Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Kleiderschrankschultern und brummte lustlos. Wortlos zählte er fünf Hundertmarkscheine von einem Bündel ab, das er mit der knauserigen Hand eines Geizhalses umklammerte und das dreißigmal mehr wert sein mußte. Der alte Mann, der verkaufen wollte, war unschlüssig, ob er das Angebot, das ein einziger Hohn zu sein schien, annehmen sollte, und deutete mit zitternder Hand auf das Halsband, das auf dem Stück Tuch lag, in das er es gewickelt hatte.
«Aber hören Sie mal", sagte der alte Mann, «Sie haben genau so ein Stück wie dieses im Schaufenster gehabt und dreimal soviel verlangt, wie Sie mir bieten."
Der Kleiderschrank kräuselte seine Lippen. «Fritz", sagte er, «wie lange hat das Saphirhalsband im Schaufenster gelegen?" Es war ein wirksamer Trick, das mußte man sagen.
«Muß sechs Monate gewesen sein", gab der andere zur Antwort. «Kauf kein zweites. Wir sind kein Wohlfahrtsinstitut, das weißt du doch." Er sagte das am Tag vermutlich viele Male. Der Kleiderschrank blickte betont gelangweilt.
«Verstehen Sie, was ich meine? Hören Sie, gehen Sie woandershin, wenn Sie glauben, mehr dafür zu bekommen.» Doch der Anblick des Geldes war zuviel für den alten Mann, und er willigte ein. Ich ging zur Spitze der Schlange und sagte, ich suche Herrn Neumaier.
«Wenn Sie was zu verkaufen haben, dann müssen Sie sich anstellen wie alle anderen auch», brummte der Kleiderschrank.
«Ich habe nichts zu verkaufen», sagte ich und fügte vage hinzu: «Ich suche nach einem Diamanthalsband. » Als er das hörte, sah mich der Kleiderschrank an, als sei ich sein lange verschollener reicher Onkel.
«Wenn Sie einen kleinen Augenblick warten würden», sagte er ölig. «Ich will bloß nachsehen, ob Herr Neumaier frei ist.» Er verschwand für eine Minute hinter einem Vorhang, und als er zurückkehrte, wurde ich in ein kleines Büro am Ende des Korridors genötigt.
Peter Neumaier saß an seinem Schreibtisch und rauchte eine Zigarre, die eigentlich in den Werkzeugkasten eines Klempners gehört hätte. Er hatte dunkles Haar und hellblaue Augen, wie unser geliebter Führer, und einen Wanst, der vorragte wie eine Registrierkasse. Seine Wangen sahen rot und wund aus, als habe er einen Hautausschlag oder sich am Morgen einfach mit seinem Rasierapparat angelegt. Er schüttelte mir die Hand, als ich mich vorstellte. Seine Hand fühlte sich an wie eine Gurke.
«Entzückt, Sie zu sehen, Herr Gunther», sagte er mit Wärme. «Ich höre, Sie suchen ein paar Diamanten? »
«Das ist richtig. Doch ich sollte Ihnen sagen, daß ich im Auftrag einer anderen Person handle.»
«Ich verstehe », lächelte Neumaier. «Haben Sie ein bestimmtes Stück im Auge? »
«0 ja, in der Tat. Ein Diamanthalsband. »
«Nun, dann sind Sie hier am rechten Ort. Ich habe ein paar Diamanthalsbänder, die ich Ihnen zeigen kann.»
«Mein Klient weiß exakt, was er sucht», sagte ich. «Es muß ein in Diamanten gefaßtes Halsband sein, angefertigt von Cartier.» Neumaier legte seine Zigarre in den Aschenbecher und atmete eine Mischung von Rauch, Nervosität und Belustigung aus.
«Nun », sagte er. «Das engt das Feld natürlich ein.»
«So ist das eben mit den reichen Leuten, Herr Neumaier» , sagte ich. «Sie scheinen immer haargenau zu wissen, was sie wollen.»
«Oh, natürlich tun sie das, Herr Gunther.» Er beugte sich in seinem Sessel vor, griff wieder nach seiner Zigarre und sagte: «Ein Halsband, wie Sie es beschreiben, gehört nicht zu den Stücken, denen man jeden Tag begegnet. Und es würde natürlich eine Menge Geld kosten.» Es wurde Zeit, ihn ein wenig zu kitzeln.
«Mein Klient ist selbstverständlich bereit, eine Menge Geld zu zahlen. Fünfundzwanzig Prozent des Versicherungswertes, ohne Fragen zu stellen.»
Er runzelte die Stirn. «Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, wovon Sie sprechen », sagte er.
«Hören Sie schon auf, Neumaier! Wir wissen beide, daß sich in Ihrem Unternehmen eine Menge mehr abspielt als diese herzerwärmenden Szenen da draußen.»
Er stieß ein wenig Rauch aus und betrachtete das Ende seiner Zigarre. «Wollen Sie andeuten, daß ich gestohlene Ware kaufe, Herr Gunther, weil Sie unter Umständen ... »
«Sperren Sie die Ohren auf, Neumaier. Ich bin noch nicht fertig. Das Angebot meines Klienten ist solide. Bares Geld.» Ich warf ihm das Foto von Six' Diamanten hin. «Wenn irgendein Knabe hier aufkreuzt und versucht, es zu verkaufen, rufen Sie mich an. Die Nummer steht auf der Rückseite.»
Neumaier betrachtete
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