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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Gunther», sagte er. «Ich sehe keinen Grund, warum ich Ihnen erlauben sollte, meine Schwester auf diese Weise zu verhören.»
    «Warum nicht?» fragte ich aufstehend. «Ich wette, so etwas erlebt sie bei der Gestapo dauernd. Und dazu noch 'ne Menge Schlimmeres.»
    «Trotzdem», sagte er, «es scheint mir ganz klar, daß sie Ihre Fragen nicht zu beantworten wünscht.»
    «Komisch», sagte ich. «Zu etwa demselben Schluß bin ich auch gekommen.» Ich nahm Inge beim Arm, und wir gingen zur Tür. Doch bevor wir das Zimmer verließen, drehte ich mich um und sagte: «Ich bin nicht auf irgend jemandes Seite, und das einzige, was ich herauszufinden versuche, ist die Wahrheit. Falls Sie Ihre Meinung ändern sollten, zögern Sie nicht, mit mir Verbindung aufzunehmen. Ich habe mich auf diesen Fall nicht eingelassen, um jemand den Wölfen vorzuwerfen.»
    « Ich habe dich noch nie als einen von der großzügigen Sorte erlebt », sagte Inge, als wir wieder draußen waren.
    « Ich? Jetzt warte mal: Ich habe die Don-Quijote-Schule für Detektive besucht. Ich bekam eine Zwei plus in Edler Gesinnung. »
    «Zu schade, daß du nicht eine gute Note in Befragung bekommen hast», erwiderte sie. «Du weißt, daß sie völlig aus der Fassung geriet, als du angedeutet hast, Pfarrs Geliebte könnte tot sein.»
    «Na schön, was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen - es mit der Pistole aus ihr rauskitzeln? »
    « Ich meine bloß, daß es zu schade war, daß sie nicht reden wollte, das ist alles. Vielleicht wird sie ihre Meinung ändern.»
    « Dara uf würde ich nicht wetten», sagte ich. «Wenn sie für die Gestapo arbeitet, ist doch wohl klar, daß sie nicht zu der Sorte gehört, die Verse in ihrer Bibel unterstreicht. Und hast du diese Muskeln gesehen? Ich wette, sie ist ihr bester Mann mit einer Peitsche oder einem Gummiknüppel.»
    Wir stiegen in den Wagen und fuhren über die Bülowstraße nach Osten. Am Viktoria park hielt ich an.
    «Komm », sagte ich. «Laß uns ein Stück gehen. Ich kann ein bißehen frische Luft bra uchen.»
    lnge schnüffelte argwöhnisch die Luft, die vom Gestank der nahen Schultheiß-Brauerei geschwängert war. «Erinnere mich daran, daß ich mir von dir nie ein Parfüm schenken lasse », sagte sie.
    Wir gingen den Hügel hinauf zum Bildermarkt, wo Berlins junge Möchtegernkünstler ihre untadelig idyllischen Werke zum Verkauf anboten. Wie vorauszusehen, hatte lnge bloß Verachtung dafür übrig.
    «Hast du jemals so einen absoluten Mist gesehen?» schnaubte sie. «Wenn du alle diese Bilder von muskel bepackten Bauern siehst, die Garben binden oder Felder pflügen, könntest du meinen, daß wir in einem Märchen der Brüder Grimm leben.»
    Ich nickte langsam. Ich mochte es, wenn sie sich über ein Thema aufregte, selbst wenn ihre Stimme laut wurde und ihre Ansichten dazu angetan waren, uns beide ins KZ zu bringen.

    Wer weiß, mit ein bißchen mehr Zeit und Geduld hätte sie mich vielleicht so weit gebracht, meine ziemlich prosaische Meinung über den Wert von Kunst zu überprüfen. Doch wie die Dinge lagen, hatte ich etwas anderes im Kopf. Ich nahm sie beim Arm und bugsierte sie zu einer Ansammlung von Gemälden, die stahlharte SA-Männer darstellten und die ein Künstler vor sich aufgebaut hatte, der alles andere als arisch aussah. Ich sprach leise.
    « Seit wir die Wohnung der Sahms verließen, habe ich das Gefühl, daß wir verfolgt werden", sagte ich. Sie blickte verstohlen in die Runde. Es waren ein paar Leute in der Nähe, doch es war niemand darunter, der ein besonderes Interesse an uns zu nehmen schien.
    «Ich zweifle, daß du ihn erkennen wirst», sagte ich. « Nicht, wenn er gut ist.»
    « Glaubst du, daß es die Gestapo ist?» fragte sie.
    « Sie sind nicht die einzige Meute von Spürhunden in dieser Stadt», sagte ich, « aber ich schätze, sie wittern das schnelle Geld. Sie wissen, daß ich an dieser Sache beteiligt bin, und ich würde ihnen ohne weiteres zutrauen, daß sie nichts dagegen haben, wenn ich ihnen die Laufarbeit abnehme.»
    « Also, was machen wir?» Ihr Gesicht sah ängstlich aus, doch ich grinste zurück.
    « Weißt du, ich sage immer, nichts macht soviel Spaß wie zu versuchen, eine Klette abzuschütteln. Besonders, wenn sich dann noch herausstellt, daß sie von der Gestapo ist.»

    15
    Die Morgenpost enthielt nur zwei Briefe, und beide waren durch Boten zugestellt worden. Außer Sichtweite von Grubers forschendem Blick, der mich anstarrte wie eine hungrige Katze, öffnete ich

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