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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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werden. Wenn Sie irgendwas finden, und damit meine ich alles, was Sie finden, dann sprechen Sie besser mit uns. Wenn ich nämlich dahinterkomme, daß Sie uns einen Bären aufbinden, dann habe ich Sie schneller im KZ, als Sie Heil Hitler sagen können.» Er beugte sich zu mir vor, und ich atmete seinen Schweißgeruch ein. «Kapiert, du sturer Bock? »
    «Schieb dein Kinn nicht so weit vor, Dietz», sagte ich, «sonst fühl ich mich verpflichtet, dir eine zu verpassen.»
    Er lächelte. <    Ich war gerade damit fertig, das Schlachtfeld aufzuräumen, als das Telefon klingelte. Es war Müller von der Berli ner Morgenpost. Es täte ihm leid, sagte er, aber außer dem Material, das man über die Jahre für die Nachrufe sammle, gebe es in den Akten wirklich nicht viel über Hermann Six, das mich interessieren könnte.
    «Willst du mich auf den Arm nehmen, Eddi? Herrgott, dieser Bursche ist ein Millionär. Ihm gehört das halbe Ruhrgebiet. Wenn er sich den Finger in den Hintern steckt, findet er Öl. Irgend jemand muß doch mal unter seine Bettdecke geguckt haben!»
    « Es liegt schon 'ne Weile zurück, da gab's mal eine Reporterin, die ziemlich viel ausgegraben hat über alle diese großen Bosse von der Ruhr: Krupp, Vögler, Wolff, Thyssen. Sie verlor ihren Job, als die Regierung das Arbeitslosenproblem löste. Ich will mal sehen, ob ich rauskriegen kann, wo sie wohnt.»
    «Danke, Eddi. Was ist mit den Pfarrs? Irgendwas Neues? »
    «Sie war wirklich in ein paar Kurorten. Nauheim, Bad Homburg, Wiesbaden, such dir einen aus; dort hat sie geplanscht. Sie hat sogar einen Artikel für Die Frau darüber geschrieben. Und sie war scharf auf Quacksalberei. Über ihn gibt es nichts, leider.»
    «Danke für den Tratsch, Eddi. Nächstes Mal werde ich die Gesellschaftsspalte lesen und dir Mühe ersparen.» «Kein Hunderter drin, wie? »
    «Nicht mal ein Fünfziger. Finde für mich diese Reporterin, und dann will ich sehn, was ich tun kann.»
    Anschließend schloß ich das Büro ab und fuhr zu dem Schlosser, um meine Nachschlüssel und mein wieder mit Wachs gefülltes Etui abzuholen. Ich gebe zu, es hört sich ein wenig theatralisch an, aber ich meine es ernst: Ich trage dieses Ding schon seit Jahren bei mir und kenne, außer man stiehlt den echten Schlüssel, keine bessere Methode, verschlossene Türen zu öffnen. Ich habe kein hochempfindliches Gerät aus Edelstahl, mit dem man jede Art von Schloß öffnen kann. Die Wahrheit ist, daß man es vergessen kann, die besten modernen Schlösser knacken zu wollen: Raffinierte, phantastische kleine Wunderwerkzeuge gibt es nicht. Die haben nur die Jungens in den Ufa-Filmen. Ein Einbrecher sägt meistens einfach den Bolzenkopf ab oder bohrt das Schloß aus und entfernt ein Stück der verdammten Tür. Und das erinnerte mich daran, daß ich mich früher oder später darum kümmern mußte, wer in der Gilde der Safeknacker das Talent gehabt hatte, den Safe der Pfarrs zu öffnen. Wenn es denn auf diese Art gemacht wurde. Das hieß, daß ich ein gewisses skrofulöses Singvögelchen aufsuchen mußte, das für eine Gesangsstunde längst fällig war.
    Ich erwartete nicht, Neumann in dem Dreckloch zu finden, das er in der Admiralstraße in der Nähe vom Kottbusser Tor bewohnte, aber ich versuchte es jedenfalls. Die Gegend um das Kottbusser Tor war so zerschlissen wie ein altes Kinoplakat, und das Haus Admiralstraße 43 war ein Ort, an dem die Ratten sich Watte in die Ohren stopften und Küchenschaben einen häßlichen Husten hatten. Neumanns Zimmer lag im Kellergeschoß des Hinterhauses. Es war feucht. Es war schmutzig. Es stank. Und Neumann war nicht da.
    Die Hausmeisterin war eine Nutte, die, wie ein ausgebeuteter und stillgelegter Grubenschacht, ihre besten Jahre hinter sich hatte. Ihr Haar war ebenso natürlich wie eine Stechschritt-Parade auf der WilheImstraße, und als sie sich ihren Heftklammer-Mund mit einem knallroten Lippenstift anmalte, hatte sie offensichtlich einen Boxhandschuh getragen. Ihre Brüste waren wie die Hinterteile zweier Zugpferde am Ende eines langen, harten Tages. Möglich, daß sie noch ein paar Kunden hatte, aber ich hätte eher darauf gewettet, einen Juden an der Spitze einer Schlange vor dem Laden eines Nürnberger Schweineschlachters zu sehen. Sie stand in der Tür zu ihrer Wohnung, nackt unter dem schmuddeligen

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