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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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arische Namen, wie Siegfried und Brunhilde. Evas richtiger Name war Hannah, Hannah Roedl, aber Paul sagte, Hannah sei ein jüdischer Name und er würde sie immer Eva nennen.»
    Ein gewaltiger Aufschrei ging durch die Menge, als der Amerikaner den ersten Hürdenvorlauf gewann.
    «Paul war mit seiner Frau unglücklich, aber er sagte mir nie, warum. Er und ich, wir waren gute Freunde, und er vertraute mir manches an, aber ich hörte ihn nie über seine Frau sprechen. Eines Abends nahm er mich in einen Spielclub mit, und dort stieß ich zufällig auf Eva. Sie arbeitete dort als Croupier. Ich hatte sie seit Monaten nicht gesehen. Wir hatten uns kennengelernt, als wir beim Finanzamt arbeiteten. Sie konnte sehr gut mit Zahlen umgehen. Ich nehme an, das war der erste Grund, warum sie in dem Club arbeitete. Der zweite war die Bezahlung und die Gelegenheit, ein paar interessante Leute kennenzulernen. »
    Ich hob eine Augenbraue, als sie das sagte: Was mich angeht, habe ich Leute, die in Casinos spielen, immer für ausgesprochen langweilig gehalten; aber ich sagte nichts, denn ich wollte nicht, daß sie den Faden verlor.
    « Jedenfalls machte ich die beiden miteinander bekannt und konnte sehen, daß es zwischen ihnen funkte. Paul war ein stattlicher Mann, und Eva sah einfach gut aus, sie war eine richtige Schönheit. Einen Monat darauf begegnete ich ihr wieder, und sie erzählte mir, sie und Paul hätten eine Affäre. Zuerst war ich entsetzt; und dann dachte ich, daß mich das wirklich nichts anginge. Eine Zeitlang - vielleicht sechs Monate - sahen sie sich sehr häufig. Und dann wurde Paul ermordet. Die Daten und alles mögliche andere dürften Sie in dem Taschenkalender finden.»
    Ich schlug im Taschenkalender das Datum von Pauls Todestag auf und las die Eintragungen auf dieser Seite.
    «Hiernach hatte er am Abend seines Todes eine Verabredung mit ihr.» Marlene sagte nichts. Ich blätterte zurück. «Und da ist ein anderer Name, den ich kenne», sagte ich. «Gerhard von Greis. Was wissen Sie über ihn?» Ich zündete mir eine Zigarette an und fügte hinzu: «Es wäre an der Zeit, daß Sie mir alles über Ihre kleine Abteilung in der Gestapo erzählen, meinen Sie nicht? »
    «Pauls Abteilung. Er war so stolz darauf, wissen Sie.» Sie seufzte tief. «Ein Mann von großer Rechtschaffenheit.» «Klar», sagte ich. «Wenn er mit dieser anderen Frau zusammen war, wollte er die ganze Zeit in Wahrheit nichts anderes, als zu Hause sein bei seiner Frau.»
    «Auf eine sonderbare Weise ist das absolut richtig, Herr Gunther. Das genau wollte er. Ich glaube nicht, daß er je aufhörte, Grete zu lieben. Aber aus irgendeinem Grund fing er an, sie auch zu hassen.»
    Ich zuckte die Achseln. «Na ja, es muß auch solche Leute geben. Vielleicht gefiel es ihm bloß, mit seinem Schwanz zu wedeln.» Nach dieser Bemerkung blieb sie ein paar Minuten still, und auf der Aschenbahn fand der nächste Vorlauf statt. Sehr zur Begeisterung der Zuschauer gewann der deutsche Läufer, Notbruch, das Rennen. Die Matrone geriet darüber in große Erregung, erhob sich von ihrem Platz und schwenkte ihr Programm.
    Marlene kramte wieder in ihrer Tasche und nahm einen Briefumschlag heraus. «Das ist die Abschrift des ursprünglichen Briefes, der Paul ermächtigte, seine Abteilung einzurichten », sagte sie und gab mir den Brief. «Ich dachte, Sie würden ihn vielleicht gern lesen. Er hilft, die Dinge im rechten Licht zu sehen, zu erklären, warum Paul das tat, was er tat.»
    Ich las den Brief. Er hatte folgenden Wortlaut:
    Der Reichsführer-SS und Leiter der Deutschen Polizei
    im Reichsministerium des Inneren
    o-KdS g 2 (o/RV) Nr. 22II/35 Berlin NW 7 6. November 1935 Unter den Linden 74 Tel. (örtl.) 120034 (ausw.) 120037
    Eilbrief an Hauptsturmführer Dr. Paul Pfarr
    Ich schreibe Ihnen in einer sehr ernsten Angelegenheit. Ich meine die Korruption unter den Dienern des Reichs. Ein Grundsatz muß Geltung haben: Staatsbedienstete müssen gegenüber unseren Rassegenossen ehrlich, bescheiden, loyal und kameradschaftlich sein. Solche Elemente, die gegen diesen Grundsatz verstoßen - die auch nur eine Mark in ihre Tasche stecken -, werden gnadenlos bestraft werden. Ich werde nicht müßig danebenstehen und zusehen, wie diese Fäulnis sich ausbreitet.
    Wie Sie wissen, habe ich bereits Maßnahmen ergriffen, um die Korruption in den Reihen der SS auszurotten, und eine Anzahl unehrenhafter Männer ist demgemäß eliminiert worden. Es ist der Wille des Führers, daß Sie

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