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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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die Anrichte, über der nicht eines, sondern drei Bilder des Führers hingen. Sie lächelte. «Sieht nicht so aus, als würden sie ein Risiko eingehen, wenn's um ihre Staatstreue geht.»
    «Hast du das nicht gewußt?» sagte ich. «Die gibt es bei Woolworth im Sonderangebot. Kaufen Sie zwei Diktatoren, und Sie bekommen einen umsonst.»
    Sahm kehrte zurück in Begleitung seiner Schwester Marlene, einer großgewachsenen, stattlichen Blondine mit einer melancholischen Hängenase und einem vorstehenden Unterkiefer, was ihrem Gesicht eine gewisse Bescheidenheit verlieh. Aber ihr Nacken war so muskulös und ausgeprägt, daß er fast unbeugsam erschien; und ihre bronzefarbenen Unterarme ließen an Bogenschießen oder Tennis denken. Als sie in den Durchgang schritt, wirkte sie auf mich wie ein durchtrainiertes Kalb in Gestalt einer Glühbirne. Sie war gebaut wie ein Rokokokamin.
    Sie führten uns in ein bescheidenes kleines Wohnzimmer, und mit Ausnahme des Bruders, der sich an den Türrahmen lehnte und mich und Inge mit unverhülltem Argwohn beäugte, nahmen wir alle auf einer billigen braunen Ledergarnitur Platz. Hinter den Glastüren eines großen Walnußschrankes waren genügend Trophäen für ein paar SchulPreisverleihungen versammelt.
    « Das ist ja eine ziemlich eindrucksvolle Sammlung, die Sie da haben», sagte ich ein wenig linkisch, ohne eine bestimmte Person anzublicken. Manchmal glaube ich, daß meine Plaudereien ein paar Zentimeter hinter den Erwartungen zurückbleiben.
    «Ja, in der Tat», sagte Marlene mit einem unaufrichtigen Ausdruck, den man für Bescheidenheit hätte halten können. Ihr Bruder schien in diesem Punkt weniger zurückhaltend zu sein: «Meine Schwester ist Sportlerin. Wäre sie nicht unglücklicherweise verletzt, würde sie bei der Olympiade für Deutschland laufen.» Inge und ich bekundeten unser Mitgefühl. Dann nahm Marlene meine Karte und las sie noch einmal.
    «Womit kann ich Ihnen helfen, Herr Gunther?» fragte sie.
    Ich lehnte mich auf dem Sofa zurück und schlug die Beine übereinander, ehe ich meinen Text herunterrasselte. «Ich bin von der Germania-Lebensversicherungsgesellschaft beauftragt worden, Nachforschungen über den Tod von Paul Pfarr und seiner Frau anzustellen. Jeder, der sie kannte, könnte uns helfen, herauszufinden, was wirklich passierte, damit mein Klient eine zügige Regelung treffen kann.»
    «Ja», sagte Marlene mit einem langen Seufzer. «Ja, gewiß.»
    Ich wartete darauf, daß sie etwas sagte, bevor ich sie schließlich drängte. «Ich glaube, Sie waren Herrn Pfarrs Sekretärin im Innenministerium.»
    «Ja, das war ich, das ist richtig.» Sie ließ sich ebensowenig
    in die Karten sehen wie ein Pokerspieler. «Arbeiten Sie immer noch dort? »
    «Ja », sagte sie mit einem gleichgültigen Achselzucken. Ich riskierte einen Blick zu Inge, die anstelle einer Ant-
    wort nur eine perfekt nachgezogene Augenbraue hob. «Existiert Herrn Pfarrs Abteilung, die Korruption im Reich und in der DAF untersuchte, noch immer? »
    Sie betrachtete eine Sekunde die Spitzen ihrer Schuhe, und dann blickte sie mich zum ersten Mal, seit wir hier waren, offen an. «Wer hat Ihnen davon erzählt?» fragte sie. Ihre Stimme war ruhig, aber ich konnte merken, daß sie bestürzt war.
    Ich überging ihre Frage und versuchte, sie aus der Reserve zu locken. «Glauben Sie, er wurde deshalb getötet - weil jemandem nicht gefiel, daß er herumschnüffelte und Leute anschwärzte? »
    «Ich ... ich habe keine Ahnung, warum er getötet wurde.
    Hören Sie, Herr Gunther, ich glaube ... »
    «Haben Sie je von einem Mann namens Gerhard von Greis gehört? Er ist ein Freund des Ministerpräsidenten, aber auch ein Erpresser. Sie müssen wissen, was immer er an Ihren Chef weitergegeben hat, es kostete ihn das Leben.»
    «Ich glaube das nicht ... », sagte sie, und dann riß sie sich zusammen. «Ich kann keine Ihrer Fragen beantworten.»

    Aber ich machte weiter. «Was ist mit Pauls Geliebter, Eva oder Vera oder wie immer ihr Name ist? Haben Sie eine Ahnung, wo sie sich versteckt haben könnte? Wer weiß, vielleicht ist sie auch tot.»
    Ihre Augen bebten wie eine Tasse auf einer Untertasse in einem Speisewagen. Sie atmete schwer und stand auf, die Hände fest auf die Hüften gepreßt. «Bitte», sagte sie, und Tränen begannen ihr in die Augen zu steigen. Der Bruder löste sich vom Türrahmen und schob sich wie ein Ringrichter, der einen Boxkampf unterbricht, zwischen sie und mich.
    « Das reicht wohl, Herr

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