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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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gab in meiner Nervosität dem Fahrer zuviel Trinkgeld, was ihn zu der Frage veranlaßte, ob er warten solle. Ich schüttelte den Kopf und trat zurück, als er davonbrauste. Ich ging zu meinem Wagen, der etwa dreißig Meter von Haupthändlers Haus entfernt stand. Ich versuchte die Tür zu öffnen. Der Wagen war nicht abgeschlossen, also setzte ich mich rein und wartete, in der Hoffnung, daß sie zurückkommen würde. Ich legte den Taschenkalender, den mir Marlene Sahm gegeben hatte, in das Handschuhfach und suchte unter dem Sitz nach dem Revolver, den ich dort aufbewahrte. Ich steckte ihn in meine Manteltasche und stieg aus.
    Das Haus, dessen Adresse ich hatte, war ein schmutzigbrauner, zweistöckiger Kasten, der einen verwahrlosten, baufälligen Eindruck machte. Von den geschlossenen Jalousien blätterte die Farbe ab, und im Garten war ein Schild «Zu verkaufen». Das Haus sah so aus, als sei es lange Zeit nicht mehr bewohnt worden. Genau das richtige Plätzchen, um sich darin zu verstecken. Ein fleckiger Rasen umgab das Haus, und eine niedrige Mauer trennte es vom Bürgersteig, auf dem ein hellblauer Adler in der Gegenrichtung geparkt war. Ich trat über die Mauer, schlich an der Seite entlang, schritt vorsichtig über einen verrosteten Rasenmäher und duckte mich unter einen Baum. Nahe der hinteren Hausecke nahm ich die Walther heraus, zog den Schlitten zurück, um die Kammer zu laden, und spannte die Waffe.
    Gebückt, fast gekrümmt, schlich ich unter dem Fenster entlang zur Hintertür, die nur angelehnt war. Von irgendwo aus dem Inneren des Hauses konnte ich das gedämpfte Geräusch von Stimmen hören. Mit der Mündung der Waffe stieß ich die Tür auf, und mein Blick fiel auf eine Blutspur auf dem Küchenfußboden. Ich trat geräuschlos ein, ein unangenehmes Gefühl im Magen, der wegsackte wie eine Münze, die in einen Brunnen fällt. Es quälte mich der Gedanke, Inge habe vielleicht beschlossen, sich auf eigene Faust umzusehen, und sei verletzt worden. Oder ihr war noch Schlimmeres zugestoßen. Ich holte tief Luft und preßte den kalten Stahl der Automatie gegen meine Wange. Ihre Kühle lief durch mein ganzes Gesicht, das Genick hinunter und in meine Seele. Vor der Küchentür beugte ich mich hinunter, um durch das Schlüsselloch zu spähen. Auf der anderen Seite der Tür sah ich eine leere, teppichlose Diele und einige geschlossene Türen. Ich drückte die Klinke herunter.
    Die Stimmen kamen aus einem Raum an der Vorderseite des Hauses, und ich hörte sie deutlich genug, um sie als die von Haupthändler und Jeschonnek zu erkennen. Nach ein paar Minuten hörte ich auch eine Frauenstimme, und einen Augenblick hielt ich sie für die von Inge, bis ich die Frau lachen hörte. Da ich im Augenblick mehr darauf versessen war, zu erfahren, was aus Inge geworden war, als Six' gestohlene Diamanten wiederzubeschaffen und die Belohnung zu kassieren, kam ich zu dem Schluß, es sei an der Zeit, den dreien gegenüberzutreten. Ich hatte genug gehört, um annehmen zu dürfen, daß sie mit keiner Störung rechneten, aber als ich durch die Tür kam, feuerte ich einen Schuß über ihre Köpfe ab für den Fall, daß sie Lust hatten, Schwierigkeiten zu machen.
    «Jeder bleibt da, wo er ist», sagte ich. Ich hatte das Gefühl, sie ausreichend gewarnt zu haben, und dachte, nur ein Narr werde jetzt eine Waffe ziehen. Gert Jeschonnek erwies sich als dieser Narr. Es ist in den meisten Fällen schwierig, ein sich bewegendes Ziel zu treffen, besonders eines, das zurückschießt. Meine erste Sorge war, ihn auszuschalten, und dabei nahm ich's nicht so genau. Wie sich herausstellte, hatte ich ihn für immer ausgeschaltet. Ich hätte mir gewünscht, ich hätte ihn nicht in den Kopf getroffen, jedoch ich hatte keine Zeit, genau zu zielen. Nachdem ich einen Mann getötet hatte, mußte ich mir nun Gedanken um den anderen machen, denn Haupthändler war auf mich losgegangen und versuchte, mir die Waffe zu entreißen. Als wir zu Boden gingen, schrie er der Frau, die apathisch am Kamin stand, zu, sie solle sich die Waffe greifen. Er meinte den Revolver, der Jeschonnek aus der Hand gefallen war, als ich ihm das Hirn rausblies, doch einen Augenblick war die Frau unschlüssig, nach welcher Waffe sie greifen sollte, nach meiner oder nach der auf dem Fußboden. Sie zögerte so lange, daß Haupthändler sich wiederholen mußte, und im sei ben Augenblick befreite ich mich aus seinem Griff und schlug ihm mit der Walther ins Gesicht. Es war eine kraftvolle

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