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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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sorgen, daß diese Akten den Amerikanern in die Hände fielen.
    Also transportierte die SS die Akten zu einer Papiermühle in der Nähe von München, und der Besitzer - ein guter Nazi - wurde angewiesen, zu warten, bis die Amis vor seiner Tür standen, bevor er anfing, alles zu vernichten.» Nebe lachte. «Ich erinnere mich, daß ich in der Zeitung las, wie zufrieden sie mit sich waren. Sie dachten, sie hätten einen großen Coup gelandet. Natürlich war das meiste, was ihnen in die Hände fiel, absolut echt. Aber für die meisten von uns, die durch die lächerlichen amerikanischen Nachforschungen über Kriegs verbrechen am meisten gefährdet waren, bedeutete es eine ausreichende Verschnaufpause und ließ ihnen genug Zeit, sich eine neue Identität zuzulegen.» Er lachte noch einmal. «Jedenfalls arbeitet das Document Center in Berlin immer noch für uns.»
    «Wie meinen Sie das?» fragte ich, in der Hoffnung, etwas zu erfahren, das Licht auf die Gründe für Lindens Ermor dung werden konnte. Oder vielleicht hatte er einfach rausge funden, daß die Akten frisiert worden waren, ehe sie den Amis in die Hände fielen? Hatte das schon als Rechtferti gung für seine Ermordung gereicht?
    «Nein, für den Augenblick habe ich genug gesagt.» Nebe nahm einen Schluck Wodka und leckte sich genießerisch die Lippen. «Es sind interessante Zeiten, in denen wir leben, Berni. Ein Mann kann sich jede Identität zulegen, die ihm ge fällt. Nehmen Sie mich: mein neuer Name ist Nolde, Alfred Nolde, und ich produziere Wein auf diesem Gut. Wieder auferstanden, sagten Sie. Nun, damit sind Sie von der Wahr heit nicht weit entfernt. Nur daß unsere Nazi-Toten mora lisch sauber auferstanden sind. Wir sind verwandelt, mein Freund. Es sind die Russen, die die schwarzen Hüte tragen und versuchen, die Macht in der Stadt zu übernehmen. Wir, die wir für die Amerikaner arbeiten, sind jetzt die guten Jun gens. Dr. Schneider - er ist der Mann, der die Org mit der Hilfe des CIC aufgebaut hat - trifft sich regelmäßig mit ihnen in unserem Hauptquartier in Pullach. Er ist sogar in den Ver einigten Staaten gewesen, um den Außenminister zu treffen. Können Sie sich das vorstellen? Ein höherer deutscher Offi zier, der mit der Nummer zwei des Präsidenten zusammenar beitet? Moralisch sauberer kann man doch gar nicht sein, nicht heutzutage.»
    «Wenn Sie gestatten», sagte ich, «ich habe meine Schwie rigkeiten, mir die Amis als Heilige vorzustellen. Als ich aus Rußland zurückkehrte, bekam meine Frau eine Extraration von einem amerikanischen Hauptmann. Manchmal glaube ich, daß sie nicht besser sind als die Iwans.»
    Nebe zuckte die Achseln. «Sie sind nicht der einzige in der Org, der das denkt», sagte er. «Was mich angeht, ich habe nie von den Iwans gehört, daß sie die Dame um Erlaubnis fragen oder ihr vorher ein paar Riegel Schokolade geben. Sie sind Tiere.» Er lächelte, als sei ihm ein Gedanke gekommen. «Trotzdem will ich zugeben, daß einige dieser Frauen den Russen dankbar sein sollten. Ohne die Russen hätten sie viel leicht nie erfahren, wie das ist.»
    Es war ein schlechter Scherz und sehr geschmacklos, aber ich lachte trotzdem mit ihm. Ich fühlte mich Nebe gegenüber immer noch so unsicher, daß ich ihn bei Laune halten wollte.
    «Was taten Sie denn nun im Fall ihrer Frau und dieses amerikanischen Hauptmannes?» fragte er, als er aufgehört hatte zu lachen. Etwas in mir riet mir zur Zurückhaltung, bevor ich antwortete. Arthur Nebe war ein schlauer Fuchs. Vor dem Krieg war er, als Chef der Kriminalpolizei, Deutschlands prominentester Polizist gewesen. Es wäre zu riskant gewesen, eine Antwort zu geben, die darauf schlie ßen ließ, daß ich einen amerikanischen Armeehauptmann hatte töten wollen. Nebe sah gemeinsame Fakten, die der Nachprüfung wert waren, wo andere Menschen bloß die Hand eines launischen Gottes sahen. Ich kannte ihn zu gut, um zu glauben, daß er vergessen hatte, wie er Becker einmal eine Morduntersuchung übertragen hatte, die ich leitete. Jede auch noch so hauchdünne Verbindung, ganz gleich wie zufällig, zwischen dem Tod eines amerikanischen Offiziers, die Becker betraf, und dem Tod eines weiteren amerikani schen Offiziers, in den ich möglicherweise verwickelt war, und Nebe hätte den Befehl gegeben, mich zu töten, daran hatte ich keinen Zweifel. Ein amerikanischer Offizier war schlimm genug. Zwei wären zuviel gewesen, um Zufall zu sein. Also zuckte ich die Achseln, zündete mir eine Zigarette an und sagte:

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