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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Urlaub am Meer zu kaufen. Die Amerikaner kauften Anti quitäten, die in einer der vielen Werkstätten am Savignyplatz fachmännisch gefälscht worden waren. Und die Russen ka men, um ihren für Monate nachgezahlten Sold für Uhren auszugeben; hoffte ich jedenfalls.
    Ich stellte mich neben einen Mann, der an Krücken ging und dessen künstliches Bein oben aus einem Rucksack ragte, den er auf dem Rücken trug. Ich hielt meine Uhren an den Armbändern hoch. Nach einer Weile blickte ich meinen ein beinigen Nachbarn mitfühlend an, der offensichtlich nichts zum Vorzeigen hatte, und fragte ihn, was er verkaufe.
    Er preßte seinen Hinterkopf gegen den Rucksack: «Mein Bein», sagte er, ohne eine Spur von Bedauern.
    «Das ist schade.»
    Sein Gesicht zeigte stumme Resignation. Dann warf er einen Blick auf meine Uhren. «Hübsch », sagte er. «Vor einer Viertelstunde war ein Russe hier, der nach einer guten Uhr suchte. Für zehn Prozent würde ich nachsehen, ob ich ihn für Sie aufstöbern kann.»
    Ich versuchte mir auszumalen, wie lange ich vielleicht hier stehen mußte, bevor ich einen Käufer fand. «Fünf», hörte ich mich sagen. «Wenn er kauft.»
    Der Mann nickte und schlingerte auf einem Bein und zwei Krücken in Richtung Krolloper. Zehn Minuten später war er wieder da, schweratmend und nicht von einem, sondern von zwei russischen Soldaten begleitet, die, nach einer großen

    Feilscherei, die Pilotenuhr und die goldene Patek für 1700 Dollar kauften. Als sie verschwunden waren, zählte ich neun schmierige Scheine von dem Notenbündel ab, das sie mir ge geben hatten, und reichte sie ihm.
    « Vielleicht können Sie sich das Bein jetzt selber anschnal len.»
    « Vielleicht», sagte er schniefend, doch ich sah, daß er es später für fünf Stangen Winston verkaufte.
    An diesem Nachmittag hatte ich kein Glück mehr und be schloß, nachdem ich die zwei übriggebliebenen Uhren am Handgelenk befestigt hatte, nach Hause zu gehen. Als ich je doch an dem geisterhaften Gerippe des Reichstages mit sei nen zugemauerten Fenstern und der gefährlich aussehenden Kuppel vorbeikam, änderte ich meine Meinung, als ich ein bestimmtes Graffito sah, das an die Wand geschmiert war und mir auf den Magen ging: « Was unsere Frauen tun, bringt einen Deutschen zum Weinen und einen GI auf Trab.»
    Der Zug nach Zehlendorf und in den amerikanischen Sek tor von Berlin brachte mich fast bis zur Kronprinzenallee und zu Johnny's American Bar, in der Kirsten arbeitete, we niger als tausend Meter vom US-Hauptquartier entfernt.
    Es war mittlerweile dunkel, als ich die Bar fand, hell er leuchtet und lärmend, mit beschlagenen Fenstern und zahl reichen davor geparkten Jeeps. Ein Schild über dem schäbig aussehenden Eingang verkündete, daß die Bar nur für die er sten drei Dienstgrade geöffnet sei, was immer darunter zu verstehen war. Vor der Tür war ein alter Mann in einer iglu förmigen Hütte - einer der vielen tausend Kippensammler der Stadt, der davon lebte, daß er Stummel aufsammelte:
    Wie Prostituierte hatte jeder Kippensammler sein eigenes Re vier, und am begehrtesten war das Pflaster vor amerikani schen Bars und Clubs, wo ein Mann oder eine Frau an einem guten Tag an die hundert Stummel auflesen konnte: genug für etwa zehn oder fünfzehn ganze Zigaretten, die zusammen etwa fünf Dollar wert waren.

    «He, Onkelehen», sagte ich, «wollen Sie sich vier Win stons verdienen?» Ich nahm das Päckchen heraus, das ich am Reichstag gekauft hatte, und schüttelte vier Zigaretten in meine Handfläche. Die wäßrigen Augen des Mannes wan derten begierig von den Zigaretten zu meinem Gesicht.
    «Was soll ich machen? »
    «Zwei jetzt, und zwei dann, wenn Sie kommen und mir sagen, wann diese Dame hier rauskommt.» Ich gab ihm ein Foto von Kirsten, das ich in meiner Brieftasche hatte. «Hübsche Puppe», feixte er.
    «Kümmern Sie sich nicht darum.» Ich wies mit dem Dau men auf ein schmutzig aussehendes Cafe weiter oben in der Kronprinzenallee, in Richtung auf das US-Hauptquartier. «Sehen Sie das Cafe?» Er nickte. «Dort werde ich warten.»
    Der Kippensammler grüßte mit dem Finger, ließ die beiden Winstons und das Foto hurtig in seiner Hosentasche ver schwinden und begann zu seiner Beschäftigung zurückzu kehren und die Pflastersteine abzusuchen. Doch ich packte ihn an dem schmutzigen Taschentuch, das er um seinen stop peligen Hals geschlungen hatte. «Vergessen Sie's nicht inzwi schen, hören Sie?» Ich drehte das Tuch zusammen. «Das sieht hier

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