Kopfbewegung, wie ein stolzes Rennpferd, und mich traf eine kräftige Duftwolke.
« Wirklich?» sagte ich.
« Ich zweifle, ob es in Berlin jemanden gibt, der so viel über Diamanten weiß wie ich.» Er schob sein Stoppelkinn vor, als fordere er mich heraus, ihm zu widersprechen. Mir wurde beinahe übel.
« Ich freue mich, das zu hören», sagte ich. Der Sekretär brachte den Kaffee, und Jeschonnek sah ihm unzufrieden nach, als der junge Mann hinaustrippelte.
« Ich kann mich nicht daran gewöhnen, einen männlichen Sekretär zu haben », sagte er. « Natürlich ist mir klar, der rechte Platz für eine Frau sind Haus und Familie, aber ich habe nun mal eine ausgesprochene Vorliebe für Frauen, Herr Gunther.»
«Ich würde lieber einen Partner nehmen, bevor ich einen Sekretär einstellen würde», sagte ich. Er lächelte höflich. «Also, wie ich höre, wollen Sie einen Diamanten erwer-
ben? »
« Mehrere», verbesserte ich ihn. «Verstehe. Ungefaßt oder gefaßt? »
«Eigentlich versuche ich, ein bestimmtes Stück aufzuspüren, das meinem Klienten gestohlen wurde», erklärte ich und reichte ihm meine Karte. Er starrte sie an, ohne eine Miene zu verziehen. «Ein Halsband, um genau zu sein. Ich habe hier ein Foto.» Ich zog ein weiteres Foto der Six-Diamanten aus der Tasche und legte es auf den Tisch.
«Großartig », sagte er.
«Jeder Baguette hat ein Karat», sagte ich.
« Richtig», sagte er. «Aber ich sehe nicht, wie ich Ihnen helfen kann, Herr Gunther.»
« Sollte der Dieb versuchen, Ihnen das Halsband anzubieten, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich verständigen würden. Natürlich gibt es eine nennenswerte Belohnung. Ich bin von meinem Klienten bevollmächtigt, für die Wiederbeschaffung 25 Prozent des Versicherungswertes anzubieten, ohne daß Fragen gestellt werden.»
«Darf man den Namen Ihres Klienten erfahren, Herr Gunther? »
Ich zögerte.
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