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Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde

Titel: Bernhard Gunther 03 - Alte Freunde neue Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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    «Belinsky, ja. Warum hat er vor dem Schlußpfiff mit dem Spiel aufgehört? »
    «Das kann ich nur raten.»
    «Vielleicht ist es besser.» Er zuckte die Achseln. «Ich werde mich umhören. Unser Verhältnis zum Geheimdienst hat sich gebessert, seit dieser Sache in Berlin. Die amerika ni sche Militärregierung hat ihnen und uns gesagt, es sei nö tig, eine gemeinsame Front zu bilden, falls die Sowjets hier dasselbe probieren.»
    «Was für eine Sache in Berlin?» fragte ich. «Für den Fall, daß sie hier was versuchen? »
    Shields runzelte die Stirn. «Sie wissen nichts davon? Nein, natürlich wissen Sie nichts davon, oder? »
    «Hören Sie, meine Frau ist in Berlin. Wär's nicht besser, Sie würden mir erzählen, was passiert ist? »
    Er setzte sich wieder, nur auf die Stuhlkante, was sein of fensichtliches Unbehagen vergrößerte. «Die Sowjets haben eine vollständige militärische Blockade über Berlin ver hängt», sagte er. «Sie lassen nichts mehr in die Zone rein oder raus. Deshalb versorgen wir die Stadt über eine Luft brücke. Passierte an dem Tag, an dem Ihr Freund gen Him mel fuhr, am 24. Juni.» Er lächelte dünn. «Herrscht ein biß chen Spannung in Berlin, wie ich höre. Ein Haufen Leute glaubt, daß es zu einer riesig großen Kraftprobe zwischen uns und den Russkis kommen wird. Mein Gott, mich würde das gar nicht überraschen. Wir hätten ihnen schon viel früher in den Arsch treten sollen. Aber wir werden Berlin nicht im Stich lassen, darauf können Sie sich verlassen. Vorausge setzt, jeder behält einen kühlen Kopf, sollten wir damit fertig werden.»
    Shields zündete eine Zigarette an und steckte sie mir zwi schen die Lippen. «Tut mir leid wegen Ihrer Frau », sagte er. «Sind Sie lange verheiratet? »
    « Sieben Jahre», antwortete ich. «Was ist mit Ihnen? Sind Sie verheiratet? »
    Er schüttelte den Kopf. «Schätze, ich bin nie dem richtigen Mädchen begegnet. Ich möchte Sie was fragen: Wie seid ihr beide damit fertig geworden? Daß Sie Detektiv waren und so? »
    Ich dachte eine Minute nach. «Gut», sagte ich, «wir sind ganz prima damit fertig geworden.»
    Mein Bett war das einzige im Krankenzimmer, das belegt war. In der Nacht weckte mich ein Lastkahn, der durch den Kanal fuhr, mit seinem Signalhorn, das wie ein Ochse brüllte, und ließ mich dann schlaflos in die Dunkelheit star rend zurück, während das Echo in die Ewigkeit wehte wie der Schall der letzten Posaune. In den Abgrund der raben schwarzen Dunkelheit starrend, in der mich mein geflüster ter Atem nur an meine eigene Sterblichkeit zu erinnern schien, war mir so, als könne ich, gerade weil ich nichts sah, das erkennen, was am greifbarsten war: den Tod selbst, eine magere, mottenzerfressene Gestalt, in schweren, schwarzen Samt gehüllt, jederzeit bereit, dem Opfer den chlorofor mierten Bausch auf Nase und Mund zu drücken, es zu einer wartenden schwarzen Limousine zu schleppen und in eine Zone des Schreckens in irgendein DP-Lager zu schaffen, wo die Dunkelheit nie aufhört und aus dem man nie entkommt. Mit dem Licht, das durch das Fenstergitter fiel, kehrte auch der Mut zurück, obwohl ich wußte, daß die Iwans des To des keine große Rücksicht auf jene nahmen, die ihnen furchtlos entgegentraten. Ob ein Mensch auf den Tod vor bereitet ist oder nicht, sein Requiem hört sich immer gleich an.
    Ein paar Tage später erschien Shields wieder im Kranken haus. Dieses Mal wurde er von zwei anderen Männern be gleitet, ihren Haarschnitten und wohlgenährten Gesichtern nach Amerikaner. Wie Shields trugen sie Anzüge in schreien den Farben. Aber ihre Gesichter waren älter und schlauer. Bing-Crosby-Typen mit Aktentaschen, Pfeifen und Gefühls äußerungen, die sich auf ihre hochgezogenen Augenbrauen beschränkten. Anwälte oder Untersuchungsbeamte. Oder Unteroffiziere. Shields übernahm die Vorstellung:
    « Das ist Major Breen", sagte er, auf den älteren der bei den deutend. « Und das ist Major Medlinskas."
    Also Untersuchungsbeamte. Aber für welchen Verein ar beiteten sie? «Was sind Sie", fragte ich, « die Medizinstuden ten? »
    Shields lächelte unsicher. « Sie möchten Ihnen ein paar Fra gen stellen. Ich werde beim Übersetzen helfen."
    « Sagen Sie ihnen, daß ich mich viel besser fühle und ihnen für die Weintrauben danke. Und vielleicht könnte einer von ihnen mir den Nachttopf holen."
    Shields beachtete mich nicht. Sie zogen sich drei Stühle heran und setzten sich in einem Halbkreis wie die Jury bei einer

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