Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
ermächtigt werden, die Korruption in der Deutschen Arbeitsfront, wo Betrügereien verbreitet sind, aufzuspüren und auszumerzen. Zu diesem Zweck werden Sie in den Rang eines Hauptsturmführers erhoben und sind unmittelbar mir unterstellt.
Wo immer Korruption ihr Haupt erhebt, werden wir sie ausbrennen. Und am Ende der Tage werden wir sagen, daß wir diese Aufgabe aus Liebe zu unserem Volk durchgeführt haben.
Heil Hitler!
gez.: Heinrich Himmler
«Paul war sehr gewissenhaft», sagte Marlene. «Es gab Verhaftungen, und die Schuldigen wurden bestraft.» « », sagte ich, den Reichsführer zitierend. Marlenes Stimme wurde hart. «Sie waren Feinde des Reichs», sagte sie.
«Ja, gewiß.» Ich wartete, daß sie fortfuhr, und da ich sah, daß sie meiner nicht ganz sicher war, setzte ich hinzu: «Sie mußten bestraft werden. Ich bin mit Ihnen einer Meinung. Bitte fahren Sie fort.» Marlene nickte. «Schließlich richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Stahlarbeitergewerkschaft, und es kamen ihm recht bald Gerüchte zu Ohren, die seinen Schwiegervater, Hermann Six, betrafen. Anfangs nahm er sie auf die leichte Schulter. Und dann, beinahe über Nacht, war er entschlossen, ihn zu vernichten. Nach einer Weile war das beinahe zu einer fixen Idee geworden.»
«Wann war das? »
«Ich kann mich an das Datum nicht erinnern. Aber ich weiß noch, daß es ungefähr in der Zeit war, als er anfing, bis in die Nacht zu arbeiten und keine Telefonanrufe seiner Frau entgegenzunehmen. Und kurz darauf begann er, sich mit Eva zu treffen.»
« Und welcher Art genau war das schlechte Benehmen von Papa Six?»
«Korrupte DAF- Beamte hatten Gelder der Stahlarbeitergewerkschaft und des Wohlfahrtsfonds auf Konten in Six' Bank deponiert.»
«Sie wollen sagen, er besitzt auch eine Bank?»
«Ein größeres Aktienpaket der . Im Gegenzug sorgte Six dafür, daß diese Beamten zinsgünstige persönliche Darlehen erhielten.»
« Was sprang für Six dabei raus? »
« Indem die Bank zum Nachteil der Arbeiter niedrige Zinsen auf die Einlagen zahlte, war sie imstande, ihre Bilanz zu ver bessern. »
« Nett und ordentlich, also», sagte ich.
« Das ist noch nicht alles», sagte sie mit einem zornigen Lachen. « Paul hatte außerdem den Verdacht, daß sich sein Schwiegervater an den Gewerkschaftsgeldern vergriff. Und daß er die Einlagen der Gewerkschaft abschöpfte.»
« Abschöpfen, was ist das? » wollte ich wissen.
« Der mehrmalige Verkauf von Wertpapieren und Aktien, um andere kaufen zu können, so daß man jederzeit den legalen Gewinnanteil einstreichen kann. Die Provision, wenn Sie wollen. Die dürften sich die Bank und die Gewerkschaftsleute geteilt haben. Doch das zu beweisen war eine andere Sache», sagte sie. « Pa ul versuchte, eine Genehmigung zum Abhören von Six' Telefon zu kriegen, doch derjenige, der darüber zu entscheiden hatte, weigerte sich. Six werde bereits von einer anderen Stelle abgehört, sagte Paul, und die sei nicht bereit, gemeinsame Sache zu machen. Folglich suchte Paul nach einer anderen Möglichkeit, an Six heranzukommen. Er entdeckte, daß der Ministerpräsident einen vertraulichen Mittelsmann hatte, der über bestimmte Informationen verfügte, die für Six und damit für viele andere kompromittierend waren. Sein Name war Gerhard von Greis. In Six' Fall benutzte Göring diese Informationen, um ihn zu zwingen, sich den wirtschaftlichen Richtlinien zu unterwerfen. Jedenfalls traf sich Paul mit von Greis und bot ihm eine Menge Geld an, wenn er ihn einen Blick in sein Material über Six werfen ließe. Doch von Greis lehnte ab. Er habe Angst gehabt, wie Paul mir sagte.»
Sie warf einen Blick in die Runde, denn die Menge, in Erwartung der Halbfinalläufe über roo Meter, wurde aufgeregter. Nachdem man die Hürden beiseite geräumt hatte, machten sich jetzt mehrere Sprinter auf der Aschenbahn warm, darunter der Mann, um dessentwillen die Leute gekommen waren: Jesse Owens. Einen Augenblick galt ihre ganze Aufmerksamkeit ausschließlich dem schwarzen Sportler.
«Ist er nicht großartig?» fragte sie. «Owens, meine ich.
Eine Klasse für sich.»
«Aber Paul bekam die Papiere in die Hand, nicht wahr?» Sie nickte. «Paul war sehr entschlossen », sagte sie verwirrt. «Zuweilen konnte er skrupellos sein, wissen Sie.» «Ich zweifle nicht daran. »
«Es gibt eine Abteilung der Gestapo in der Prinz-AIbrecht-Straße, die sich mit Vereinen, Clubs und der DAF befaßt. Paul überredete sie
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