Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr

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Schinken und dicke Bohnen und trank ein paar Biere. Entweder verstand Jeschonnek nichts von Diamanten, oder er hatte etwas zu verbergen. Als ich ihm erzählte, das Halsband stamme aus Indien, hätte er erkennen müssen, daß es von Cartier angefertigt war. Nicht nur das: Er hatte mir nicht widersprochen, als ich die Steine unzutreffend als Baguettes bezeichnete. Baguettes sind rechteckig oder länglich und haben gerade Kanten; Six' Halsband dagegen bestand aus runden Diamanten. Und dann war da noch das Gewicht; ich hatte gesagt, jeder der Steine habe ein Karat, wo sie doch unverkennbar um das Vielfache schwerer waren.
    Es war nicht viel, um damit weiterzumachen; und irren kann sich jeder: Es ist unmöglich, die Sache immer am richtigen Ende anzufangen. Aber dennoch: Ich hatte so ein Gefühl in der Magengrube, daß ich Jeschonnek noch einmal würde besuchen müssen.

    8
    Nachdem ich das Restaurant Pschorr verlassen hatte, ging ich ins Haus Vaterland, in dem sich nicht nur das Kino befand, wo ich mit Bruno Stahlecker verabredet war, sondern das auch eine fast unendliche Anzahl von Bars und Cafes beherbergte. Bei den Touristen ist das Haus Vaterland sehr beliebt, aber für meinen Geschmack ist es zu altmodisch: die großen, häßlichen Säle, der silbrige Anstrich, die Bars mit ihren rollenden Miniatureisenbahnen und Wasserfällen; das alles gehört zu einer verstaubten, alten europäischen Welt der mechanischen Spielzeuge, Va rietes, Muskelmänner in Trikots und dressierten Kanarienvögel. Ungewöhnlich ist außerdem, daß es die einzige Bar in Deutschland ist, die Eintritt verlangt. Stahlecker war darüber alles andere als glücklich.
    «Ich mußte zweimal berappen», knurrte er. «Einmal an der Eingangstür und dann noch einmal, um hier reinzukommen.»
    «Du hättest deinen Sipo-Ausweis rausholen sollen », sagte ich. «Dann wärst du umsonst reingekommen. Wozu soll der sonst gut sein?» Stahlecker blickte verständnislos auf die Leinwand.
    «Sehr komisch », sagte er. «Was ist das überhaupt für >n Mist?»
    <    «Da ist noch die kleine Sache von gestern nacht, die wir regeln müssen.»
    «Ehrenwort, Bruno, ich habe den Burschen noch nie gesehen.» Stahlecker seufzte gequält. «Dieser Kolb war offenbar ein Schmalspur-Schauspieler. Ein oder zwei kleine Nebenrollen in Filmen, ein paar kurze Auftritte in ein paar Revuen. Nicht gerade Richard Tauber. Warum sollte ein Bursche wie er dich umbringen wollen? Es sei denn, du wärst Kritiker geworden und hättest ihn ein paarmal verrissen.»
    «Ich verstehe vom Theater nicht mehr als ein Hund vom Feuerlegen. »
    «Aber du weißt, warum er dich letzte Nacht umbringen wollte, richtig? »
    «Da ist diese Dame», sagte ich. «Ihr Mann hat mich angeheuert, um was für ihn zu erledigen. Sie dachte, ich sei damit beauftragt, ihr nachzuspionieren. Also läßt sie mich letzte Nacht in ihre Wohnung kommen, verlangt von mir, daß ich damit aufhören soll, und beschuldigt mich der Lüge, als ich ihr sage, daß es mich nicht interessiert, mit wem sie schläft. Darauf schmeißt sie mich raus. Anschließend taucht dieser Plattkopf mit einer Kanone in meiner Wohnung auf, zielt auf meine Eingeweide und behauptet, ich hätte die Dame vergewaltigt. Wir tanzen 'ne Weile im Zimmer rum, und dabei löst sich der Schuß. Ich schätze, daß der Bursche sie anhimmelte und daß sie das wußte.»
    « Und deshalb hat sie ihm den Auftrag gegeben, richtig? » «So sehe ich die Sache. Aber versuch, Beweise zu finden, und sieh mal zu, wie weit du kommst.»
    «Ich nehme nicht an, daß du mir den Namen der Dame oder den ihres Mannes nennen wirst, oder?» Ich schüttelte den Kopf. «Nein, daran dachte ich nicht.»
    Der Film, der jetzt anfing, hieß Der Höhere Befehl und war ein kleiner vaterländischer Unterhaltungsstreifen, den sich die Knaben im Propagandaministerium an einem schlechten Tag ausgedacht hatten. Stahlecker stöhnte.
    «Komm», sagte er. «Gehn wir was trinken. Ich glaube nicht, daß ich diesen Mist ertragen kann.»
    Wir gingen in die Bar Wilder Westen im ersten Stock, wo eine Cowboykapelle Horne on the Range spielte. Die Wände waren mit Prärielandschaften, Büffel und Indianer eingeschlossen, bemalt. Wir stellten uns an die Bar und bestellten zwei Bier.
    «Ich darf doch wohl annehmen, daß diese Sache nichts mit dem Fall Pfarr zu tun hat, Bernie? »
    «Ich wurde beaufragt, den Brand zu untersuchen», erklärte ich.