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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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hätte sein sollen, als ich auf ein Klopfen die Tür öffnete.
    Der Russe war kleinwüchsig, und doch überragte er den größten Mann in der Roten Armee, denn die drei goldenen Sterne und die hellblauen Tressen an den silbernen Epaulet ten seines Mantels wiesen ihn als einen Palkovnik aus, einen Oberst des KGB.
    «Herr Gunther?» fragte er höflich.
    Ich nickte verdrossen, wütend auf mich selber, weil ich nicht vorsichtiger gewesen war. Ich fragte mich, wo ich die Waffe des Roten Iwans gelassen hatte und ob ich es wagen konnte zu flüchten. Oder hatte er just für diesen Fall Männer am Fuß der Treppe postiert?
    Der Offizier nahm seine Mütze ab und schlug die Hacken zusammen wie ein Preuße. «Palkovnik Poroschin, zu Dien sten. Darf ich hereinkommen?» Er wartete die Antwort nicht ab. Er war nicht der Mann, der es gewöhnt war zu war ten.
    Der Oberst war nicht älter als etwa dreißig und trug sein Haar lang für einen Soldaten. Er strich es sich aus seinen mattblauen Augen und über den schmalen Kopf nach hinten und setzte ein glattes Lächeln auf, als er sich umdrehte und mir im Wohnzimmer gegenübertrat. Er genoß mein Unbeha gen.
    «Sie sind Bernhard Gunther, ist das richtig? Ich muß sicher sein.»
    Daß er meinen ganzen Namen kannte, war ein wenig über raschend. Das galt auch für das hübsche goldene Zigaretten etui, das er mir geöffnet hinhielt. Die Gelbfärbung an den Spitzen seiner blutleeren Finger verriet, daß er sich nicht so viel Mühe machte, Zigaretten zu verkaufen wie zu rauchen. Und der KGB ließ sich normalerweise nicht herab, einem Mann, den er verhaften wollte, eine Zigarette anzubieten. So nahm ich eine und bekannte mich zu meinem Namen.

    Er schob sich eine Zigarette zwischen seine hohlen Wan gen und zog ein zum Etui passendes Dunhill-Feuerzeug her vor, um uns beiden Feuer zu geben.
    «Und Sie sind ein ... », er verzog das Gesicht, als der Rauchschwaden ihm in die Augen zog, «schpek ... wie heißt das deutsche Wort ... ? »
    «Privatdetektiv», sagte ich, unwillkürlich übersetzend, um meinen Eifer im sei ben Augenblick zu bereuen.
    Poroschins Augenbrauen gingen hoch. «So, so », bemerkte er mit Überraschung, die sich zuerst rasch in Interesse und dann in sadistisches Vergnügen verwandelte, «Sie sprechen Russisch. »
    Ich zuckte die Achseln. «Ein bißchen.»
    «Aber das ist kein geläufiges Wort. Nicht für jemanden, der nur ein bißehen Russisch spricht. Schpek ist auch das rus sische Wort für gesalzenes Schweineschmalz. Kennen Sie das auch? »
    «Nein», sagte ich. Aber als russischer Gefangener hatte ich genug davon, auf grobes schwarzes Brot geschmiert, ge gessen, um es nur allzu gut zu kennen. Hatte er das geahnt?
    «Nje schuti - im Ernst? » grinste er. «Ich wette, Sie kennen es. Genauso wie ich wette, Sie wissen, daß ich vom KGB bin, oder?» Jetzt lachte er laut. «Merken Sie, wie gut ich meine Ar beit verstehe? Ich habe noch nicht fünf Minuten mit Ihnen ge sprochen und kann schon sagen, daß Sie scharf darauf sind zu verheimlichen, daß Sie gut Russisch sprechen. Aber wieso? »
    «Warum sagen Sie mir nicht, was Sie wollen, 0berst? » «Kommen Sie », sagte er. «Für mich als einen Mann vom Geheimdienst ist es nur natürlich, daß ich frage, warum. Ausgerechnet Sie müßten diese Art von Neugier verstehen, oder? »
    Rauch entströmte seiner Haifischflossennase, als er seine Lippen zu einer angedeuteten Entschuldigung schürzte. «Für Deutsche ist es nicht angebracht, allzu neugierig zu sein», sagte ich. «Nicht in diesen Zeiten.»

    Er zuckte die Achseln und ging zu meinem Tisch hinüber, auf dem die bei den Uhren lagen. «Vielleicht», murmelte er nachdenklich. Ich hoffte, daß er nicht wagen würde, die Schublade zU öffnen, in der, wie ich mich inzwischen erin nerte, die Automatik des toten Iwans lag. Ich versuchte, ihn zum eigentlichen Anlaß seines Besuches, welcher es immer war, zurückzulotsen, und sagte: «Trifft es nicht zu, daß alle Privatdetektive und Auskunftsbüros in Ihrer Zone verboten sind? »
    Endlich löste er sich vom Tisch. « Verno (ganz recht), Herr Gunther. Und zwar deshalb, weil solche Einrichtungen in ei ner Demokratie überflüssig sind ... »
    Poroschin winkte ab, als ich ansetzte, ihn zu unterbrechen. «Nein, bitte, sagen Sie es nicht, Herr Gunther. Sie wollten sagen, daß man die Sowjetunion schwerlich eine Demokratie nennen könne. Jedoch, wenn Sie es täten, könnte der Ge nosse Vorsitzende Sie hören und schreckliche Männer wie mich

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