Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Entfernung kann ich dich kaum verfehlen. Und es wäre zu ungezogen, Dieters schönen Lack mit deinem Gehirn zu versauen.» Er zog an seinem Hut, bis er ihm bis über die Augen reichte, und nachdem er die Mauser gesichert hatte, ließ er sie zu Boden fallen, wo sie harmlos auf die Steine klirrte.
«Hat der Rote dir erzählt, das ich dir folgte? »
«Maul halten und rumdrehen», herrschte ich ihn an. «Und die Hände schön in die Luft.» Der braune Anzug drehte sich um und ließ seinen Kopf bis auf die Schultern sinken, um unter der Krempe seines Hutes hervorspähen zu können.
«Wirst du mich umlegen?» fragte er. «Hängt davon ab.»
«Wovon?»
«Davon, ob du mir erzählst, wer deine Unkosten bezahlt, oder nicht.»
« Vielleicht können wir einen Handel machen.»
«Ich wüßte nicht, was du anzubieten haben könntest», sagte ich. «Entweder du redest, oder ich puste dich weg. So einfach ist das.»
Er grinste. «Du würdest mich nicht kaltblütig erschießen », sagte er.
«Oh, wirklich nicht?» Ich stieß die Waffe heftig gegen sein Kinn, und dann zog ich den Lauf über seine Gesichtshaut, um sie unter seinen Wangenknochen zu bohren. «Sei nicht so sicher. Du hast mir Laune gemacht, das Ding zu benutzen. Es wäre also besser, du machst jetzt den Mund auf, oder du tust es nie wieder.»
«Aber wenn ich singe, was dann? Läßt du mich gehen?» «Damit du mich noch mal aufspüren kannst? Du mußt mich für bescheuert halten.»
«Womit kann ich dich überzeugen, daß ich's nicht tun würde?»
Ich trat von ihm weg und dachte einen Augenblick nach. «Schwör's beim Leben deiner Mutter.»
«Ich schwöre beim Leben meiner Mutter», sagte er be-
reitwillig.
«Schön. Also, wer ist dein Auftraggeber? » «Du läßt mich gehen, wenn ich's dir sage? »
«Ja.»
«Schwör's beim Leben deiner Mutter.» «Ich schwör's.»
«Also gut», sagte er. «Es war ein Bursche namens Haupthändler.»
«Wieviel bezahlt er dir? »
«Dreihundert jetzt und ... » Er brachte den Satz nicht zu Ende. Ich machte einen Schritt nach vorn und schlug ihn mit dem Kolben des Revolvers bewußtlos. Es war ein grausamer Schlag, mit genügend Wucht ausgeführt, um ihn für eine lange Zeit ins Land der Träume zu schicken.
«Meine Mutter ist tot», sagte ich. Dann hob ich seinen Revolver auf, steckte beide Waffen ein und lief zum Wagen zurück. Inge machte große Augen, als sie sah, daß Schmutz und Öl meinen Anzug bedeckten. Es war mein bester Anzug.
« Ist der Lift nicht gut genug für dich? Was hast du gemacht, bist du runtergesprungen ?»
«So etwas Ähnliches », sagte ich. Ich griff unter den Fahrersitz, wo ich neben meiner Waffe ein Paar Handschellen aufbewahrte. Dann fuhr ich die etwa siebzig Meter zur Gasse zurück.
Der braune Anzug lag bewußtlos dort, wo ich ihn hatte. fallen lassen. Ich stieg aus und schleif te ihn zu einer Mauer ein kurzes Stück die Gasse hinauf, wo ich ihn an ein paar Eisenstäben ankettete, die ein Fenster schützten. Er stöhnte ein wenig, als ich ihn bewegte. Ich wußte also, daß ich ihn nicht getötet hatte. Ich ging zum Bugatti zurück und verstaute die Waffe des Roten im Handschuhfach. Gleichzeitig nahm ich die kleinen Papiertütchen mit dem weißen Pulver an mich. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß der Rote Dieter ein Mann war, der Kochsalz in seinem Handschuhfach aufbewahrte, aber auf jeden Fall schnüffelte ich daran. Es war eindeutig Kokain. Es waren nicht viele Tütchen. Nicht mehr wert als ein paar hundert Mark. Und es sah so aus, als seien sie für den persönlichen Gebrauch des Roten Dieter bestimmt.
Ich schloß den Wagen ab und schob die Schlüssel in den Auspuff, wie er es verlangt hatte. Dann kehrte ich zum braunen Anzug zurück und steckte ihm ein paar der Tütchen in die Jackentasche.
«Das dürfte die Burschen am Alex interessieren», sagte ich. Außer ihn kaltblütig umzubringen, konnte ich mir keinen sichereren Weg denken, um sicherzustellen, daß er den Job, den er angefangen hatte, nicht zu Ende bringen würde.
Handeln konnte man nur mit Leuten, die in ihrer rechten Hand nichts Tödlicheres hatten als ein Gläschen Schnaps.
14
Am nächsten Morgen nieselte es, ein warmer, feiner Regen wie das Sprühwasser aus einem Rasensprenger. Ich stand auf, fühlte mich hellwach und ausgeruht und schaute aus dem Fenster. Ich verspürte soviel Lebenskraft wie ein Rudel Schlittenhunde.
Wir frühstückten eine Kanne «Mexikanische Mischung» und zwei Zigaretten. Ich glaube, ich pfiff
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